MVP-Ketten: 5 simple Beispiele, wie aus Produktmerkmalen echter Kundennutzen entsteht
Kennen Sie das? Sie kommen in ein Geschäft und treffen auf einen netten Verkäufer, der Sie gerne beraten möchte. Sie teilen ihm Ihr Anliegen mit und er fängt an, wie aus der Pistole geschossen, Sie mit Produktmerkmalen, Fachjargon und Fremdwörtern eiskalt niederzustrecken.
„Dieser 65 Zoll, SUHD Fernseher verfügt über ein curved Display mit Nano Crystel Color, UHD Dimming und einem Ultra Clear Pro Panel. Damit erleben Sie Ihre Filme in 3.840 x 2.160 Bildschirmauflösung, gigantisch!“
…und so weiter und sofort.
Nachdem auch das letzte Pulver verschossen ist, hält der nette Mann freudestrahlend inne und wartet darauf, dass Sie begeistert rufen:
„Ja genau, genau das wollte ich! Sie haben vollkommen recht. Wo kann ich unterschreiben?“
Leider sieht die Realität anders aus. Denn im Normalfall haben Sie nichts von all dem verstanden, was der gute Mann erzählt hat, und Sie versuchen dem Gespräch höflich zu entkommen. Ihre Wege trennen sich mit einem verwunderten und enttäuschtem Gefühl auf beiden Seiten.
Was ist da schief gelaufen?
Unser Verkäufer hat einen fatalen Fehler begangen. Er hat mit seinem Kunden gesprochen wie mit einer Maschine. Trockene Fakten, Produktmerkmale ohne einen echten Nutzen für den Kunden – und ihn mit nichtssagenden Worthülsen überhäuft.
Eben mit den Informationen, die er über das Produkt weiß. Dieses Phänomen ist – besonders online – häufig zu finden. Sowohl bei der Produktpräsentation bzw. Produktbeschreibung als auch bei der Argumentation, warum man als Anbieter der Richtige ist.
Entscheidend sind die Informationen über den Kunden – der Kundennutzen!
Es ist nicht sonderlich schwer eine bessere Alternative zum oben dargestellten Beispiel zu finden. Schließlich geht es beim Verkauf darum, einen echten Verkaufsdialog zu schaffen. Hierzu gibt es viele Ansätze und Methoden wie beispielsweise das SPIN-Selling, Solution Selling oder The Sandler Selling System.
Das gemeinsame Ziel all dieser Methoden ist es, die Kunden und deren Bedürfnisse besser zu verstehen und entsprechend zu bedienen. Also einen echten persönlichen Kundennutzen zu identifizieren und diesen mit dem eigenen Angebot in Einklang zu bringen.
Und hier liegt die Crux. In den Augen unseres fiktiven Verkäufers ist er sicherlich der Meinung, er habe alle Argumente gebracht, die das entsprechende Produkt unschlagbar machen. Allerdings ist die Herausforderung diese Argumente richtig zu formulieren. Das WIE spielt hier die entscheidende Rolle.
Wie formuliert man Argumente nutzenorientiert?
An dieser Stelle möchte ich Albrecht Kresse und seiner edutrainment company danken, der uns mit dem Werkzeug der MVP-Ketten vertraut gemacht hat. Diese MVP-Ketten helfen eine gute Nutzenargumentation aufzubauen und die wichtigste Regel hierbei lautet:
Kommuniziere anstelle von Merkmalen die echten persönlichen Mehrwerte für den Kunden!
Die Abkürzung MVP steht dabei nicht für den “most valuable player”, also den wertvollsten Spieler, denn mit Sport hat das erstmal nichts zu tun. Auch nicht für das von Eric Ries, dem Entwickler der Lean Startup Methode, erdachte Konzept des “minimal viable products”, also des mit minimalem Aufwand konstruierten, funktionsfähigen Produkts, denn wir entwickeln hier keine Produkte.
Hinter dem Akronym MVP verbirgt sich in diesem Fall Folgendes:
M steht hierbei für Merkmal,
V für Vorteil und
P für persönlicher Kundennutzen.
Das heißt in der Praxis, wenn Sie für Ihr Produkt werben:
Legen Sie sich die richtigen MVP-Ketten zurecht.
Wie sieht das genau aus? Dazu ein Paar Beispiele:
Beispiel 1:
Merkmal: auf Lager (schwach)
Vorteil: sofort lieferbar (schon besser)
Persönlicher Mehrwert: Das Paket ist morgen bei Ihnen (gute Lösung)
Beispiel 2:
Merkmal: 14 Tage Rückgaberecht (schwach)
Vorteil: Kostenlos zurücksenden (schon besser)
Persönlicher Mehrwert: Sie können alles bequem zu Hause anprobieren (gute Lösung)
Beispiel 3:
Merkmal: flexibel (schwach)
Vorteil: Zugriff jederzeit möglich (schon besser)
Persönlicher Mehrwert: Egal in welcher Lebenssituation, Sie verfügen über Ihr Geld. (gute Lösung)
Beispiel 4:
Merkmal: Zahlungspause (schwach)
Vorteil: Raten können pausiert werden (schon besser)
Persönlicher Mehrwert: Wenn Sie plötzlich einen finanziellen Engpass erleiden, können Sie Ihre monatliche Zahlung aussetzen und später wieder aufnehmen (gute Lösung)
Beispiel 5:
Merkmal: Rund-um-Service (schwach)
Vorteil: Sie müssen sich um nichts kümmern (schon besser)
Persönlicher Mehrwert: Transport, Aufbau, Müllentsorgung erledigen alles wir für Sie. Sie müssen sich nur über Ihr neues Möbelstück freuen. (gute Lösung)
Falls Sie sich über Beispiel 5 wundern, dann tuen Sie dies zu Recht. Rund-um-Service ist nicht wirklich ein Merkmal, aber es zeigt ein weiteres Phänomen, das sehr häufig auf Websites zu finden ist: die Worthülse.
Nutzenorientierung bedeutet auch, dass man sich Gedanken über die gewählten Formulierungen macht. Was meinen „wir“ als Unternehmen damit und was versteht der Kunde, der unser Produkt nicht kennt, darunter? Wird es überhaupt verstanden, was wir sagen wollen?
Hier spricht man auch oft von der bekannten Unternehmensbrille oder dem blinden Fleck. Man selbst – egal ob als Person oder als Organisation – kann sich nur sehr schwer von außen beurteilen.
Häufig genutzte Worthülsen wie flexibel, fair oder persönlich, die man oft auf Websites findet, wirken abgenutzt und schaffen es nicht mehr ins Bewusstsein der Nutzer vorzudringen. Sie werden sozusagen immun dagegen. Diese Formulierungen sind wie spannende Banner auf der rechten Seite anzusehen. Man könnte es auch als den Worthülsen-Blindness-Effekt bezeichnen.
Deshalb:
Hinterfragen Sie Ihre Texte und bilden Sie, wenn nötig, überzeugende MVP-Ketten.
Noch mehr Inspiration…
Take-Aways
- Achten Sie bei Ihren Formulierungen darauf, keine Worthülsen zu nutzen oder zumindest den Einsatz zu minimieren.
- Hinterfragen Sie, ob das was Sie sagen möchten, auch das ist, was Ihre Kunden verstehen.
- Argumentieren Sie nicht mit (Produkt-) Merkmalen, sondern mit einem persönlichen Kundennutzen.
- MVP-Ketten stellen hierbei ein sehr gutes Hilfsmittel dar.
Denn letztendlich steigert der persönliche Mehrwert für den Kunden auch Ihre Conversion Rate und damit Ihren Umsatz.
Benötigst du noch mehr Informationen über persönlichen Kundennutzen? In unserem Growth Ambassador Programm finden regelmäßige Meetups mit Expert:innen aus dem Behavioral Sciences Bereich statt, die sich unter anderem über die Nutzungsmotive der Kunden austauschen. Du kannst dich für das kostenlose Programm bewerben, um die Nutzungsmotive deiner Kunden zukünftig besser zu verstehen und inhaltlich passenden Content zu bieten.
P.S.: Vielen Dank an Marcel Licht für seine Unterstützung und Albrecht Kresse für das gute Training.
6 Kommentare
Miladin,
…kurz, knapp und sehr sympathisch.
🙂
Es ist im Grunde so einfach…
P.S.: Geteilt!
Verena Piatek,
Gelesen und für gut empfunden 🙂 Gruß Verena
Michael,
Klasse! Auf den Punkt gebracht.
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Patrick Lemke,
Wenn das die Verkäufer mal verstehen würden, würde ich auch gerne mal wieder im Laden einkaufen gehen. Mittlerweile geht bei mir fast alles über das Internet.
Sammy Zimmermanns,
Sehr schöne Erläuterung, vielen Dank dafür.
Viele Grüße aus Dresden
Sammy
Lars,
Stichwort “Sichere SSL-Verschlüsselung” – Der ganze Begriff ist in meinen Augen eine Worthülse, da es mittlerweile A) selbstverständlich sein sollte und B) 70% der Konsumenten noch immer nicht wissen, was SSL bedeutet/ist.
Für mich ist der Hinweis “Sichere SSL-Verschlüsselung” ehrlich gesagt ein Fehlen richtiger USP.