Customer Experience

Mit 4 Fragen zum optimalen Landing Page Design

mressel
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Einfach gesagt, ist die Aufgabe der Landing Page den Besucher zu überzeugen zu einem zahlenden Kunden zu werden. Auch wenn die Zahlung eventuell auf der Landing Page noch nicht im Fokus steht, sollte das Ziel sein früher oder später eine Zahlung zu erhalten. Dies kann zum Beispiel in einem nachgelagerten Checkout passieren oder nach einer kostenlosen Mitgliedschaft. Die Landing Page hat als einer der ersten Kontaktpunkte eine wichtige Aufgabe im Sales-Prozess. Hier wird der Grundstein gelegt, ob der potenzielle Kunde das Produkt oder die Dienstleistung interessant findet und weiter geht oder die Seite wieder verlässt.

Niedrige Bouncerates das A und O für Landing Pages?

Damit der potenzielle Kunde die Seite nicht verlässt, ist man schnell davon abgewichen den Nutzer direkt mit langatmigen, kleinteiligen Verkaufstexten (auch Bleiwüsten genannt) zu bombadieren. Um die Bouncerate zu verringern und höhere Conversions zu erzielen hat sich Simplizität als ein wichtiges Merkmal einer erfolgreichen Landing Page etabliert. Eine Headline, eventuell ein kurzer Einführungstext, ein Hero-Shot, ein paar Vorteile, eine weiterführende CTA und ein paar Trust-Siegel und fertig ist die perfekte Landing Page für niedrige Bouncerates und hohe Konversionsraten.

Leider lassen viele Marketeers mit diesem Kochrezept wichtige Fragen außer Acht. (Achtung! Das ist jetzt wichtig –>)

  1. Welche Motivation hat der Besucher meiner Seite?
  2. Wie erklärungsbedürftig ist mein Produkt oder meine Dienstleistung?
  3. Welche Bedenken könnte der Besucher gegenüber meinem Produkt oder mich als Anbieter haben?
  4. Wie hoch sind die Kosten bzw. der Einsatz für den Nutzer für eine Conversion?

Wenn dem Nutzer keine Informationen und nur eine vielversprechende Headline und eine CTA vorgesetzt wird… tja, was soll der Besucher da schon machen? Außer den Button zur nächsten Seite zu drücken, bleibt dem Besucher nicht viel anderes übrig um mehr zu erfahren. Doch welchen Zweck hat die Landing Page dann erfüllt? Hat sie die Fragen des Nutzers beantwortet? Hat Sie die Intention des Nutzers erkannt? Hat sie Bedenken aus dem Weg geräumt? Hat sie das Produkt oder die Dienstleistung dem Nutzer verkauft? Nein! Sie hat den Nutzer nur einen Schritt weitergeleitet.

Short Copy vs. Long Copy Landing Pages

Unter Berücksichtigung der vier Fragen, kann es natürlich durchaus Sinn machen dem Nutzer eine Short Copy Landing Page anzubieten. Ist zum Beispiel eine klare Kaufmotivation beim Besucher erkennbar, habe ich ein simples Produkt oder ist der Einsatz des Nutzers für eine Conversion relativ gering? Wenn ich dem Nutzer keine relevanten Informationen oder Gründe für das Produkt liefern kann, macht es auch relativ wenig Sinn die Landing Page künstlich aufzublähen. Vor allem bei Produkten, die eigentlich nicht sonderlich viel Erklärung bedürfen, kann dies beim Nutzer die Intention hervorrufen, dass es doch komplizierter ist als angenommen und zum Abbruch führen.

Doch bei komplexen Produkten/Dienstleistungen, bei denen der Besucher eventuell noch viele Bedenken hat, kann die Landing Page schon eine gute Vorarbeit im Sales-Prozess liefern und das Produkt dem Nutzer näher bringen.

In diesem Fall hat eine Long Copy Landing Page einige Vorteile:

  1. Verkaufsfördernde Informationen – Dem Nutzer können Argumente geliefert werden, die für das Produkt sprechen und das Produkt besser verkaufen.
  2. Qualifizierte Nutzer – Relevanter Inhalt kann mögliche Rückfragen minimieren und den Nutzer besser qualifizieren. Was bringt es, wenn der Nutzer auf der Landing Page nicht abbricht, aber später nicht zum Käufer wird und lediglich ein schlechter Lead als “Conversion” gewertet wird?
  3. Vertrauen aufbauen – Testimonials, Nutzerstorys oder Kundenlogos sind neben Siegeln wichtige Vertrauenslieferanten, die Bedenken in das Produkt oder den Anbieter zerstreuen können.
  4. Nutzermehrwert – Je höher der Mehrwert eines Produkts für den Nutzer ist, desto mehr Text wird auch benötigt, um diese Mehrwerte dem Nutzer näher zu bringen.

Landing Page Beispiel #1 (Long Copy): Nutzermotivation abfangen

Bellroy Landing Page

Das erste Landing Page Beispiel ist eine Seite von einem Hersteller von Portemonnaies. Diese Portemonnaies haben einen entscheidenden Mehrwert. Sie sind so konzipiert, dass sie trotz Geld, Kunden- und Kreditkarten sehr schlank bleiben. Eine typische Landing Page für ein Geldbeutel nach dem typischen Kochrezept könnte also eine Produktbezeichnung, einen Hero-Shot, ein paar Vorteile und eine CTA “Jetzt kaufen” enthalten.

Doch welche Motivation hat der Nutzer? Bei einer solchen Landing Page wird lediglich eine konkrete Kaufmotivation abgefangen.

Mit dieser einen Landing Page hätte man allerdings noch bei weitem nicht alle Motivationen abgefangen, durch die ein Besucher auf die Seite gelockt werden kann. Die Landing Page von Belroy wählt einen ganz anderen Ansatz. Was ist, wenn der Besucher noch gar nicht den Wunsch hat, sich ein neues Portemonnaie zuzulegen? Er hat lediglich ein Problem mit seinem alten und zwar das Problem, dass es zu dick ist. Wer kennt das nicht? Ein paar Kassenzettel schnell mal in den Geldbeutel gestopft, neben 10 Kunden- und Kreditkarten, Personalausweis, Geldscheinen und Kleingeld platzt der Geldbeutel dann mal schnell aus allen Nähten. Doch wie kann man diesem Problem Herr werden? Der erste Teil der Landing Page von Belroy beschäftigt sich ausschließlich genau mit diesem Problem und liefert einfache Tipps, wie man seinen Geldbeutel schlanker bekommt. Erst in der zweiten Hälfte der Landing Page beginnt das eigentliche “Verkaufsgespräch”. Ab hier wird darauf hingewiesen, dass man mit den speziellen Portemonnaies von Belroy seinen Geldbeutel noch schlanker bekommen kann. Zur Veranschaulichung wird ein direkter Vergleich mit einem “normalen” Geldbeutel vorgenommen, die Funktionen erläutert und schließlich die Produktpalette von Belroy aufgezeigt. Hier werden sehr knappe Informationen geliefert, die einem dabei helfen sollen sich für eine Variante zu entscheiden.

Landing Page Beispiel #2 (Short Copy): Erklärungsbedürftiges Produkt ohne Erklärung

Ergo Direkt Risikolebensversicherung Landing Page

Als zweites Beispiel muss eine Landing Page für eine Risikolebensversicherung herhalten. Die Landing Page von Ergo Direkt hat einen relativ typischen Aufbau. Headline, kurzes Intro, zwei Vorteile, Hero-Shot, Test-Siegel und eine CTA. Die Landing Page von Ergo geht sogar so “weit”, dass schon drei verschiedene Intentionen eine Risikolebensversicherung abzuschließen (Familie, Partner oder Darlehen absichern), abgefangen werden. Die Art wie diese abgefangen werden ist allerdings mit einem Wechselteaser noch nicht optimal gelöst, aber darum soll es erst mal nicht gehen.

Viele Informationen erhält der Nutzer auf der Seite nicht. Laut CTA soll er aber direkt schon seinen Beitrag berechnen. Aber ein kleiner Link weist ja noch auf “Mehr Informationen” hin. Man wird weitergeleitet auf die Produktseite. Hier findet man die Leistungen des Tarifs und unter einem versteckten Reiter auch Wissenswertes rund um das Thema Risikolebensversicherung. Der Nutzer muss sich seine Informationen mühsam zusammensuchen und es wird auf den ersten Blick nicht ersichtlich, warum er eine Risikolebensversicherung abschließen sollte und wieso er dies bei Ergo Direkt tun sollte. Der Nutzer wird bei einem erklärungsbedürftigen Produkt alleine gelassen und muss extrem viel eigene Vorarbeit leisten und schon eine konkrete Vorstellung haben, wie eine optimale Risikolebensversicherung aussehen sollte, um hier eine Entscheidung treffen zu können.

Interessant hierbei ist noch, dass der Intent des Nutzers nicht berücksichtigt wird. Was ist mit den Nutzern, die sich noch gar nicht für eine Risikolebensversicherung entschieden haben, sondern nach Gründen für eine Risikolebensversicherung suchen. Auch diese Besucher werden mit dieser Landing Page bedient, auf der ihre Fragen nicht beantwortet werden.

Landing Page Beispiel #3 (Long Copy): Bedenken ausräumen

Automatic Landing Page

Die Landing Page von Automatic bewirbt ein kleines Gerät, welches man an sein Auto stöpseln kann und dabei das Fahrverhalten aufzeichnet und an das Smartphone übermittelt – also eine Art Jawbone Up fürs Auto. Das Gerät ist noch nicht auf dem Markt und kann zunächst nur vorbestellt werden – ein sensibler Zeitpunkt also um Kunden für sein Produkt zu gewinnen. Wichtig ist es hier alle Bedenken, die der Besucher bezüglich des Produkts oder des Anbieters hat zu zerstreuen.

Die Landing Page von Automatic macht dies sehr gut. Direkt unterhalb des Hauptteasers, der die verschiedenen Funktionen von Automatic erläutert, werden Zitate aus Presseartikeln aufgeführt. Die namhafte Presse und die Zitate stärken nicht nur Vertrauen in das Produkt, sondern auch in den Anbieter an sich. Direkt im nächsten Abschnitt wird die nächste mögliche Hüre angegangen: “Funktioniert das überhaupt mit meinem Auto?” Schade finde ich hier, dass man über die CTA weg von der Seite geleitet wird. Eventuell hätte man die Frage in einem Overlay beantworten können, so dass der Nutzer die Seite nicht verlassen muss.

Ein Bild darunter zeigt, wie das Gerät im Auto montiert ist. Gleichzeit werden hier die nächsten zwei Bedenken aus dem Weg geräumt: “Die Installation des Geräts ist doch bestimmt total kompliziert.” und “Wenn das Gerät immer mit meinem Handy kommuniziert, ist der Akku bestimmt schnell leer.”

Darunter finden wir dann erst die eigentliche Funktion der App, das Tracking des Fahrverhaltens.

Unterhalb diesen Teils der Landing Page werden noch zusätzliche Funktionen erläutert. Hier möchte ich noch mal im speziellen auf zwei Funktionen eingehen. Es wird erläutert, dass das Gerät einen Notruf absetzen kann und auch dabei hilft sein Auto wieder zu finden durch eine Standortbestimmung. Beide Funktionen unterstützen eigentlich nicht die ursprüngliche Funktion des Geräts. Allerdings stellen beide Funktionen das Gerät als intelligenten “Freund” dar, der sich um dich kümmert. Wirklich gute Funktionen, die die Verbindung zu dem Gerät erhöhen und ein wirkliches Vertrauen schafft.

Um noch weitere Bedenken zu eleminieren, könnte man nach dem Launch des Produkts erste Erfolgsstorys als Testimonials auf der Seite abbilden. Diese würden zeigen, dass es nicht nur in der Theorie zu einem besseren Fahrverhalten führt, sondern tatsächlich in der Praxis nützlich ist.

Landing Page Beispiel #4 (Short Copy): Geringer Einsatz – geringer Überzeugungsaufwand

Tumblr Landing Page

Als letztes Beispiel möchte ich noch die Landing Page von tumblr heranziehen. Die Landing Page besteht aus dem Logo, einer kurzen Headline, drei Formularfeldern mit CTA und drei Zahlen am Ende der Seite. Mehr nicht. Aber ist hier denn mehr nötig?

Die Headline erläutert kurz und knapp die Funktion des Produkts “Folge Blogs, über die man spricht. Teile Dinge, die du toll findest.” Die drei Zahlen am Ende der Seite sind die einzige Argumentation, um sich für tumblr anzumelden. Die ersten beiden Zahlen zeigen die Größe und Aktivität auf tumblr, während die letzte Zahl schlicht weg den geringen Aufwand für die Registrierung in den Vordergrund stellt. Und genau das spiegelt die ganze Seite wieder. Durch die wenigen Informationen wirkt das ganze Produkt tumblr ziemlich simpel und einfach. Das heißt der Aufwand und die Leistung, die der Besucher investieren muss, ist so gering, dass es nicht viel weiterer Erläuterung benötigt. Der Besucher hat nichts zu verlieren.

Würde man in diesem Beispiel hingegen auf eine Longcopy Landing Page setzen und schon viele Funktionen erklären, könnte dies den falschen Eindruck hinterlassen. Funktionen und Texte könnten auch auf das Produkt abstrahlen: “Puh, das sieht ja doch ganz schön kompliziert aus.”

Fazit

Den Nutzer nur mit knappen Landing Pages mit einer konkreten Kaufmotivation abzuholen, wird auf lange Sicht gesehen nicht mehr ausreichen. Relevanz spielt eine wichtige Rolle, um den Besucher auf der Seite zu halten. Wird die persönliche Motivation nicht abgefangen und die inneren Dialoge und Fragen von der Landing Page nicht beantwortet, welche Relevanz bietet dann die Landing Page?

Weiterführende Links:

Copywriting: Long copy vs. short copy matrix
How we made $1 million for SEOmoz—with one landing page and a few emails
The Long and Short of Landing Page Copy

Über den Autor

Manuel Ressel

Principal UX Design

Manuel Ressel ist Principal UX Design bei konversionsKRAFT – Deutschlands führende Agentur für Conversion Optimierung.

Manuel Ressel beschäftigt sich seit seinem Studium der Medieninformatik mit den Themen kognitive Wahrnehmung und Verhaltensökonomie. In zahlreichen E-Commerce Projekten konnte er bei konversionsKRAFT sein Wissen weiter vertiefen. Seine Leidenschaft gilt dem Thema der Emotionalisierung von Kauf-Prozessen in E-Commerce-Portalen.

Zudem ist Manuel Ressel als Autor für Fachmedien wie t3n, Webselling und weitere Magazine gefragt.

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4 Kommentare

  1. Gravatar

    Mario Burgard,

    Da das Internet auch nur ein Medium ist eine (Verkaufs)botschaft zu transportieren kann es hier überhaupt nicht anders sein, als in der Offline-Welt.

    The more you tell, the more you sell gilt nach wie vor. Aus langjährigen und akribischen Tests aus dem Direct Response Marketing guter alter Mailorder Unternehmen ist oft genug und über Jahre immer wieder eines deutlich hervorgegangen:

    Longcopy beats shortcopy

    Auch viel Text funktioniert nach wie vor, wenn er so formatiert ist, dass der “hektische Leser” beim Überfliegen die Hauptargumente in der Lesekurve aufschnappen kann. Gerade wenn viel Bedenken beiseite geschafft werden kann es gar nicht genügend Informationen geben.

    Was mich interessieren würde ist wie sich das kleine Gerät von Automatic verkaufen würde wäre es ein hochwertiges Longcopy-Verkaufsvideo. Mein Wette: Dieses Video mit Nested Loops Elementen schlägt diesen Text um Längen.

  2. Gravatar

    Oliver Marquardt,

    Sehr interessante Beispiele. Schöner Artikel. Danke!

  3. Gravatar

    Tom Kischkel,

    Herzlichen Dank für Ihren ausführlichen Artikel. Wie Sie völlig richtig sagen: Es kann Sinn haben, dem Nutzer eine Short-Copy-Landingpage anzubieten. Und wenn trotz komplexer Produkte keine Long-Copy-Landingpage eingesetzt wird, muss dies nicht zwangsläufig falsch sein. Da Landingpages in Kombination mit SEA-Kampagnen gut getestet werden können, kann bei Betrachtung der gesamten Klickstrecke durchaus die kurze Landingpage-Version der Gewinner sein. Vielleicht auch gerade deshalb, weil die dort auf den Punkt gebrachten Inhalte für die Nutzer mit konkreter Kaufabsicht am meisten Relevanz haben? Vielleicht greifen Sie diese spannende Frage ja in einem weiteren Artikel auf.

  4. Gravatar

    Manuel Ressel,

    Hallo Herr Kischkel,

    wie sie schon sagen, kann für einen Nutzer mit einer konkreten Kaufabsicht eine Short Copy Landingpage ausreichen oder sogar besser funktionieren.

    Aber was ist mit den Besuchern, bei denen die Kaufabsicht noch nicht so gefestigt ist? Wie ich schon an dem Beispiel von Ergo Direkt erläutert habe, gibt es nur diese eine Short Copy Landingpage. Es ist gleichgültig was man bei der Google Suche eingibt und welchen Intent man darüber impliziert. Sobald das Suchwort “Risikolebensversicherung” enthält, bekommt man immer die selbe Landingpage. Und das funktioniert mit Sicherheit nicht. Mal völlig dahergesponnen ohne Keywordrecherche etc. … Ein Nutzer der “Hilfe Risikolebensversicherung”, “Wieso Risikolebensversicherung” oder “Gründe Risikolebensversicherung” eingibt, äußert keinen konkrete Kaufabsicht, sondern befindet sich in einer Sondierungsphase, in der eine Short Copy Landingpage nicht weiterhilft.

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