Consumer Insights

Wahrnehmung von Online-Shops – wie unterschiedlich Männer und Frauen wirklich sind

 Lesezeit: 3 Minuten    
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Dieser Beitrag stellt ein kleines Wahrnehmungs-Experiment vor, dass Sie selbst ganz einfach überprüfen und durchführen können.

Der Hintergrund: Als wir vor ca. einem halben Jahr ein MotivationLab für ein Online-Bekleidungshaus durchführten, stiessen wir auch auf die damalige Website der Firma Hirmer (Anmerkung: Diese Seite wurde vor einigen Wochen durch ein vollständig neues Layout ersetzt). Bei der klassischen 5 Sekunden Analyse, bei der Probanden unterschiedlichen Geschlechts Startseiten von Online-Shops gezeigt wurden stellten wir fest, dass Frauen und Männer extrem unterschiedliche Erinnerungen an die Hirmer-Website hatten oder anders gesagt: Keine andere je von uns untersuchte Seite wies im Ergebnis eine derart klare unterschiedliche Wahrnehmung zwischen Männern und Frauen auf.
In den folgenden Monaten nach dieser Entdeckung nutzten wir die Gelegenheit diesen faszinierende Fakt in weiteren Versuchen zu überprüfen mit dem Resultat, dass sich unsere Wahrnehmung statistisch relevant bestätigte.

So führen Sie das Experiment durch:
Laden Sie ein kleine Gruppe von Kollegen und Kolleginnen in einen ruhigen Besprechungs-Raum ein und zeigen Sie Ihnen den Screenshot  von Hirmer für genau 5 Sekunden lang.
Hirmer Screenshot

Achten Sie darauf, dass Sie vor dem Versuch kein Wort darüber verlauten lassen worum es Ihnen geht, um jegliche Beeinflussung zu vermeiden. Der Screenshot wird nur einmal gezeigt! Auch auf Nachfragen zeigen Sie das Bild bitte nicht erneut! Danach bitten Sie die Probanden kurz zu notieren, was sie in den 5 Sekunden wahrgenommen haben, dabei darf möglichst nicht gesprochen werden. Natürlich ist es eine gute Idee den Probanden zuvor ein Stück Papier und einen Stift vorgelegt zu haben. Das Erinnern und Aufzeichnen darf nicht länger als eine halbe Minute dauern. Bitten Sie die Probanden zum Schluss noch Ihren Namen oder falls das nicht gewünscht ist ihr Geschlecht (Frau/Mann) auf dem Zettel zu notieren. Sammeln Sie nun die Notizen der Probanden ein und werten Sie die Ergebnisse aus. Noch ein wichtiger Punkt: Die Probanden sollten ehrlich zu Ihnen sein und dürfen die Seite vorher nicht gesehen haben. Wenn all diese Vorraussetzungen stimmen dann dürfen jetzt auch Wetten abgeschlossen werden. Wer auf das unten angegebene Ergebnis getippt hat, wird höchstwahrscheinlich den Jackpot abräumen können:

Frauen

Frauen werden zu mindestens 90% angeben, dass Sie eine Jacke bzw. unspezifisch “Produkte, Dinge, Hosen, Schuhe oder einen Kleiderständer gesehen haben. Meist wird auch die Farbigkeit erinnert also: dunkel, grau, dunkelblau, etc… und der Firmenname, das Logo von Hirmer.

Männer

Männer werden auf den Notizzettel vermerkt haben, dass Sie hauptsächlich einen Raum, eine Architektur, eine Halle, einen Showroom gesehen haben, danach kommt die Farbigkeit und natürlich das Logo. Meist werden die Produkte selbst überhaupt nicht erinnert oder genannt.

Aus unserem kleinen Experiment könnte man ableiten, dass Männer sofort die Umgebung zu erfassen scheinen, während sich Frauen auf die Details stürzen. Aber ist das wirklich alles? Es ist bemerkenswert, dass die geschlechtsspezifischen, unterschiedliche Adaption von gewerblichen Webseiten bislang keine Rolle bei Konzeption und Design eines Webshops zu spielen scheint.

Was soll das? Dass Frauen und Männer sich unterscheiden ist doch nichts Neues?

Konversion findet zunächst in den Köpfen der Kunden statt. Dort wird der Schalter für die Kaufbereitschaft umgelegt, oft unbewusst, gesteuert und manipuliert durch das limbische System, also sollten wir uns auf die Suche nach den wahren Motiven hinter den Fassaden machen. Nicht nur im Phänotypus unterscheiden sich Männer und Frauen sondern natürlich auch im Genotypus und es lohnt sich herauszufinden was diese Unterschied ausmacht. Vielleicht entdecken wir ja dabei dann auch, ob Frauen tatsächlich schlecht einparken und Männer nicht zuhören können und wenn ja, warum.

Über den Autor

Mitarbeiter Matthias Henrici

Mitarbeiter

Matthias Henrici ist eCommerce-Mann der ersten Stunde. Bereits Anfang der neunziger Jahre entwickelte er wertschöpfende Multimedia-Projekte u.a. für deutsche und internationale Unternehmen. Seit 11 Jahren lehrt er als Dozent für Usability und Neuro-Marketing an deutschen Hochschulen. Matthias Henrici auf XING
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2 Kommentare

  1. Gravatar

    Thorsten Wilhelm,

    Vielen Dank für den interessanten Befund. Ich denke die Ergebnisse wären ggf. noch deutlicher, wenn man bei der Screeneinblendung das Logo entfernen würde.

    Eine Frage: Wie genau sind Sie hier vorgegangen (Zitat): “In den folgenden Monaten nach dieser Entdeckung nutzten wir die Gelegenheit diesen faszinierende Fakt in weiteren Versuchen zu überprüfen ….” und wie genau haben Sie die statistische Relevanz gemessen / geprüft (Zitat): “mit dem Resultat, dass sich unsere Wahrnehmung statistisch relevant bestätigte.”

  2. Gravatar

    Matthias Henrici,

    Hallo Herr Wilhelm
    Danke für Ihre Antwort: Mit “statistisch relevant” meine ich, ein gemischtes Panel welches in einem mehrere Monate dauernden Zeitraum mit mehr als 100 Teilnehmern in unterschiedlicher Gruppenstärke lief. Natürlich an vielen unterschiedlichen Orten interviewt und nicht immer in identischen Situationen. Also nicht wirklich Statistik in der “reinen Lehre”, aber genug für eine stichhaltige Hypothese 😉

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