Konversionsrate

Die Wahrheit über Mobile Conversion Rates – oder vergleichen Sie Äpfel mit Birnen?

Dennis Herzberger
 Lesezeit: 5 Minuten    
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Um die mobile Disziplin mit Bravur zu meistern, benötigt man definierte und messbare Ziele – allen voran die Conversion Rate, d.h.  zum Beispiel der Kauf eines Produktes oder Abschluss eines qualifizierten Leads. Doch was kommt davor oder danach? Kann eine mobile Webseite allein mit diesem einzigen Ziel existieren? Wie komplex das Thema einer mobilen Conversion ist, möchte ich näher betrachten und erläutern.

Mythos: Mobile Conversion Rates sind (immer) astronomisch hoch

Oft werde ich gefragt: „Mit welcher Conversion Rate kann ich bei einer mobilen Seite rechnen? Die sind doch höher als beim Desktop!“ Daraufhin packe ich meine Kristallkugel aus und sehe – nichts.

Mobile Conversion Rates - Kristallkugel

Warum hält dieser Mythos so hartnäckig stand, dass gerade die Conversions auf dem Smartphone exorbitant hoch sind oder gar im zweistelligen Bereich liegen müssen? Meldungen von Unternehmen, dass nur die Einführung von Responsive Webdesign einen massiven Uplift der Conversion Rate zur Folge haben, sind klar daran beteiligt aber nur bedingt ein Indikator für den Erfolg. Vielmehr stellt sich doch die Frage, warum eine Umstellung die Erfolgsquote erhöhen konnte.

Klar ist: Eine mobil angepasste Experience ist förderlich für die Seitennutzung wodurch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Nutzer konvertieren anstatt abzuspringen.

Welche Ziele sollen definiert werden?

Für die Erreichung eines gewissen Zieles muss dieses zuvor definiert werden. Diese Formulierung nennt man Key Performance Indicator (KPI). Wahrscheinlich setzen Sie gedanklich gerade ein Häkchen : “Genau das habe ich bereits definiert. Der Kunde soll den Kauf abschließen. Das perfekte Ziel.” Das genügt doch, oder etwa nicht? Kurz und knapp: Nein.

Je klarer Sie ein Ziel ausformulieren, desto genauer können die Metriken evaluiert werden, welche für die Messung zur Verfügung stehen müssen. Mit den festgelegten Metriken sind auch die Stellschrauben bekannt, an denen gedreht werden kann. Hier ein paar mobile KPIs, welche über „erreichen eines Zieles X in einem Zeitraum Y“ hinaus gehen:

  • Die Conversion von „Scan eines QR-Codes“ sollte zu 10% Kaufabschlüssen führen.
  • Der Aufruf einer mobilen Support-Seite führt zu 5% weniger Anrufen im Call-Center und damit zu geringeren Betriebskosten.
  • Das Aussteuern von Werbung zur mobilen Prime Time reduziert die Kosten für Display Ads um 20%.
  • Nach Ausstrahlung eines TV-Spots greifen 10% der Zuschauer zum Smartphone und informieren sich.
  • Coupons werden von der Webseite angefragt und zu 80% im Laden eingelöst.

Bei den aufgezeigten KPIs bricht Ihnen der Schweiß aus? Zurecht, denn Mobile ist ein Multi-Channel-Geschäft. Es gilt zu identifizieren, wie mobile Nutzer handeln und deren Kernmotive zu enttarnen. Gar nicht so einfach.

Mobile Prime Time
Die Prime Time der mobilen Suchanfragen

 

Wie und was suchen mobile Nutzer?

Mobile Suchanfragen sind essentiell und stützen eine Kaufentscheidung oder die Bindung zu einem Unternehmen. Mögliche Aktionen dabei sind:

  • Zusätzliche (Produkt-)Informationen anzufragen
  • Die Telefonnummer ausfindig zu machen und einen Anruf tätigen
  • Inhalte oder Produkte zu teilen
  • Kontakt zum Service und Support
  • Der abschließende Kauf des Produktes

Wichtig ist zu verstehen, dass Nutzer das Smartphone in den unterschiedlichsten Situationen verwenden – sei es im Zug, an der Bushaltestelle, auf dem Beifahrersitz im Auto oder vor dem Fernseher. Alex Muller, Co-Founder und CEO von GPShopper, nennt dies „micro sessions“. Genau an dieser Stelle wird es interessant: Was geschieht in diesen kleinen Zeitabschnitten?

Muller identifiziert drei Kategorien, warum Nutzer überhaupt zum Smartphone greifen:

Erstens: Dringlichkeit

Werden Informationen oder ein Produkt dringend, genau in dieser Sekunde und sofort benötigt, greifen Nutzer selbstverständlich zu ihrem mobilen Begleiter. Ein Notebook ist nicht immer greifbar, wenn sich eine Idee im Kopf manifestiert hat, der Kaufimpuls im Kopf ausgelöst wurde und der Kunde diesem nachgehen möchte.

Zweitens: Informationssuche und Showrooming

Ist der Nutzer in einer Entscheidungsphase, benötigt er weitergehende Informationen zum Produkt. Ist das Produkt überhaupt wert gekauft zu werden und wie bewerten es andere Besitzer? Gibt es vielleicht alternative Produkte?

Daher ist es nicht verwunderlich, dass im mobilen Sektor die Conversion Rates, nicht wie angenommen, enorm hoch sind. Die Recherche auf dem Smartphone liefert den initialen Impuls. Ein letztendlicher Kauf kann aber auf einem Desktop Rechner oder Tablet durchgeführt werden.

Drittens: Zeitverschwendung

Vor Kauf eines Produktes kann viel Zeit investiert werden, um das richtige Produkt zu finden. Dabei stoßen Kunden auch auf spezielle Deals, wechseln zu Apps von Preisvergleichsportalen und merken sich den entsprechenden Artikel im Kopf. Nach dem Prinzip „aus den Augen, aus dem Sinn“ verschwindet das Smartphone wieder in der Hosentasche. Die Folge: die Conversion Rate wird ruiniert.

Erstaunlich dabei ist, dass 55% der Conversions, welche aus der Suche resultieren, innerhalb einer Stunde erfolgen. Was passiert mit den restlichen 45% und kann der Anbieter diese nachträglich konvertieren?

55 Prozent schließen mobile CTA innerhalb der ersten Stunde ab
55% schließen eine mobile CTA innerhalb der ersten Stunde ab

Fazit: Multi-Channel tötet die Conversion-Rate?

Mobile Kunden sind stets beschäftigt und abgelenkt durch ihre Umgebung. So kann es natürlich vorkommen, dass plötzlich ein externer Faktor stört und der Kaufprozess nicht abgeschlossen wird. Die Folge: das Produkt wird später gekauft oder komplett vergessen. Die klassische Call-to-Action des In-Den-Warenkorb-Legens wird also abgelöst von „Erinnere mich zu einem späteren Zeitpunkt“.

Die Desktop Paradigmen werden immernoch 1:1 auf die mobile Welt übertragen – das geht schlichtweg nicht. Zu dieser Welt zählen u.a. die mobilen Webseiten, Apps und gesamte Marketing-Strategien, welche angepasst und optimiert werden wollen. Primär geht es doch darum die mobile User Experience zu verbessern und dadurch die Kundenzufriedenheit sicher zu stellen. Daraus ergibt sich eine erhöhte Kundenbindung, wenn der Nutzer weiß, das Unternehmen ist auf allen Kanälen für ihn da. Um den Erfolg der definierten KPIs über alle Kanäle zu messen, erfordert dies auch den Einsatz von Cross-Channel Analytics. Damit wird die gute alte Conversion Rate nicht zum Opfer, sondern erstrahlt in neu definiertem Glanz.

Weiterführende Links:

Retailers: Don’t judge success on smartphones by conversion rate

55% of mobile search conversions happen within an hour

Mobile Search Moments Study

 5 KPIs direkt aus der Hölle

 

Welche KPIs haben Sie für Ihre mobile Webseite definiert? Verwenden Sie bereits eine Multi-Channel-Strategie und was sind Ihre Erfahrungen?

Lassen Sie es mich wissen, ich freue mich über Ihre Kommentare und Anregungen. 

Über die Autorin

Dennis Herzberger

Senior Growth Consultant

Dennis Herzberger ist Senior Growth Consultant bei konversionsKRAFT – Deutschlands führende Agentur für Conversion Optimierung.

Während des Studiums der Medieninformatik entdeckte Dennis Herzberger seine Leidenschaft für Konsumpsychologie und zu erforschen, wie Nutzer auf Webseiten agieren. Seither hat er sich der Untersuchung von Verhaltensmustern und User Experience verschrieben. Sein leidenschaftlicher Fokus liegt auf der Anwendung von Konsumpsychologie und Behavior Patterns. Sein Wissen vermittelt er in Workshops und Lehrgängen. Außerdem ist er Ansprechpartner für die Growth Ambassador Community.

Zudem ist Dennis Herzberger als Speaker und Interviewpartner für Magazine und Konferenzen gefragt.

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2 Kommentare

  1. Gravatar

    Thomas Lang,

    Aufrund unserer Erfahrung und Zugang zu div. Analysepools von Multi-Channel Anbieter kann ich bestätigen; die mobilen CRs sind nicht höher. Sie bewegen sich in etwa bei 50% der Desktop CRs weil wie richtig im Beitrag angeführt, der Mobile-Use-Case stark differenziert von der Desktop-Variante. Ein schneller, zielgenauer Informationsabruf steht oft im Mittelpunkt, verbunden mit einer mobilen (und damit auch in Bewegung gemeinter) Situation. Shopping-Apps performen bzgl. CR noch etwas besser als mobile optimierte Shops, da weniger “Informations-Streu-Verlust”.

  2. Gravatar

    Melanie,

    Vielen Dank für diesen Beitrag – man hört leider immer wieder, dass mobile CRs so viel besser sind – auch wenn dem ja offensichtlich nicht so ist.
    Da ist es schön zu sehen, dass sich jemand diesem Thema angenommen hat und das klarstellt. Mobile ist derzeit natürlich in aller Munde (auch wenn es noch erschreckend wenig Shops/Webseiten tatsächlich gut umsetzen) und wird in den Himmel gelobt. Dabei sollte man sich aber nicht zu viel erwarten – die CR wird kaum von heute auf morgen in astronomische Höhen schwirren.
    Es sollte sich immer bewusst gemacht werden, dass kein Kanal isoliert betrachtet werden kann – es gibt immer Wechselwirkungen, die man erkunden und anwenden sollte, um somit die maximale CR zu erreichen.

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