Conversion Optimierung

Produktdetailseiten – die heimlichen Branding Superstars

Gabriel Beck
 Lesezeit: 7 Minuten    
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Es ist Frühling. Die Menschen drängt es zum Bummeln wieder in die Fußgängerzonen. Ein Geschäft nach dem anderen und das auf wenigen Metern zu Fuß erreichbar. Ein kleines Eis zwischendrin, zwei drei Kleidungsstücke für den Frühling gekauft – alles wunderbar. Doch stellen wir uns vor, dass jeder 2. Kunde nicht durch die Haupteingangstür das Geschäft betritt, auch nicht durch den Nebeneingang in der 1B-Lage Straße – sondern viel schlimmer: Durch einen kleinen Seiteneingang, direkt auf die Flächen, wo viele Produkte liegen.

Nicht alle Menschen gehen durch die Eingangstür!

Für viele Marketingverantwortliche ist die Startseite aus Markensicht die wichtigste Seite überhaupt – die Eingangstür in den Online Shop sozusagen. Der Inhalt einer Startseite wird deswegen nicht selten von vielen Kollegen gleichzeitig diskutiert Das kann schnell problematisch werden, denn die Anforderungen an diese Seite sind sehr hoch: Der Markenkern muss erkennbar sein, aktuelle Kampagnen wiederzufinden sein und Aktionsangebote müssen die Zielgruppe neugierig machen. Dabei will man aber nicht überladen und unstrukturiert wirken wollen. Ein großes Gerangel um die scheinbar wichtigste Seite überhaupt. Was das mit den Detailseiten auf sich hat, wird später noch gelüftet.

Starke Marke = viele Startseiten-Aufrufe?

Brandingkampagnen werden eigentlich immer auf die Startseite verlinkt. Eine Marke, die eine hohe Bekanntheit genießt, wird zudem häufig direkt in die Suchmaschine eingegeben. D.h. je mehr nach der eigenen Marke (Website) gesucht wird, je bekannter der Markenname ist, desto mehr Traffic schickt man auch auf die Startseite. Diese Seite weist in der Regel auch eine sehr geringe Absprungrate im Vergleich zu anderen Seitentypen auf – man weiß ja schließlich bei wem man landen wird. Das ist auch ein Grund, warum die Startseite im Vergleich zu anderen Seiten häufig die beliebteste Zielseite ist. Auch bei weniger bekannten Marken kann der Anteil des „Brand-Traffic“ durchaus beachtlich sein. Es scheint also, als müsste aus Markensicht wirklich gut überlegt werden, was man auf der Startseite alles abbildet, bzw. kommunizieren möchte.

Der nachfolgende Screen zeigt beispielhaft wie weit abgeschlagen andere Landing Pages nach einer Startseite folgen können. Die erste Position in den Top10 ist die Startseite, gefolgt durch 2 weitere Kampagnen, die auf die Startseite verweisen.

produktdetailseiten-top-zugriffe

Der Teufel liegt im Detail – bzw. auf der Detailseite

Wer sich seine Webanalytics- Daten allerdings genauer anschaut, der wird erkennen, das der Teufel im Detail liegt. Noch genauer gesagt: Auf der Detailseite!

Produktdetailseiten die heimlichen Branding Superstars

Denn vom ursprünglichen Kaufimpuls bis zum Warenkorb liegt bekanntlicherweise eine lange Reise (Customer Journey). Vom groben Gefühl, welches Smartphone/TV/Trockner/Kamera/Hotel/Konzert etc. man eigentlich will bis hin zur endgültigen Entscheidung liegen viele Klicks und auch unterschiedliche Endgeräte. Das Ziel der Reise endet nicht selten damit, dass man in der Suchmaschine das gewünschte Produkt, bzw. den genauen Namen eintippt. Als Beispiel der genaue Produktname eines LCD TV wie „Sony KDL50W815B“. Hat der Nutzer eine Präferenz für einen Shop, dann wird der Name des Shops bereits in der Suche ergänzt (also: „Sony KDL50W815B amazon”) und damit eigentlich selbst schon wieder Teil einer Brand-Kampagne.

Online Shops, die ein breites Sortiment anbieten und dieses auch über die SEM Kanäle SEO und SEA bewerben, haben es folglich mit einer Vielzahl von Detailseiten als Zielseiten (Landing Pages) für Kampagnen zu tun.

Das Problem: Es wird häufig übersehen, wie wichtig Detailseiten sind, weil sie in den Top10 der Landing Pages eines Online Shops in der Regel nicht auftauchen (siehe obiger Screenshot).

Lösung: Content-Gruppen, die sämtliche Seitenaufrufe eines Typs aggregieren. Hierbei werden die wichtigsten Gruppen, die sich unterscheiden lassen können, bereits im Web Analytics System unterschieden (im Beispielscreenshot unten: Google Analytics).  Anschließend erkennt man, dass die Produkte die wichtigsten Seiten (auch Einstiegsseiten sind). Auch wenn die Homepage im Laufe einer Customer Journey mit angeklickt wird, so verbringen die Besucher aber mehr Zeit auf den Detailseiten. Die Startseite in diesem Beispiel ist weit abgeschlagen auf Position 10 (Detailseite 27,97% der Aufrufe, Startseite nur 1,96%).

top-seiten-nach-gruppen

Zweck einer Detailseite = Abverkauf

Eine typische Produktdetailseite (PDS), oder auch Artikel Detail Seite (ADS), enthält alle wichtigen kaufrelevanten Informationen. Aber auch nicht mehr – zweckmäßig halt. Es geht darum, den Interessenten genau die Informationen zu geben, die sie für den Kauf benötigen.

  • Was kann das Produkt?
  • Wie sieht es aus anderen Blickwinkeln aus
  • Welche Garantie habe ich?
  • Wofür kann ich es noch verwenden?
  • Preis, Versandkosten, etc.?
  • Was ist mit Zubehör?
  • etc. pp.

Bei der Optimierung einer Detailseite hört man daher oft den Satz “Bitte nicht ablenken, die Besucher sollen nur kaufen”. Das führt in der Praxis dazu, das sich viele Detailseiten unterschiedlicher Online Shops sehr stark ähneln und nichts darüber gesagt wird, wer eigentlich dahintersteht und warum man genau bei diesem Anbieter kaufen sollte, unterm Strich: die Differenzierung.

Vergleichbarkeit als Fluch von Produktdetailseiten

Da viele Besucher das Objekt ihrer Begierde am Ende eines Kaufentscheidungsprozesses ziemlich genau beschreiben und buchstabieren können, wird es häufig auch so direkt in die Suchmaschine eingetippt. Und da alle gelernt haben, wie wichtig ein Online Preisvergleich ist, werden gleich mehrere Suchtreffer parallel angeklickt, um das beste Preis-Leistungs-Verhalten ergattern zu können.

Doch ein zweckmäßiger Aufbau von Detailseiten führt auch dazu, das ich zwar das Produkt wiedererkenne aber kaum etwas über den Shop, der es mir anbietet erkennen kann. Schlimmer noch: teilweise weiß ich gar nicht, bei wem ich gelandet bin. Hierfür mal ein Screenshot von 6 Detailseiten unterschiedlicher Anbieter zu einem Proukt-Suchbegriff: Sony KDL50W815B

Um es etwas interessanter zu machen: Das Logo ist jeweils ausgeblendet. Es geht darum aufzuzeigen, dass neben alle kaufrelevanten Informationen kaum etwas zur Marke gesagt wird. Auch nicht darum, warum ich gerade bei diesem Anbieter kaufen sollte. Bewertet wurde nicht Sony als Hersteller. Es geht um die Shops, die dieses Produkt anbieten:

PDS als Landing Page - 1

[+] Zum Vergrößern bitte klicken

PDS als Landing Page - 2

Auch wenn bestimmte Marken hier anhand des Corporate Designs wiedererkannt werden, so kann ich das nicht von allen Nutzern erwarten.

Bei den unterschiedlichen Onlineshops wird kaum etwas über die Marke erzählt. Es gibt zwar Häkchen, die einem erklären, dass der Kauf sicher ist, dass man die Produkte im Markt abholen kann oder die Zahlung aufschieben kann. Aber wo liegen die Unterschiede? Der Preis ist bei allen Anbietern vergleichbar. Warum bei dem einen und nicht bei dem anderen kaufen? Wo ist die Differenzierung?

Abverkauf und Markenkommunikation unter einem Hut

Wie schafft man es also, den Abverkauf auf Detailseiten nicht zu gefährden und dabei trotzdem etwas über die Marke zu sagen? Hier eine ToDo Liste, wie man Detailseiten zu noch besseren Markenbotschaftern macht:

1. Auswerten, wie wichtig Detailseiten überhaupt sind (Webanalytics Tool) – Muss ich mir den Stress überhaupt machen?

2. Nutzer befragen, was Ihnen beim Kauf eines Produktes wichtig ist? (Antworten zu Technik und Mode-Produkten fallen zum Beispiel ganz anders aus.)

3. Was macht die Marke im Kern aus?

4. Wo ist der Unterschied zum Wettbewerb?

5. Gibt es spezielle Online Vorteile, die der Wettbewerb so nicht anbietet?

6. Welche UVPs sind wichtig? (Was sind UVPs >> Link)

7. Gibt es eine Geschichte, die man erzählen kann? (Über die Marke, vielleicht aber auch über das eigene Produkt mit Text, Video, Bildern?)

8. Gibt es unterschiedliche Werteversprechen in unterschiedlichen Kategorien? (Muss man in unterschiedlichen Produktkategorien andere Vorteile kommunizieren?)

9. Targeting und Personalisierung: Unterschiedliche Ansprachen für unterschiedlichen Nutzer (Neu vs. wiederkehrend, etc.)

10. Testing: Messen, was funktioniert und was nicht? (z.B. Darstellung / Inhalte von UVPs, Verhalten beim Interagieren mit den Markenbotschaften)

11. Rückspielen von wichtigen Testergebnissen an die Kollegen aus dem Marketing: Wie wirkt sich die Differenzierung zum Wettbewerb messbar auf meinen Umsatz aus? Was wirkt, was nicht? Wie kann man die Erkenntnisse auf AdWords Anzeigen anwenden: Womit kann man werben? Wie kann man sich noch besser differenzieren?

Fazit: Bekannte Wege verlassen

Die Analogie zum Ladengeschäft soll verdeutlichen, dass Startseiten eine wichtige Eingangstür sein können, aber nicht müssen. Ihre Bedeutung für Brand-Kampagnen soll nicht geschmälert werden, ABER die Summe der Detailseiten ist in vielen Shops (auch wenn es sich dabei nicht um starke Marken handelt) mächtiger als die Startseite. Eine Marketing-Strategie für die Detailseiten und unterschiedliche Nutzertypen kann große Wunder wirken, bzw. Uplift bringen – daher sind es verkannte Superstars.

In der Markenkommunikaton kann man ruhig auch einmal gewohntes Terrain verlassen und zum Beispiel die Seitentüren (Detailseiten eines Shops) einmal genau unter die Lupe nehmen.

 

Über den Autor

Gabriel Beck

Vorstand

Gabriel ist seit über 10 Jahren Conversion Optimierer und berät die konversionsKRAFT Kunden strategisch, ist Trainer für die Conversion Seminare und als Vorstand seit 2014 im Unternehmen.
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1 Kommentar

  1. Gravatar

    Ruben Pasternak,

    Hallo,

    Ich finde der Widererkennungswert eines Produktes sollte immer im Zusammenhang mit der jeweiligen Firma oder Logo stehen. An wenn sollten Sie sich denn dann wenden, wenn jemand ein Produkt kauft aber nicht mehr weiß bei wem? Meiner Meinung nach sollte man sich richtiger Weise darauf konzentrieren denn Käufern einen Widererkennungswert beizulegen. Sei es durch Logo´s, Slogans, Prächtige Farbbilder, Texte oder was auch immer aber auf jedenfall auffallend zum eigentlichen Produkt.

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