Customer Experience

21 internationale Beispiele für bessere Produktdetailseiten

Marcel Licht
 Lesezeit: 5 Minuten    
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Anstatt durch den Haupteingang zum gesuchten Produkt zu schlendern, landet ein Großteil der Besucher mittlerweile direkt vorm Verkaufsregal. Durchschnittlich sind das rund 30% aller Besucher (Angaben basierend auf einer eigenen Analyse von 10 deutschen Onlineshops).

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3 Fragen entscheiden dann innerhalb von Sekunden darüber, ob man bleibt, oder lieber doch schnell in den nächsten Shop springt:

  1. Werde ich hier das finden, wonach ich suche?
  2. Ist der Anbieter wirklich seriös?
  3. Warum sollte ich (jetzt) genau hier bestellen?

Auf Startseiten sorgen klare Zugänge zum Shopsortiment, massenweise Trustsiegel und lange Listen mit Servicevorteilen dafür, dass solche Zweifel schon im Keim erstickt werden.

Das Problem ist dabei nur, dass kaum ein Neukunde die Startseite jemals zu Gesicht bekommt. All diese Fragen muss die Detailseite nun in Zeiten von hohem Suchtraffic also auch noch leisten.

Einige Elemente haben den Weg auf die Detailseite schon geschafft:

  • Trustsiegel
  • Telefonnummer
  • Unique Value Propositions (versandkostenfreie Lieferung, kostenlose Retoure, etc.)

Die meisten Shops bleiben an dieser Stelle allerdings stehen. Der Glaube, die Hausaufgaben seien erledigt, führt zur Stagnation. So sieht fast jede Detailseite mehr oder weniger gleich aus, und die Bouncerates sind erfahrungsgemäß mit durchschnittlich 60-80% auch alles andere als erfreulich.

Wie lässt sich das ändern?

Durch wirkliche Differenzierung.

Nicht durch harte Produktdaten – denn die haben keine Alleinstellung.

Vielmehr sind es Optimierungen auf Service- und Anbieterebene, die langfristig über den Erfolg entscheiden. Als Inspirationsquelle möchte ich dazu einige Beispiele aus dem internationalen Elektronikbereich vorstellen, die tatsächlich Differenzierung schaffen können.

Inhalte, die das Verhalten des Nutzers wirklich ändern:

  • ihn (länger) im Shop halten
  • ihn zum Stöbern anregen
  • seine Recherche in den Shop verlagern
  • und ihn zum Wiederkehren animieren

1. Produktrankings

Das klingt jetzt wahrscheinlich banal – denn Topseller sind nun wirklich nichts Neues. Dennoch werden solche Listen und Angaben auf deutschen Shops im Vergleich zum US-Wettbewerb nur sehr selten eingesetzt. Wahrscheinlich ist die Angst zu groß, dass der Nutzer „abgelenkt wird“ und deshalb nicht binnen Sekunden auf die CTA „in den Warenkorb“ klickt.

Was ist aber, wenn der Nutzer überhaupt keine Ahnung hat, ob ein Elektronikartikel überhaupt noch aktuell oder vielleicht ein Ladenhüter aus 2008 ist? Die Bezeichnung des Fernsehers Samsung UN32EH5300 verrät das beispielsweise nicht.

Rankings können in solchen Fällen eine große Unterstützung sein. Sie vereinen starke soziale Mechanismen wie Social Proof und den Paradox of Choice Effekt und geben dem Besucher eine positive Bestätigung.

Frei nach dem Motto: „Wenn es alle kaufen, muss es ja auch gut sein“ kann eine Entscheidung so viel schneller getroffen werden. Denn nicht jeder möchte sich ewig mit den kleinsten Details aller Geräte auseinandersetzen.

digital inn

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Topseller werden sehr prominent dargestellt. Der Zusammenhang zum gewählten Produkt fehlt hier allerdings.

TVSuperStores

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Für Unentschlossene bietet der Shop den direkten Weg zu den Topsellern.

Amazon

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Auch bei Amazon sind „Best Sellers“ prominent als erster Punkt in der Hauptnavigation dargestellt.
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Beim Thema „kategoriebasierte Rankingangaben“ ist Amazon Vorreiter. So fällt es vor allem Nicht-Profis leichter, auch bei über 1000 Geräten eine Kaufentscheidung zu treffen.

2. Klare Alternativen

Das Wunschszenario eines jeden Shopbetreibers sieht wohl ungefähr so aus:

Der potenzielle Käufer…

  • klickt auf das Google-Suchergebnis,
  • landet direkt auf dem gesuchten, perfekt passenden Produkt und
  • muss es dann nur noch in den Warenkorb legen.

Das entspricht allerdings nicht der Realität. Denn dass das erste Produkt gleich das richtige ist, ist recht unwahrscheinlich.

Das Schlimmste, was nun passieren könnte, ist dass der Besucher in einer Sackgasse feststeckt. Die nächste Seite wird dann ganz schnell wieder die Suchmaschine sein. Umso wichtiger ist es daher, auf der Detailseite klare Alternativen anzubieten. Mit dem Ziel, dass die Suche oder Recherche in den Shop verlagert wird.

Der Besucher muss das Gefühl bekommen, dass er genau hier das richtige finden wird – auch wenn er das aktuell noch nicht hat. Eine sinnvoll strukturierte Navigation und eine deutliche Breadcrumb sind hier Basisfaktoren. Weitere Elemente können das „Weiternavigieren“ noch vereinfachen:

Rue du Commerce

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Wenn das geöffnete Produkt doch nicht das richtige ist, führen weitere Links direkt in die relevanten Kategorien. Dies wird zwar in vielen Shops eingesetzt, aber meist viel zu versteckt.

Cdiscount

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Alternative Geräte der gleichen Preisklasse fallen sofort ins Auge.

Crutchfield

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Das aktuell gewählte Produkt wird in die Produktfamilie eingereiht. Mit der Vergleichsfunktion kann der Nutzer die Alternativen schnell gegeneinander abwägen.

3. Content als Alleinstellung

Produktbeschreibungen beschränken sich allzu oft nur auf die Standard-Herstellerangaben. Vielzu selten nutzen Anbieter die Chance, sich hier durch einzigartigen, wertvollen Content vom Wettbewerb abzuheben. Beraterfunktionen, Blogs, Anleitungen und Expertenmeinungen der Redaktion sind nur wenige Beispiele, die den Nutzer dazu bewegen können, auch ein zweites Mal in den Shop zu kommen. Warum sollten sie auch zur Konkurrenz wechseln, wenn sie hier viel wertvollere Informationen bekommen?

Abt

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Der Kunde wird bei seiner Entscheidung nicht alleine gelassen.

Adorama

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Auch hier werden Kaufhilfen und nützliche Tipps im Videoblog angeboten.

Beach Camera

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Datenblätter und Bedienungsanleitungen können direkt heruntergeladen werden.

Best Buy

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Die Kaufberatung ist mit das prominenteste Element.

Crutchfield

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Auch hier werden Neukundengewinnung und Kundenbindung durch wertvollen Content unterstützt.

Pixmania

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L’avis de Pixmania (deutsch: die Meinung von Pixmania) – zu jedem Produkt hat die Redaktion einen eigenen Text verfasst. Das geht weit über die Standard-Herstellerangaben hinaus.

4. Fragen und Antworten

In den USA sind FAQs auf Produktebene fast schon Standard. In Deutschland werden sie, wenn überhaupt, so versteckt dargestellt, dass die Funktion kaum gefunden und genutzt wird. Diese Inhalte können dazu beitragen, dass der Interessent seine Recherche im Shop weiterführt und nicht den Weg zu diversen Foren oder anderen Seiten sucht. Auch hat der Shopbetreiber so die Möglichkeit, selbst auf Einwände und Unsicherheiten zu reagieren, und dies für alle potenziellen Käufer sichtbar zu machen.

Adorama

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Der Bereich für „schnelle Antworten“ steht im Vordergrund.

Best Buy

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Auch bei Best Buy wird die Funktion häufig genutzt.

Crutchfield

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Gleiches Bild bei Crutchfield.

Amazon

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Bei Amazon wird im Vergleich zur deutschen Seite deutlich, dass FAQs im US-amerikanischen Raum einen höheren Stellenwert haben.

5. Alleinstellung auf Anbieterebene

Wirklich erfolgreiche Unternehmen haben es verstanden, ihre Erfahrung und Expertise nicht hinter einer anonymen Frontend-Fassade zu verstecken. Der Besucher muss sofort das Gefühl bekommen, dass der Anbieter wirklich kompetent ist und nicht nur Pakete aus dem Lager in den DHL-Laster schubst. Besonders wichtig ist das natürlich, wenn es sich um hochpreisige und/oder beratungsintensive Produkte handelt, bei denen die Kaufentscheidung kaum ohne Unterstützung möglich ist.

Insbesondere in puncto After Sales Service (z. B. Fragen zu Bedienung, Defekte, etc.) kann ein – vor dem Kauf gefühlt guter – Kundenservice ein entscheidender Faktor sein.

Ats Rentals

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Beim Thema Service lässt ATS keine Fragen offen.

B & H Foto & Electronics

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Auch wem der Shop noch unbekannt ist, wird im Header sofort die Größe und Professionalität des Anbieters erkennen.

Crutchfield

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Crutchfield differenziert sich im Preiskampf mit dem Wettbewerb durch selbstbewusste Angaben zu Garantien und lebenslangem Support.
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Die Philosophie und Geschichte des Unternehmens wird auch auf der Produktseite sehr überzeugend dargestellt.

Fazit

Produktdetailseiten spielen als Landingpages häufig eine deutlich größere Rolle, als vermutet. Viele Visits und hohe Bouncerates von oft über 60% versprechen hier großes Potenzial. Oft scheuen Konzepter weitere Elemente, weil die Seite ohnehin schon „so voll und überladen“ ist. Kommen dann noch 2 Trustsiegel und eine Liste mit 3 grünen Häkchen dazu, ist das Limit endgültig erreicht. Das ist dann die Stelle, an der man sich Gedanken um die Priorisierung machen sollte. Kann vielleicht ein bestehendes Element zurückgenommen oder vielleicht sogar entfernt werden, um ein weiteres hinzuzufügen?

Insgesamt besteht das Ziel nicht darin, maximal viele Navigations-, Produkt- und Serviceelemente auf die Seite zu quetschen. Im Endeffekt geht es nur darum, die richtigen Lösungen zu entwickeln, um den Besucher auf der Seite zu halten.

Nachfolgend nochmal alle Tipps in der Übersicht:

  • zeigen Sie, wie beliebt und aktuell das Produkt ist (Topseller, Rankingangabe)
  • halten Sie klare Auswege zu alternativen Produkten bereit
  • zeigen Sie deutlich, wie groß Ihr Sortiment ist
  • liefern Sie mehr und bessere Informationen als Ihre Konkurrenten


und vor allem:

  • zeigen sie deutlich, wer und welche Philosphie hinter Ihrem Shop steht

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Über den Autor

Marcel Licht

Vorstand

Marcel Licht ist Vorstand bei konversionsKRAFT. Er beschäftigt sich seit 2009 mit der Conversion Optimierung von Websites namhafter Unternehmen aus den Bereichen Finanzen, Telekommunikation, Tourismus und Onlinehandel. Weiterhin ist Marcel Licht Dozent für Conversion Optimierung an der Hochschule Darmstadt. Seine Artikel erschienen bisher in Publikationen wie iBusiness, Website Boosting, t3n, Chip und weiteren Magazinen.
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