Customer Experience

Kundenbindung: So bleiben Sie Ihren Kunden nachhaltig in guter Erinnerung

 Lesezeit: 5 Minuten    
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Denken Sie einmal zurück: Welcher Urlaub war der beste, den Sie jemals erlebt hatten? Erinnern Sie sich? Wahrscheinlich haben Sie auch noch genaue Bilder im Kopf. Oder Situationen, wie ein schönes Abendessen, der Besuch einer Sehenswürdigkeit oder tolle Stunden am Strand. Vielleicht waren Sie auch in den Bergen oder in einer aufregenden Stadt. Aber was haben Sie eigentlich in diesem Urlaub am letzten Tag gemacht? Und was hat das mit Kundenbindung zu tun?

Sie kennen bestimmt das Sprichwort: „Der erste Eindruck zählt.“. Der Psychologe Daniel Kahnemann berichtet in einem Vortrag von einem Bekannten, der sich 20 Minuten lang wunderbarer Musik widmete. Am Ende des Stückes tauchten plötzlich furchtbare und störende Geräusche auf. Dieses Ereignis am Schluss heftete sich als bleibende Erinnerung im Gedächtnis fest. Aber es kam noch schlimmer: Es zerstört den zuvor gewonnen guten Eindruck – das durchaus schöne Musikerlebnis – gänzlich – und bleibt als „schlechte“ Erinnerung im Gedächtnis bestehen.

Warum legen wir so viel Gewicht auf den Wert der Erinnerungen im Vergleich zu jenem, welches wir auf das Erlebte setzen?

Der Mensch spricht der Erinnerung mehr Bedeutung zu, als dem real Erlebten. Obwohl ein Vergleich der aufgewendeten Zeit genau das Gegenteil vermuten ließe: Wir sind bspw. ganze zwei Wochen lang im Urlaub. Danach erzählen wir davon, schauen uns Bilder an. Möglicherweise wiederholen wir das ein paar Mal. Geschätzt verbringt der Mensch dann etwa 25 h mit der „Nachbereitung“ eines 2-wöchigen Urlaubes.

Die Erinnerung an ein Ereignis und die Nachbereitung ist also schwerwiegend und für uns von großer Bedeutung. Kahnemann sagt, dass vor allem der letzte Eindruck der entschiedenste und einprägsamste ist.

Andere Untersuchungen berichten davon, dass es zwei Punkte gibt, die in einer Zeitspanne für ein Erlebnis von Bedeutung sind: Der Höhepunkt und der letzte Eindruck. Letztere Erkenntnis ist zwar nicht neu, erreichte mich aber unlängst über den Newsletter der Kollegen von decode-online.de: Der Peak-End-Effekt.

Dieser Effekt beschreibt, dass es in der Retrospektive von Erlebtem keinen Durchschnittswert für die emotionale Empfindung gibt – unser Erinnerungsvermögen beurteilt nicht die Dauer. Vielmehr spielen bei der Beurteilung eines Erlebnisses zwei Parameter eine Rolle. Zum einen der Peak: der maximale Ausschlag einer Empfindung pro Zeitspanne und eben das Ende. Getreu dem Motto: „aufhören, wenn es am schönsten ist“ gilt es, eben diesem letzten Moment besondere Bedeutung zu schenken.

Nicht die Dauer, sondern maximaler empfundene Emotion (Peak) und die Höhe der Empfiundung am Ende der Zeit (End).
Nicht die Dauer, sondern maximaler empfundene Emotion (Peak) und die Höhe der Empfiundung am Ende der Zeit (End).

 

Wie können Sie diese Erkenntnis einsetzen?

Wie schwerwiegend und demotivierend kann unter diesem Aspekt eine schlecht funktionierende Suche oder deren Suchergebnis sein? Ein Kunde, der bspw. das passende Kleidungstück findet, motiviert wird, es sich anszusehen, erfährt dann, dass es in seiner Größe nicht verfügbar ist. Oder gar 3 Wochen Lieferzeit benötigt, bis er dieses Kleidungsstück in den Händen halten darf. Dies wäre möglicherweise ein Grund für einen Exit an einer schon sehr frühen Stelle und hinterlässt in jedem Fall einen faden Beigeschmack. Die negativ besetzte Erinnerung verhaftet sich sozusagen doppelt verstärkt, da sie am Höhepunkt und am Ende der Zeitspanne stattfindet.

Ein anderes Beispiel:
Ein Kunde möchte kaufen, geht durch den Checkout–Prozess und erwartet freudig seine Bestellung. Nun entspricht die Ware überhaupt nicht der zuvor geschürten Erwartung (Produktbilder, Beschreibung, Qualität, Größe). Vielleicht ist zudem der Rückversand zu teuer oder erschwert. Hier bewerten Kunden nicht nur den Artikel, sondern vor allem den Anbieter (siehe auch das 7-Ebenen-Modell der Konversion, 7. Bewertung). Es ist der letzte Eindruck an dieser Stelle, der ein eigentlich erfolgreiches Erlebnis komplett zerstören kann.

 

Commitment und die Auswirkung des schlechten Erlebnisses ganz am Ende

Wie oben beschrieben, spielt es also ein große Rolle, an welcher Stelle die Enttäuschung stattfindet. Je später es passiert, um so schwerwiegender sind die gefühlten Folgen. Das Erlebnis wird fester verankert. Warum ist das so?

Abhängig von der Zeit beschäftigt sich ein User während seines Aufenthalts auf einer Website mit einer Aufgabe. Einen Schuh in einem Onlineshop zu finden ist bspw. so eine Aufgabe. Oder eine passende Versicherung für das KFZ zu finden. Auf seinem Weg und je länger ein Nutzer sich auf einer Website aufhält, um so stärker entwickelt der Nutzer eine Art Beziehung zum Anbieter: Das Engagement steigt. Gerade dann, wenn der Nutzer sich im Flow befindet und alles so gut klappt, wie er sich das vorstellt. Je stärker also diese „Hingabe“ ist, desto fataler wirkt dann natürlich eine Enttäuschung zum Zeitpunkt des Peaks, am Ende oder an gar an beiden Stellen.

So vermeiden Sie die Entstehung einer schlechten Erinnerung

Es ist also essentiell wichtig, die eigene Seite nach möglichen Schwachstellen an Touch Points des Nutzers auf seiner Customer Journey zu untersuchen. Schauen Sie sich dazu die Exit-Rates und die zugehörigen Stellen Ihrer Website an und versuchen Sie die folgenden Fragen zu beantworten:

  • An welchen Stellen steigen Ihre User aus und welche Gründe liegen hier möglicherweise vor?
  • Untersuchen Sie dabei die Klickpfade, Einstiegsseiten und Customer Journeys.
  • Wo wird möglicherweise ein guter Peak verschenkt oder vorher erzeugte positive Motivation zerstört?
  • Beachten Sie dabei, dass es auch „normale“ Exits gibt; zum Beispiel nach einer erfolgreichen Bestellung.

Bewerten Sie anschließend, welche Auswirkungen diese Schwachstellen haben können. Wie schwerwiegend sind bspw. die vermeintlich „kleinen Problemchen“ vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass sie an einer bestimmten Position im Webangebot entstehen?

Fazit

Erinnerungen sind ein wichtiger Bestandteil bei der Bewertung eines Ereignisses oder eines Erlebnisses. Dabei wird kein Durchschnittswert erstellt; die positive oder negative Bewertung hängt von zwei Parametern während des Aufenthalts ab. Prüfen und überlegen Sie, welche Maßnahmen Sie ergreifen, um Ihre Kunden nicht nur nicht zu enttäuschen, sondern diese nachhaltig zu glücklichen und zufriedenen Kunden Ihrer Website zu machen.

Weiterführende Links:

Daniel Kahneman: Das Rätsel von Erleben vs. Gedächtnis

Peak-End-Rule

Über den Autor

Mitarbeiter Ronald Grimminger

Mitarbeiter

Ronald Grimmiger beschäftigt er sich mit der Optimierung von digitalen Strategien. Dabei setzt er sich mit Modellen der Kommunikation, Neuromarketing und Konsumpsychologie sowie Verhaltensökonomie und deren Zusammenhang mit Automation von digitalem Marketing auseinander. Zudem ist er als Dozent für Onlinemarketing und Conversion Optimierung an der Hochschule Darmstadt (h_da) tätig. @RonGrimminger auf twitter /// xing /// linkedIn
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3 Kommentare

  1. Gravatar

    Sebastian Döpp,

    Ein schöner Artikel der mich dazu angeregt hat, den Peak mit : etwas das ich noch nicht genau weiß : zu versüßen! Gute Idee! Danke!

  2. Gravatar

    Ronald Grimminger,

    Hallo Sebastian,

    danke – und viel Erfolg beim versüßen!

  3. Gravatar

    Nora Heitzer,

    Ein Punkt der mir aufgefallen ist, der Kunden anspricht, etwas besonderes zu bieten. Wir haben von firmenrelevanten Events mit einem Fokus auf dem Aufbau einer angenehmen, Vertraunsbasis/Atmosphäre zb. mit Live Cooking, Konzerten schon gutes Feedback bekommen. Vorallem DIY Aktivitäten und Give Aways bei solchen Veranstaltungen sind immer mehr gefragt.

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