Inspirierende Produktseiten – das Geheimnis der Apple Informationsarchitekten
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9 min Lesezeit

Inspirierende Produktseiten – das Geheimnis der Apple Informationsarchitekten

Inspirierende Produktseiten sind selten. Doch warum ist das so? Erfahren Sie mehr über das Geheimnis inspirierender Kommunikation auf Produktseiten.

Inhalt

  • Analyse Apple Mac Pro Sneak-Preview Produktseite
  • Das zentrale Apple-Kommunikations-Muster
  • Was ist anders an der Werbebotschaft?
  • Emotionale vs. rationale Entscheidungen
  • Fazit

Immer wieder begegnen mir in meiner täglichen Arbeit Landingpages und Produktseiten. Schöne, innovative, verspielte, informative, aufgeräumte, reduzierte usw. doch wirklich selten gibt es wirklich inspirierende Produktdarstellungen. Aber warum ist das so und wie müssen inspirierende Seiten aufgebaut sein?

Eine Seite, die mich sehr inspiriert hat, ist die Sneak-Preview des neuen Apple Mac Pro. Nicht nur weil sie technisch ein innovatives Produkt vorstellt, nicht nur weil sie ästhetisch gestaltet ist, nicht nur weil sie technisch innovativ umgesetzt wurde, sondern vor allen Dingen durch die Art und Weise, wie sie mit mir auf allen Ebenen kommuniziert.

Analyse Apple Mac Pro Sneak-Preview Produktseite

Aufmerksamen Apple Beobachtern ist der Aufbau vielleicht schon aufgefallen: die Art und Weise, wie Apple mit seinen Kunden kommuniziert funktioniert immer nach dem gleichen Prinzip und das durch alle Kanäle. Von den Keynotes über die Videos und die Werbespots bis hin zu den Produkt-Seiten.

Doch was ist es, dass Apple Produkte scheinbar direkten Kontakt zu den Emotionen der Zielgruppe herstellen lässt und somit die Verkaufszahlen in die Höhe schnellen?

Sind es wirklich nur die Produkte? Ich glaube nicht.

Schauen wir uns die Seite einmal im Detail an.

Wie immer bei Apple ist die Darstellung sehr reduziert. Die Gestaltung lässt viel Raum für Emotionen. Einem wichtigen Faktor der Apple Seiten.

Anker setzen

Apple Mac Pro Landingpage Seite 1

Der erste Screen besteht nur aus einer ästhetischen Fotografie dem Produktnamen und durch Claim “Die Zukunft des Pro Desktop.”

Typische Nutzerdialoge zu dieser Seite könnten sein: “das ist doch kein Computer.”, “Was ist das?” oder “Das soll ein mega krasser Desktop-Rechner sein?”.

Der Einstieg ist ungewöhnlich, aber zugleich genial. Dieser Screen hat genau zwei Aufgaben:

  1. Durch den Claim wird ein erster Anker im Kopf des Nutzers gesetzt: Es ist die Zukunft des Klassikers. Eine Innovation.

  2. Durch das gezielte Erzeugen von inneren Dialogen (also das vor den Kopf stoßen) den Weg für Emotionen zu öffnen. Er dient somit als emotionaler Wegbereiter für den nächsten Schritt.

Hintergründe des Produkts

Apple Mac Pro Landingpage Seite 2

Der zweite Screen ist typisch Apple. Er erklärt die Hintergründe des Produkts.

“Für einen großen Schritt vorwärts muss man manchmal komplett die Richtung ändern.”

In your Face. So würde es glaube ich in Jugendsprech heißen. Die Headline und die Copy vereint die komplette Apple Philosophie in sich und das perfekt abgestimmt auf das Produkt. Nichts völlig neues erfinden zu wollen, sondern bestehendes zu hinterfragen und ohne Rücksicht auf Konventionen zu verbessern.

Es ist zwar etwas “komplett Neues” bei der Produktentwicklung herausgekommen, aber das war nicht das Ziel, es war das Ergebnis der Verbesserung jeder einzelnen Komponente.

UVPs und Features

Apple Mac Pro Landingpage Seite 3Apple Mac Pro Landingpage Seite 4Apple Mac Pro Landingpage Seite 5Apple Mac Pro Landingpage Seite 6Apple Mac Pro Landingpage Seite 7Apple Mac Pro Landingpage Seite 8Apple Mac Pro Landingpage Seite 9Apple Mac Pro Landingpage Seite 10Apple Mac Pro Landingpage Seite 11Apple Mac Pro Landingpage Seite 12Apple Mac Pro Landingpage Seite 13Apple Mac Pro Landingpage Seite 14Apple Mac Pro Landingpage Seite 15Apple Mac Pro Landingpage Seite 16

Ab hier werden jetzt die einzelnen optimierten Komponenten gezeigt und warum diese besser sind, als alles was bisher da gewesen ist.

Typisch sind in diesem Bereich sind mystifizierte Benchmarks mit aktuellen Produkten. “Bis zu 2x schnellere Fließkomma-Leistung.” “Bis zu 7 Teraflops GPU-Leistung” ggü. nur 2,7 Teraflops beim aktuellen Modell”.

Ich glaube die wenigstens Nutzer wissen wirklich, was 2x schnellere Fließkomma-Leistung oder gar 7 Teraflops GPU-Leistung für ihre Arbeit bedeuten, aber der Vergleich gibt dem Gehirn ein gutes Gefühl. Gestützt wird diese Mystifizierung durch Erklärungen aus Nutzersicht.

“Mit Konfigurationen von bis zu 12 Prozessorkernen, bis zu 40 GB/s PCI Express Bandbreite der 3. Generation und 256-Bit breiten Fließkommaanweisungen hast du immer die Geschwindigkeit, die du brauchst.”

Diese Erklärung gibt dem Nutzer einfach ein gutes Gefühl. “Eigentlich ist mein aktueller Mac ja schon schnell, aber wenn der hier 2x schneller in der Fließkomma-Berechnung ist, dann brauche ich mir wirklich keine Gedanken mehr zu machen.”

Das zentrale Apple-Kommunikations-Muster

Ich glaube das Apple-Muster wird deutlich, wenn wir uns einmal kurz “normale” Produktkommunikation ansehen. Früher, als ich noch viel Computer Spiele gespielt habe, wollte ich immer einen Hardcore-Gamer-PC kaufen. Damals, also so gefühlt vor 15 Jahren, waren Alienware Rechner der Traum eines jeden Gamers.

Die Alienware Computer gibt es immer noch. Ich bin zwar kein Online-Gamer mehr, aber ich denke, dass es immer noch sehr gute Rechner mit den o.g. UVPs sind.

“Normale” Kommunikation

Alienware Landingpage

Die Werbebotschaft könnte man in etwa so zusammenfassen:

“Wir bauen die besten Gamer-PCs, geil designed, individualisierter, vollgestopft mit der besten übertakteten Technik, einfach erweiterbar und mit der besten Grafik-Power, die man sich vorstellen kann. Willst du einen kaufen?”

Verwendete Kommunikationsebenen

Ebenen der Kommunikation wie und was

Das Kommunikationsmodell umfasst das “Was”, also die Features und Komponenten und das “Wie” die UVPs, also z.B. “Atemberaubende Grafik”, “ultimative Power” usw.

Wie würde die gleiche Werbebotschaft von Apple lauten?

Wenn Apple Gameing-Rechner bauen würde, so könnte die Werbebotschaft für das identische Produkt in etwa so lauten:

“Mit jeder Faser unseres Körpers sind wir Gamer. Individualität und ultimative Rechenpower machen den Unterschied zwischen Sieger und Verlierern. Deswegen gehen wir gemeinsam den nächsten Schritt und haben unseren perfekten Gameing-PC radikal verbessert. Durch die beste und von Werk aus maximal übertaktete Technik, die einfache Erweiterbarkeit und die besten Grafikpower, erhältst du ein echtes Monster. Keinen PC von der Stange, sondern an deine Bedürfnisse angepasst und nach deinem Geschmack individualisiert. Willst du einen kaufen?”

Was ist anders an der Werbebotschaft?

1. Zusätzliche Kommunikationsebene

Apple nutzt eine weitere Ebene in der Kommunikation. Sie vermitteln damit die Vision und das “Warum”.

Golden Circle der Kommunikation
Was-Ebene
Jeder kommuniziert, was er macht. (“Wir bauen die besten Rechner.”)

Wie-Ebene
Viele kommunizieren, wie es machen. (“Mit den besten Komponenten.”)

Warum-Ebene
Nur wenige wissen, warum sie etwas machen. Profit zu erzielen ist hier keine Begründung, es ist die Folge. (“Der Drang nach Perfektionierung des Produktnutzens.”)

2. Invertierte Kommunikationsrichtung

Das zweite große Änderung ist, dass sie die Kommunikationsrichtung wechseln.

Normale Kommunikationsrichtung

Normale Kommunikation
Die normale Kommunkationsrichtung ist von außen nach innen gerichtet.
1. Was: “Wir bauen die besten Gameing-PCs.”
2. Wie: “Mit den besten Komponenten.”
3. Warum: “Für deinen Gameing-Erfolg.”

Inspirierende Kommunikationsrichtung

Inspirierende Kommunikation
Inspirierende Kommunikation arbeitet von innen nach außen.
1. Warum: “Weil wir wissen, dass Gameing-Erfolg das Wichtigste für dich ist.”
2. Wie: “Verwenden wir nur die edelsten Komponenten.”
3. Was: “Für den besten Gameing-PC, den wir je gebaut haben.”

Emotionale vs. rationale Entscheidungen

Warum führt das Warum zu mehr Emotionen und somit zu mehr Verkäufen?

Wir wissen, dass die meisten Kaufentscheidungen nicht rational getroffen werden. Vereinfacht kann man sagen, dass der Aufbau unseres Hirns daran schuld ist.

Limbisches System

Auf der einen Seite haben wir das “alte”, schnelle und emotionale Gehirn (Limbisches System) und auf der anderen Seite das “neue”, langsame und rationale Gehirn (Neocortex).

Unser Gehirn ist eine Arbeitsvermeidungsmaschine. Denken ist Arbeit, Arbeit kostet Energie, also versucht unser Gehirn das Denken zu vermeiden und sich von Emotionen leiten zu lassen.

Aber wir sind ja nicht dumm, zumindest wollen wir das nicht vor uns selber eingestehen. Deswegen hakt sich bei Entscheidungen auch immer der zweite Gehirnteil ein. Dieser liefert jedoch (aus Faulheit und Konsistenzgründen) in den meisten Fällen nur noch Argumente, warum unsere emotionale Entscheidung rational richtig war. Jeder der schon einmal einen Impulskauf mit höheren Geldbeträgen gemacht hat, weiss was gemeint ist.

Die Verknüpfung von Gehirn und Ebenen

Die Ebenen lassen sich direkt an die beiden “Gehirnteile” anheften.

Das “Warum” triggert unser Limbisches System mit Emotionen. Die Vision soll das Gefühl vermitteln, dass ich durch das Produkt bekommen werde und so die Kaufentscheidung emotional treffen lassen.

Die beiden anderen Ebenen “Wie” und “Was” liefern die Argumente in leicht verdaulichen Häppchen für unsere Ratio, so dass dem Gehirn das Denken möglichst abgenommen wird.

Fazit

Inspirierende Produktdarstellungen machen einen großen Teil des Erfolgs aus. Das Prinzip des Golden Circle ist eine einfache und effiziente Möglichkeit die Darstellung seiner Produkte zu überarbeiten. Viele sehr positive Tests zeigen, dass sich die Arbeit wirklich lohnt!

Für alle, die gerne tiefer einsteigen möchten, lege ich das Buch von Simon Sinek “Start with why” ans Herz. Er behandelt dort die Möglichkeiten der Inspiration durch Kommunikation sehr tiefgehend und mit eindrucksvollen Beispielen.

Ich hoffe ich konnte Sie etwas inspirieren und freue mich auf Ihr Feedback.

Für alle Ungeduldigen, die jetzt schon mehr erfahren wollen. Hier ein wirklich inspirierender TED Talk von Simon Sinek über den Golden Circle: