Neuromarketing

Neuromarketing in der Praxis: Wie du die Limbic® Map und Limbic® Types im Marketing sinnvoll einsetzt

Robert Weller
 Lesezeit: 17 Minuten    
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Wie gut kennst du eigentlich deine (potenziellen) Kunden?

Kennst du ihre Bedürfnisse, Motive und Konsumpräferenzen, sodass du dein Angebot darauf abstimmen und sie auf einem emotionalen Level gezielt ansprechen kannst? Das ist nämlich nötig, um sie in ihrer Kaufentscheidung zu deinen Gunsten zu beeinflussen.

Wenn nicht, bist du nicht allein. Viele Marketer, UX Designer und Conversion-Optimierer tun sich noch immer schwer, Kunden bei all der Reizüberflutung und dem Überangebot an Konsummöglichkeiten im Internet die Orientierung zu erleichtern. Hinzu kommt der zunehmende Drang nach Individualisierung der Konsumenten, dem Unternehmen durch eine zielgruppenspezifische oder gar personalisierte Ansprache in ihrer Kommunikation gerecht werden müssen. Nur so schaffen Marken herausragende Kundenerlebnisse und etablieren sich im Relevant Set ihrer Kunden.

Doch wie erreichen wir dieses Ziel? Woher nehmen wir die Insights über unsere Zielgruppe? Wie validieren wir bereits vorhandene Personas und setzen sie effektiv ein?

Der Lösungsansatz, den ich dir in diesem Artikel näher bringen möchte, ist nicht unbedingt neu für dich. Ich will aber sichergehen, dass du die Limbic® Map nach Hans-Georg Häusel in seinen vielen Facetten verstehst und das volle Potenzial für deine Marketingpraxis ausschöpfen kannst.

🔎 Dich erwartet im Folgenden…

Personas im größeren Kontext oder andere Neuromarketing Tools thematisiere ich in diesem Artikel nicht. Meine Intention ist es, dir Limbic® als Modell zur zielgruppengerechten Marken- und Marketingkommunikation im Detail zu erklären und dir anhand unterschiedlicher Beispiele zu zeigen, wie du es sinnvoll einsetzt, um Wachstum zu erzeugen.

🎓 Bevor wir ins Thema einsteigen: Kennst du schon unseren Basis-Lehrgang für Testing & Experimentation? Nimm teil und lerne verschiedene Methoden kennen, um u. a. dank Konsumpsycholgie nutzerzentrierte Ideen zur Optimierung der eigenen Website zu generieren.

Limbic® – eine Definition

Limbic® ist, nach eigenen Aussagen der Gruppe Nymphenburg, “ein Motiv- und Entscheidungsmodell …, das sowohl in seiner wissenschaftlichen Fundierung als auch in seiner Praktikabilität für die Marketing-Praxis, die Markenstrategie und die Markenberatung … einzigartig ist”. Es ermöglicht

  • Einblicke in bewusste und unbewusste Entscheidungsprozesse,
  • eine neuropsychologische Zielgruppensegmentierung (Kundensegmentierung) und
  • die klare und verständliche Markenpositionierungen und Umsetzung dieser mit Blick auf die Kommunikation, Design, Service und Unternehmenskultur.

Limbic® System Marketing beruht auf einem Ansatz, der die neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung, der Psychologie und der Evolutionsbiologie mit empirischer Konsumforschung verknüpft. Der Grundgedanke besteht darin, dass unbewusste Motive und Emotionen das menschliche Handeln zu einem großen Teil beeinflussen. Das gilt auch für Kaufentscheidungen und Konsumverhalten.

“Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will.” – Arthur Schopenhauer

Das namensgebende Merkmal des Limbic®-Ansatzes ist die Annahme, dass unser Handeln maßgeblich durch die Emotionssysteme bestimmt sind, die sich im limbischen System des menschlichen Gehirns bilden.

Entwickelt wurde das Modell von Dr. Hans-Georg Häusel und findet in verschiedenen Branchen Anwendung. Immer mehr Konsumgüterhersteller, Handelsunternehmen aber auch Banken und Dienstleister lassen sich heute mit Limbic® beraten, unter anderem…

Unternehmen, die mit LImbic arbeiten

Lizensierter Limbic® PartnerWir sind der einzige Lizenzpartner im Online-Bereich und arbeiten mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aus dem Neuromarketing.

Was ist die Limbic® Map?

Die Limbic® Map (siehe Bild unten) zeigt den Emotionsraum des Menschen, der die bekannten physiologischen Vitalbedürfnisse wie Schlaf, Nahrung und Atmung ergänzt. Er gliedert sich in drei Bereiche, die oft als “BIG 3” bezeichnet werden:

  • Balance (Streben nach Sicherheit, Stabilität, Ordnung und Geborgenheit; Vermeidung von Angst und Unsicherheit)
  • Dominanz (Streben nach Macht, Status, Durchsetzung und Autonomie; Vermeidung von Fremdbestimmung und Unterdrückung)
  • Stimulanz (Streben nach Abenteuer, Abwechslung und Belohnung; Vermeidung von Langeweile und Reizarmut)

Da meist alle Emotionssysteme zugleich aktiv sind, gibt es Überschneidungen, die in der Karte entsprechend verzeichnet sind. Diese sind

  • Abenteuer/Thrill als Schnittmenge zwischen Stimulanz und Dominanz,
  • Disziplin/Kontrolle als Schnittmenge zwischen Dominanz und Balance sowie
  • Fantasie/Genuss als Schnittmenge zwischen Balance und Stimulanz.
Die Limbic® Map und unterschiedliche Emotionssysteme

Auf der Limbic® Map können wir alle Werte, Motive und Wünsche darstellen und in Relation zueinander setzen. Diese sind maßgebend für unser Konsum- und Kaufverhalten sowie unsere Markenpräferenzen. Deshalb treffen wir Entscheidungen auch alle unterschiedlich.

Interessant ist also vor allem die Frage, welche unterschiedlichen Limbic® Types sich von diesen Emotions(sub)systemen ableiten lassen und wie wir sogenannte Limbic® Codes wie Denkstil, Sprache oder Design-Präferenz im Marketing einsetzen können.

Was sind Limbic® Types und wie unterscheiden sie sich?

“Die Limbic® Types sind eine Verdichtung der komplexen emotionalen Persönlichkeitsstrukturen (Limbic® Personality)”, so die Gruppe Nymphenburg. Konsumenten werden über das Hauptemotionsfeld ihrer emotionalen Persönlichkeitsstruktur einem Limbic® Type (siehe Bild unten) zugeordnet.

Wie andere Modelle (z.B. Sinus-Milieus) sind auch diese Kundentypen sind natürlich zu einem gewissen Grad vereinfacht und werden durch Erziehung, Erfahrung und kulturelle Praktiken geprägt. Alle zwei Jahre werden dafür jedoch im Rahmen der größten deutschen Markt-Media-Studie b4p (best for planning) knapp 20.000 Konsumenten repräsentativ typisiert. Eine validierte Typisierung wie diese ist enorm hilfreich, um die eigene Zielgruppe besser zu erfassen. Daraus lässt sich auch eine Verteilung in der Bundesbevölkerung ableiten.

Prozentuale Verteilung der Limbic Types in Deutschland
Prozentuale Verteilung der Limbic Types in Deutschland

Die Limbic® Types im Detail

Type* Beschreibung (Grundlage: Erkenntnisse der Gruppe Nymphenburg)
Performer Performer sind Testosteron getrieben, daher ist der Männeranteil bei diesem Typ sehr hoch. Dies treibt Performer zu Höchstleistungen an und aktiviert ihren Ehrgeiz, was sich in einer Affinität zu Statusprodukten und neuester Technik äußert. Familie und Heim spielen eine untergeordnete Rolle.
Disziplinierte Disziplinierte sind eher misstrauisch geprägt und zweifeln Dinge bei hoher Unsicherheit an. Ihr Verhalten lässt sich als selbstkontrolliert charakterisieren. Rituale und Struktur im Alltag sind ihnen ausgesprochen wichtig. Sie suchen keine Abwechslung und auch Genuss spielt für sie nur eine geringe Rolle. Sie kaufen keinen Schnickschnack sondern nur Funktionales, was sie wirklich benötigen.
Traditionalist Das Balance-System und das Stresshormon Cortisol prägen die Persönlichkeit der Traditionalisten. Sie scheuen Neuerungen und sind grundsätzlich konservativ eingestellt. Außerdem gehören sie zu den pessimistischeren Menschen, prüfen Dinge penibel genau und verlieren sich dabei im Detail. Sie lassen sich als eher vorsichtig, skeptisch und bewahrend beschreiben.
Harmoniser Die Sozial-Sub-Module Fürsorge und Bindung sind verhaltensbestimmend für Harmoniser. Das hängt mit dem Bindungshormon Oxytocin zusammen. Harmoniser sind in ihrer Grundhaltung optimistisch und messen Themen, die Familie, soziale Harmonie, Heim und Herd betreffen, einen hohen Stellenwert bei.
Offene Offene charakterisiert ihre lebensbejahende optimistische Einstellung. Sie lieben einen modernen Lebensstil und Produkte mit Anspruch. Genuss ist ihnen hierbei wichtiger als Status. Sie präferieren ein lockeres Leben, das Raum und Zeit für Tagträume lässt. Verwöhnen und verwöhnen lassen ist ihr Motto.
Hedonist Das Gehirn der Hedonisten braucht immer wieder neue Stimuli. Sie sind immer auf der Suche nach Unbekanntem und der nächsten Belohnung durch Dopamin-Ausschüttung. Das Laute, das Schrille und das Extravagante sind für sie wichtig, nicht Produktivität oder Produktherkunft. Hauptsache spaßig, neu und anders. Hedonisten sind wahre „Trendsetter“ und haben eine Schwäche für noch nicht verbreitete und einzigartige Produkte.
Abenteurer Im Abenteurer-Gehirn ist reichlich Dopamin und das Sexual- und Dominanzhormon Testosteron vorhanden. Während es Hedonisten primär um Genuss geht, kommt bei Abenteurern eine kämpferische Komponente hinzu. Hohe Risikobereitschaft und eine Vorliebe für die Themen Sport und Unterhaltselektronik zeichnen sie aus.

Welcher Limbic Type bist du? Mach den Schnelltest!

Wie werden Limbic® Types in der Praxis eingesetzt?

Es ist wichtig, die Limbic® Types der eigenen Zielgruppe zu kennen, damit Marken, Produkte und Dienstleistungen gleichermaßen eine “emotionale Heimat” finden. Denn nur wenn diese mit dem Wertesystem der Zielgruppe im Einklang stehen, erzeugen sie eine Resonanz.

Das emotionale Nutzenversprechen bildet demnach die Grundlage für die weitere Anwendung des Limbischen Systems in Bereichen wie Marketing, Design, Service oder Vertrieb. Von der Zielgruppe hängt also ganz konkret ab, welches Layout der Website und welche Marketingbotschaften eine verkaufsfördernde Wirkung erzielen und auf welche Art und Weise Produkt-Features und Informationen kommuniziert werden müssen, um eine Resonanz zu erzeugen.

Limbic® Types im Marketing und der Markenkommunikation (inkl. Webdesign)

Limbic® Types können bei der Markenbildung und -führung sowie der Marketingkommunikation, sowohl textlich wie auch visuell, herangezogen werden. Erfolgreiche Marken unterscheiden sich von weniger erfolgreichen dadurch, dass sie einen festen Platz im menschlichen Emotions- und Werteraum einnehmen und sich vom Wettbewerb neben anderen Merkmalen in einem von ihnen markentypisch besetzten Werteraum unterscheiden.

Ein bekannter Vergleich ist der zwischen Beck’s und Radeberger. Wo würdest du diese beiden Marken auf der Karte verorten?

Biermarken auf der Limbic® Map
Bekannte Biermarken auf der Limbic® Map

Denselben Vergleich könnten wir auch mit anderen Marken, etwa Burger King und McDonald’s, herstellen. Was dadurch deutlich wird: Marken, die vermeintlich ähnliche Produkte (Bier bzw. Fast Food) anbieten, sprechen nicht grundsätzlich auch dieselbe Zielgruppe an und können daher bestens koexistieren.

Fast Food Brands auf der Limbic Map
Positionierung bekannter Fast Food Brands im Vergleich

Ein anderes Beispiel ist der Instagram-Account von IKEA: Täglich publiziert der Möbelgigant die Fantasie anregende Fotos und lockt damit genau die richtigen Limbic® Types “im Südwesten der Karte” in seine Möbelhäuser: Junge Leute und Familien, die sich stets über neue Einrichtungsideen erfreuen, dabei jedoch nicht an Kreativität sparen wollen.

Instagram Account von IKEA (Screenshot)
Instagram-Account von IKEA (Screenshot vom 25.07.2019)

Ein aktuelles Beispiel aus dem Bereich der Markenpositionierung ist der (inzwischen gescheiterte) Sponsoring-Deal von BMW und dem FC Bayern München. Verorten wir diese beiden Brands auf der Limbic® Map, stellen wir fest, dass der Fußballclub klar in der Dominanz-Region angesiedelt ist, der Autobauer hingegen im Stimulanz-Bereich (verdeutlicht durch den Slogan “Freude am Fahren”). Die Partnerschaft hätte BMW auf lange Sicht dazu gedient, sich weiter rechts zu positionieren und in einem Marktsegment Fuß zu fassen, in dem Geld vorhanden ist, schließlich wollen Performer immer nur das Beste, koste es, was es wolle. Ohne diesen Deal bleibt Audi weiterhin Sponsor des FCB und dominiert als quasi einziger Autobauer diesen Emotionsraum – und kommuniziert das zielgruppengerecht mit dem Slogan “Vorsprung durch Technik”.

Automobilhersteller auf der Limbic Map
Automobilhersteller auf der Limbic Map

“Eine prägnant positionierte und gut inszenierte Marke führt”, so Prof. Dr. Hans-Willi Schroiff und Tina Müller in ihrem Buch Warum Produkte floppen (erschienen 2013 im Haufe Lexware Verlag), “zwangsläufig zu Wahrnehmungsveränderungen in Richtung der Positionierung. Einem als ‘sicher’ positionierten Automobil wird nach der aktiven Erprobung auch eine größere Sicherheit attestiert. Die emotionale Einfärbung im Zwischenhirn verändert aktiv die Perzeption und stärkt die Urteilssicherheit der Bewerter. Das ist Fluch und Segen zugleich, denn in diesem Sinne gut positionierte Marken kommen eben auch schlechter von ihrem Ross wieder herunter.”

Alle eben genannten Marken haben einen sehr starken “Limbic® Load”, das heißt, sie werden in ihrer Wahrnehmung extrem durch die ihnen beigemessenen Werte beeinflusst. Die erwähnten Slogans der Autohersteller verdeutlichen diese Bewertung und auch der FC Bayern wird oft mit Attributen wie dominant, siegreich und stolz in Verbindung gebracht.

Auch in der visuellen Marken- und Marketingkommunikation kann Limbic® eingesetzt werden. In einer eigenen Studie fanden wir beispielsweise heraus, dass es je nach Limbic® Type Präferenzen in Bezug auf Form, Farbe, Bildsprache und Schrift gibt. Schon der erste Eindruck deiner Website entscheidet also darüber, ob du den Nutzer emotional ansprichst oder nicht. Dazu drei Beispiele:

Beispiel 1: Farbe

Während im Balance-Bereich Naturfarben Anklang finden, so sind es im Dominanz-Bereich eher Rot, Schwarz und Gold und im Stimulanz-Bereich sommerliche Farben wie Gelb und Orange.

Einordnung der Farbwelt nach Limbic Type
Einordnung der Farbwelt nach Limbic Type (Quelle: Gruppe Nymphenburg)

Beispiel 2: Bildsprache

Im Dominanz-Bereich der Limbic Map punkten Bilder, die einen gewissen Status widerspiegeln (z.B. Männer in Anzügen), wohingegen im Stimulanz-Bereich die Individualität und Freiheit zum Ausdruck kommen sollten. Im Balance-Bereich kommt es vor allem auf Klarheit, bekannte Motive und eine gewisse Zurückhaltung an.

Bildwelten auf der Limbic Map
Unterschiedliche emotionale Bildwelten auf der Limbic Map

Beispiel 3: Text

Auch die Texte auf deiner Webseite sollten sich gezielt an einen Limbic® Type richten. Die Wortwahl ist dabei genauso wichtig wie Schriftart, -größe und -schnitt. Die folgenden Textbeispiele haben wir im Rahmen unserer Neuromarketing-Studie validiert:

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Limbic® Types im Service & Vertrieb

Der Erfolg eines Verkaufsgesprächs hängt zum Großteil davon, ob es dem Verkäufer gelingt, den Interessenten auf einer emotionalen Ebene zu erreichen und zu überzeugen. Das geschieht im wahren Leben als Verkäufer deutlich einfacher, denn ein Verkäufer kann den Kunden bereits durch sein Auftreten, den Kleidungsstil und die Wortwahl bestens einschätzen. Auf einer Webseite ist das nicht so einfach. Denn du kennst vielleicht das Beispiel, dass keiner eine Bohrmaschine kaufen will, sondern ein Loch in der Wand. Oder um es noch weiter zuzuspitzen: Keiner will ein Loch in der Wand, sondern eine Schraube, um ein Bild aufzuhängen, an dem wir uns bei jedem Vorbeigehen erfreuen. Bei einem Verkaufsgespräch spielt die – vor allem mentale (Stichwort: Kopfkino) – Gesprächsumgebung daher eine ebenso wichtige Rolle wie die Argumentation selbst.

Das Ziel als Verkäufer ist es folglich, bewusst in das Unterbewusstsein des Interessenten zu gelangen. Dafür muss er die Emotionswelt seines Gegenübers erkennen und zu nutzen wissen; sprich, durch seine Kommunikation die richtigen Gefühle erzeugen.

Bleiben wir für ein Beispiel in der Automobilbranche: Ein Verkäufer sollte ein und dasselbe Auto einem Familienvater unbedingt anders anpreisen als Herrn Arthur von Greven, Junior – sofern er es denn beiden Kunden erfolgreich verkaufen möchte. Dafür bedient er sich der Emotions- und Wertewelt und umschreibt ausgewählte Produkteigenschaften so, dass sie eine Resonanz erzeugen:

Beispiel zweier unterschiedlicher Käufertypen auf der Limbic Map
Beispiel zweier unterschiedlicher Käufertypen

Der Familienvater springt auf einen Mercedes Benz GLS eher an, wenn ihm der Verkäufer von der effizienten Start-Stopp-Automatik, dem eingebauten Entertainment-System für die Kinder und dem automatischen Abblendlicht erzählt, anstatt sich auf dieselben Argumente für Herrn von Greven zu verlassen. Denn ein Sportauspuff, der neueste Sprachassistent zum Vorlesen eingehender E-Mails oder der LED-Frontscheinwerfer spielen für ihn keine Rolle.

Ich denke, das Prinzip ist klar, oder?

📚 Leseempfehlungen (weil wir oft danach gefragt werden…)

Diskussion zum Limbic®-Modell und Alternativen

Natürlich besitzt der Limbic® Ansatz – wie jedes andere Modell auch – keine Allgemeingültigkeit. Wir Menschen unterscheiden uns durch verschiedene Hauptmotive, Präferenzen und Emotionen voneinander, weshalb jeder von uns in bestimmten Situationen anders reagiert. Aber insbesondere dann, wenn über die anzusprechende Zielgruppe wenige oder auch gar keine Informationen vorhanden sind, ist dies ein guter Ansatzpunkt, die eigenen Werbemaßnahmen zu analysieren und zu optimieren. Das Modell bietet dahingehend einige Vorteile gegenüber anderen Segmentierungsmodellen:

  • Es stellt qualitative und quantitative Marktuntersuchungen auf eine einheitliche Erklärungsplattform und macht sie damit nachvollziehbar.
  • Die Konstruktionsprinzipien und der wissenschaftliche Hintergrund sind transparent und überprüfbar.
  • Das System kann schnell und selbstständig in die tägliche Praxis integriert werden und positive Resultate generieren.
  • Marketing- und Produktmanager erhalten mit dem Limbic®-System eine einheitliche Plattform für Emotionen, Motive und Werte, auf der sie Märkte strukturieren, Zielgruppen formulieren und Marketingmaßnahmen verbessern können.

Indes verleitet das Modell zu der Annahme, dass wir uns in der Kommunikation auf eine bestimmte Art von Mensch konzentrieren können. Das wird jedoch spätestens dann problematisch, wenn Unternehmen, zum Beispiel mit einem Online-Shop, mehrere Typen bedienen wollen.

Der wahre Wert von Limbic® liegt in der Unabhängigkeit von soziodemografischen und soziologischen Daten. Während es mit derartigen Modellen passieren könnte, dass du Prince Charles und Ozzy Osbourne – beide männlich, verheiratet, über 50, aus Großbritannien und wohlhabend – auf dieselbe Art und Weise ansprichst, bist du mit Limbic® vor dieser Gefahr gefeit. Es bewährt sich in der Praxis immer wieder, mit Persönlichkeitstypen zu beginnen und soziodemografische Daten zu ergänzen.

Die Kombination ist auch deshalb sinnvoll, weil sich unser Werte- und Emotionssystem mit zunehmendem Alter verändert. Beispielsweise nehmen Testosteron und der Stimulanz-Neurotransmitter Dopamin mit dem Alter ab. Dadurch lassen Neugier und Risikobereitschaft stark nach und Status wird weniger wichtig. Im Gegenzug nimmt die Konzentration des Stresshormons Cortisol mit dem Alter zu, weshalb wir versuchen, Unsicherheiten zu vermeiden. Das heißt natürlich nicht, dass ein Performer von heute auf morgen zum Harmoniser wird. Die Veränderungen sind eher schleichend, können sich aber im (Kauf)Verhalten widerspiegeln.

Hormonspiegel im Laufe des Lebens
Hormonspiegel im Laufe des Lebens (Quelle: Gruppe Nymphenburg)

Das spiegelt sich dementsprechend auch in der Alters- und Geschlechterverteilung wider:

In der Praxis bedeutet das für uns Marketer also, klassische “Buyer Personas” um Limbic® Types zu erweitern bzw. diesen zuzuordnen und durch einen entsprechenden Mix aus Forschung und eigenen Daten zu validieren. Und zwar sowohl auf einem allgemeingültigen Level als auch einem ziel- und aufgabenspezifischen Level. Denn je nach Fragestellung (Wie profitieren wir durch Personas?) verändert sich die Zielgruppe…

Wie erstelle und validiere ich Limbic® Personas durch Daten?

Die meisten Unternehmen haben in Form ihrer Web-Analytics bereits eine gute Datenquelle für die Entwicklung ihrer Limbic® Personas. In Kombination mit Daten aus ihrem CRM-System lassen sich bereits erste Vermutungen über Limbic® Types anstellen, die im Anschluss durch gezielte Tests validiert werden können. Das Aufstellen und Testen dieser Hypothesen zum Nutzerverhalten ist allerdings nur ein Teil der Validierung. Jedes Unternehmen muss die relevanten Faktoren für die eigene Website überhaupt erst identifizieren. Auch wir haben kein allgemeingültiges System zur Identifizierung von Limbic® Types anhand von Onsite-Metrics und ziehen daher immer wieder diverse Daten heran – in manchen Projekten über 150 verschiedene Messpunkte. Zum Beispiel:

    • Scrollverhalten: Je nach Typ kann das sehr unterschiedlich ausfallen. Während Traditionalisten tendenziell vielleicht eher langsam scrollen und Disziplinierte alle Informationen konsumieren (zweite Hälfte des Videos), so springen Performer womöglich gerne von A nach D und zurück zu B (erste Hälfte des Videos). Pauschal lässt sich das natürlich sagen, denn das Scrollverhalten hängt von weiteren Faktoren ab und kann durch einzelne Elemente auf einer Seite gezielt getriggert werden, aber eine Hypothese lässt sich daraus sicherlich formulieren.

  • Dieses Verhalten kann sich auch in der Seitenaufenthaltsdauer sowie der Anzahl an Seiten pro Sitzung widerspiegeln.
  • Filter- bzw. Sortierfunktion: Disziplinierte legen großen Wert auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und filtern sich im Katalog womöglich zunächst spezifische Angebote heraus, die ihren Anforderungen entsprechen. Sie sind schließlich gut informiert und wissen, was sie suchen. Hedonisten hingegen sortieren lieber die neuesten Produkte nach oben und scheuen auch nicht unbedingt günstige Importmarken.
Datenquellen zur Validierung von Limbic® Types
Mögliche Datenquellen zur Validierung von Limbic® Types

Wie genau du Kundendaten für eine erfolgreiche Personalisierung nutzt, erklärt dir unsere Head of Data Analytics Julia Engelmann in ihrem Beitrag hier.

Neben den vorhandenen Daten aus CRM & Web-Analytics sind wir bei konversionsKRAFT große Verfechter des User Research. Es spricht nichts dagegen bzw. ist im Gegenteil meist eine sehr sinnvolle Investition, die eigene Zielgruppe (ergo Kunden und potenzielle Kunden) direkt zu befragen.

Unser Vorgehen sieht meist so aus, dass wir Limbic Personas zunächst qualitativ erarbeiten – dazu laden wir gezielt bestimmte Typen in unser Lab ein – und diese dann quantitativ validieren.

Mithilfe von Methoden wie Jobs-to-be-done können wir enorm wertvolle Erkenntnisse nicht nur über den Limbic® Type gewinnen (z.B. aus der Verwendung bestimmter Schlüsselbegriffe), sondern auch über den gesamten Entscheidungsfindungsprozess unserer Kunden.

Dabei können die Kollegen aus Service und Vertrieb im ersten Schritt oft schon selbst passende Antworten liefern, da sie im stetigen Kontakt mit der Zielgruppe stehen und gelernt haben, deren Sprache zu sprechen. Typische Beschwerden, Wünsche oder Fragen lassen sich ggf. schon bestimmten Limbic® Types zuordnen.

🎓 Nochmal unser Weiterbildungstipp für dich: Informiere dich über unseren Basis Lehrgang für Testing und Experimentation, mit dem der Optimierung deiner Website nichts mehr im Wege steht.

Fazit und Ausblick

“Wesentliche Entscheidungen sind ohne Emotionen undenkbar, weil Emotionen erst den Wert und das Ziel jeglicher Entscheidung vorgeben,” fasst Hans-Georg Häusel in einem seiner Fachbeiträge über Neuromarketing zusammen. Sein Modell stellt eine objektive Entscheidungshilfe für die konsistente Markenführung und zielgerichtete Kommunikation dar und ergänzt andere Marketinginstrumente wie Personas.

Du hast nun hoffentlich ein Gefühl für den Nutzen von Limbic® bekommen und bist jetzt in der Lage für dich zu entscheiden, ob dich dieser Ansatz in puncto Conversion-Optimierung, Personalisierung und Marketing insgesamt weiterbringen könnte. Wenn Fragen offen geblieben sind oder jetzt neue entstanden sind, dann schreib mir gerne einen Kommentar. Limbic® gilt nicht ohne Grund als Expertenmethodik, es braucht viel Praxis und Erfahrung, um das volle Potenzial auszuschöpfen. Wir stehen dir dafür bei Bedarf gerne zur Seite.

Ansonsten habe ich abschließend nur noch eine kleine Challenge für dich: Teste dein Wissen in unserem Limbic® Marketing E-Mail-Kurs. Melde dich hier an und bestehe den Abschlusstest, um dir dein theoretisches Know-how zertifizieren zu lassen! 💪

*Bildquelle: b4p

Über den Autor

Porträt: Robert Weller

Robert Weller

Principal Content Strategist

Robert Weller ist bei konversionsKRAFT federführend für Content-Themen verantwortlich, von Fachartikeln im Blog bis hin zur strategischen Beratung in Kundenprojekten. Er publiziert seit über zehn Jahren seinen eigenen Blog toushenne und engagiert sich als Fachbuch-Autor und Keynote Speaker regelmäßig für den Ideenaustausch rund um Content-Strategie und Creator Business.

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7 Kommentare

  1. Gravatar

    Ralph,

    Hallo Robert ,

    Deinen Artikel finde ich sehr lesenswert, obwohl ich dafür gefühlt Stunden zum Lesen benötige Auf jeden Fall lerne ich wieder etwas zum Thema Neuromarketing, welches ich sehr spannend finde.

    Beste Grüße

    Ralph

    • Gravatar

      Robert Weller,

      Hallo Ralph,
      dass du was Neues lernst, freut mich zu hören. Genau das ist meine Absicht, genau dafür lebe ich ja in meiner Rolle. Ich bin sicher, dass sich die vielen Stunden, die du investierst, sich früher oder später auszahlen werden. Und falls du noch ein paar Stunden übrig hast: Im E-Mail-Kurs gehen wir noch ein bisschen weiter und werden noch praktischer – bzw. sorgen dafür, dass du praktischer wirst.

      Also weiterhin viel Spaß dabei!
      Robert

  2. Gravatar

    timbowaffel,

    Kennt ihr einen Shop der sich auf die Disziplinierten fokussiert?

  3. Gravatar

    steffi,

    Großartiger Artikel – Danke!

  4. Gravatar

    Sarah Lindner,

    Danke für die gut zusammengetragenen Informationen und Insights in unsere Hirnstruktur und was diese (limbic map) mit dem Außenbild, der Außenwahrnehmung und dem Marketing zu tun hat. Wir wenden diese Dinge wenn gewünscht auch in der Analyse von Zielgruppen bei Imagefilmen an. Ich liebe diese Modelle, danke!

    PS: Kurzer Hinweis: Der “Schnelltest” auf dieser Seite funktioniert nicht mehr. Ich halte diesen aber für ein super Tool, gerne wieder anschalten 🙂

    • Gravatar

      Robert Weller,

      Sehr gerne, Sarah! Schön zu hören, dass ihr derartige Insights auch beim Thema Video anwendet!

      Danke für den Hinweis zum Test, wir haben den Link aktualisiert und nun funktioniert wieder alles.

  5. Gravatar

    Maria,

    Segen und Fluch zugleich. Es scheint nur noch wenige zu stören wie durchsichtig die Menschheit geworden ist und wie berechenbar. Wie paradox sich dazu parallel der Wunsch nach Datensicherheit entwickelt – Ich wünsche mir dass die Menschen wieder bewusster mit ihren Gefühlen umgehen und dann hoffentlich bewusstere und reflektiertere Entscheidungen treffen.

    Maria

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