Personalisierung

Wie C&A in drei einfachen Schritten ihren Onlineshop personalisieren

jfreese
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Die Geschichte der Personalisierung ist eigentlich eine Geschichte voller Missverständnisse.

Bei einigen Brands ist Personalisierung strategisch ein heiliger Gral, bei anderen fallen Statements wie “Personalisierung? Bringt mir nix!”.

Die Fragen nach den strategischen Herangehensweisen und konkreten Abläufen bleiben häufig im Raum stehen.

Trotzdem ist Personalisierung bereits seit gefühlten Ewigkeiten ein Dauerbrenner.

Vielleicht, weil irgendwie doch jeder mitspielen will, aber den meisten nicht so richtig klar ist, was und wie sie gesteckte Ziele eigentlich erreichen wollen.

“Das Verständnis der Kernprinzipien der Wertschöpfung macht den Unterschied zwischen “Mount stupid” und Produktivität aus.”

In diesem Beitrag schauen wir uns an:

  1. Wie wir mit den Missverständnissen der Personalisierung aufräumen und den Hype um dieses Thema ein Stück weit entmystifizieren können.
  2. Wie sich das wertschöpfende Wirkprinzip der Personalisierung operationalisieren lässt.
  3. Warum Personalisierung ein Kundenbedürfnis-getriebener Prozess ist, bei dem Daten helfen, Bedürfnisse mit Onlineshop-Angeboten in Einklang zu bringen
  4. Wie in einem Ideation Prozess Audiences identifiziert werden.
  5. Wie C&A im Alltag 3 (relativ) einfache Schritte für erfolgreiche Personalisierung im Fashion E-Commerce einsetzt.
Die Praxisinhalte von Dr.-Ing. Maximilian Speicher, User Experience Manager und interimsweise Product Owner Online Shop bei C&A, kannst du dir auch nochmal in unserem vergangenen Web-Seminar ansehen.

Personalisierung im (Fashion) E-Commerce: Ein weiteres Designproblem I (von Dr. Julia Engelmann)

Erfolgreiche Personalisierung ist eine Frage des Customer Experience Managements, und es gewinnen die Player, die hier eine signifikant bessere Kundenerfahrung erschaffen.

Ein aussagekräftiger Eindruck mit einer relevanten persönlichen Kundenerfahrung macht dabei den entscheidenden Unterschied.

Doch wie bekommen wir die Maschine der Personalisierung im Alltag zum Laufen und generieren neue wertschöpfende Ideen, ohne gefühlt vor einem Berg an Aufgaben und einem jahrelangen Wasserfallprojekt zu stehen?

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Abb.: Personalisierungsmaßnahmen im Tal der Desillusionierung – Gartner

Der Gartner Hype Cycle zeigt, dass unser Gefühl nicht ganz unbegründet ist.

Während KI und ML-Integration im Marketing noch im Peak of inflated expectations (Gipfel der überhöhten Erwartungen) angesiedelt sind, ist die Personalisierung bereits im Tal der Desillusionierung angekommen.

Es geht also darum, die wertschöpfenden Wirkprinzipien besser zu verstehen, zu nutzen und deine Maßnahmen gezielt auf das Plateau der Produktivität zu heben.

The Customer Experience War: Hürden erkennen und Wertschöpfung methodisch aufbauen

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Um welche, durchaus bekannten, Onlineshops handelt es sich?

Was fällt dir bei bei den drei Kategorieseiten unterschiedlicher Online Shops auf?

Wenn alle Shops gleich aussehen, quasi dieselbe Experience bieten, und allesamt “15 schwarze Hosen” anzeigen, warum sollte sich dein potenzieller Kunde für deinen Shop entscheiden?

Der Preis stellt häufig Entscheidungskriterium Nr. 1 dar.

Markenloyalität, verwendete Materialien oder Nachhaltigkeit können stärkere Unterscheidungsmerkmale sein. Aber wie soll dein potenzieller Kunde einen Unterschied ausmachen, wenn er für ihn im ersten Eindruck lediglich Name und Farbe vom Logo einen erkennbaren Unterschied darstellen?

Lass uns das Problem methodisch angehen.

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Abb.: Die UX-Pyramide – Was ist User Experience Design – aequilibrium

Personalisierung kann keine One-fits-all-Strategie sein.

“Ohne entsprechende Differenzierung gibt es keine positive Kundenerfahrung.”

Auch darf die Veränderung der Experience nicht auf Kosten der Erwartung und der Nutzbarkeit gehen.

Nachdem du im Idealfall die unteren Ebenen der UX-Pyramide bereits gut abdeckst, geht es deinem User auf der Website, ähnlich der maslowschen Bedürfnispyramide, auf der obersten Ebene um Verwirklichung und Bedürfnisbefriedigung.

Der Besuch deines Onlineshops ist für deinen Kunden nicht das Interagieren mit “irgendeiner” Website.

Es ist der Ort, wo ein Erlebnis ausgelöst wird – genauer gesagt ein Kauferlebnis.

Und dabei hast du die Zügel in der Hand, wie das Befriedigen von Bedürfnissen beeinflusst werden soll.

Resonanz & Data: die richtigen Impulse finden und senden

Um zu verdeutlichen, wie einfach du bereits durch kleinste Impulse die Kaufentscheidungen (deine Personalisierung) maßgeblich fördern kannst, ergibt es Sinn, die Macht der Resonanz zu nutzen. Denn dahinter verbirgt sich ein einfaches physikalisches Prinzip.

Wenn du Resonanz mit deinen Website-Besuchern erzeugst, dann reichen kleinste Impulse aus, um eine enorme Kraft zu entwickeln.

Resonanz ist ein wichtiges Prinzip, das du bezogen auf dein Customer Experience Management verstehen musst.

“Erfolgreiche Personalisierung bedeutet, die richtigen Maßnahmen, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, an den richtigen Nutzer auszuspielen.”

Daher musst du Ort, Maßnahmen, Zeitpunkt und die Basis der relevanten Zielgruppe vorher analysieren und deine Strategie ausarbeiten.

Ziel ist es, durch deine erhobenen Daten relevante Segmente zu identifizieren und die Bedürfnisse während der User Experience in Einklang zu bringen.

Dafür schauen wir uns gleich an, wie C&A dies in der Praxis löst und in einem Ideation Prozess die relevanten Audiences identifiziert werden.

Glücklicherweise gibt es planbare Vorgehensweisen, wie du regelbasierte Personalisierung auf Basis von Nutzerbedürfnissen einführst.

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Abb.: Segmentation Audit für regelbasierte Personalisierung

Bei einem Segmentation Audit, geht es im Kern darum, deine Daten zu nutzen, um Audiences zu segmentieren und Vorbereitungen zu treffen, die “richtigen Menschen” mit den “richtigen Inhalten” anzusprechen.

Die Daten werden auf konkrete Hypothesen hin analysiert sowie segmentiert, und gewinnen so an Bedeutung.

Viele Unternehmen nutzen leider keine gezielten Methoden, um die Werte, Bedürfnisse und Kundenwünsche datengetrieben zu validieren und mit dem Angebot und der Customer Experience in Einklang zu bringen.

Manche setzen Personae als “Fantasieprodukt aus einem Workshop” ein (wobei: lieber eine Fantasie-Persona als gar keine Vorstellung vom Kunden).

Aber du solltest deine Maßnahmen mit echten Daten und Hypothesen belegen.

Um also die Schweißperlen der Personalisierung zu verringern, kann dir das Data-to-Persona-Modell hier bereits helfen, deine Personae mit deinen Daten zu verknüpfen und kombiniert, Machine Learning Methoden mit Customer Insights Ansätzen, in einer agilen Art und Weise, zu nutzen.

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Abb.: Data-to-Persona-Modell

Die Methodik, um wirksame Personalisierungsmaßnahmen einzuführen, ähnelt der von A/B-Testing und kann grundsätzlich auch als verlängertes Designproblem betrachtet werden.

Abteilungsübergreifend wollen wir die Motive und Werte von Kunden besser erfassen, herausfinden, welche Daten auf ein gewissen Bedürfnis schließen lassen, um anschließend Hypothesen und Maßnahmen zu entwickeln.

So kannst du bspw. bereits über das Lesen bestimmter Artikel (Editorial Content), Affinitäten zu anderen Produkten ableiten. Winzige Touchpoints, die unsere oben erwähnte Resonanz erzeugen.

Datengetriebene Personalisierungsideen zu finden, kann manchmal also doch ganz einfach sein.

Zwischenfazit:

Eine effektive Personalisierungsstrategie sollte als ein Designproblem mit einem strukturierten Rahmen aus Ideenschöpfung, Umsetzung und Bewertung behandelt werden.

Dabei werden gemeinschaftliche Schöpfungsprozesse (Co-Creation-Workshops) genutzt, um Zielgruppen und personalisierte Inhalte, auf Grundlage glaubwürdiger Hypothesen, zu brainstormen.

In der anschließenden Umsetzung werden diese Ideen kontinuierlich überwacht, um die Leistung der Personalisierungsstrategie und der einzelnen Kampagnen zu bewerten. Eine gute Strategie konzentriert sich hier auf UX und hilft gleichzeitig beim Erreichen von Geschäftszielen.

Schauen wir uns nun das Vorgehen für methodische Personalisierung, Ideengenerierung und Content-Erstellung am konkreten Beispiel von C&A an.

Personalisierung im E-Commerce: Ein weiteres Designproblem II (von Dr.-Ing. Maximilian Speicher)


Dr.-Ing. Maximilian Speicher ist User Experience Manager und aktuell (interimsweise) Product Owner Online Shop bei C&A. Der Forscher, Designer und Informatiker beschäftigt sich mit Augmented Reality, UX-Design und Usability. Er arbeitet hauptsächlich an der Optimierung des Online-Shops durch quantitative und qualitative Forschung sowie an UX-Design und A/B-Tests.
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Mit den aktuellen Fortschritten im Bereich des maschinellen Lernens und einer ständig wachsenden Anzahl von Geschäften und Produkten, die online verfügbar sind, wird die Personalisierung in den kommenden Jahren eine der Haupttriebkräfte für erfolgreiche E-Commerce-Geschäfte sein und daher eine große Rolle bei der Bereitstellung optimierter User Experience spielen.

Auch wenn viele Nutzer eher zurückhaltend sind, wenn es darum geht, online nachverfolgt und analysiert zu werden, wissen wir (bei C&A) aus Umfragen, dass Besucher bis zu einem gewissen Grad trotzdem erwarten, persönliche Empfehlungen, für am besten geeigneten Produkte passend zu den Bedürfnissen, zu erhalten.

Oder, wie Melicher et al. (2016) es ausdrücken:

“Die allgemeine Einstellung der Nutzer zum Tracking steht oft im Widerspruch zum gewünschten Komfort in bestimmten Situationen.”

Darüber hinaus gibt es eine Fülle von Analysen, die die positiven Auswirkungen der Personalisierung im E-Commerce aufzeigen. Das Googeln überlasse ich an dieser Stelle dir 😉

Personalisierung ist für deinen Online-Shop also wirklich wichtig.

Dass sich der Einstieg in die Personalisierung etwas überwältigend anfühlen kann, weiß ich aus erster Hand:

  • Für welche spezifischen Zielgruppen solltest du die Personalisierung vornehmen?
  • Welche Inhalte solltest, oder kannst du für sie bereitstellen?
  • Wie bringst du alle Stakeholder auf einen gemeinsamen Nenner?
  • Sollte alles selbst implementiert oder sich für eine der vielen verfügbaren Personalisierungsplattformen entschieden werden?

Ich kann diese Fragen nicht vollständig für dich beantworten, aber ich hoffe, dass ich dir mit diesem kleinen Leitfaden zumindest einen Rahmen bieten kann, um sie dir selbst zu beantworten.

Und zum Glück muss ich ein solches Framework nicht einmal selbst erfinden, denn Personalisierung ist einfach “nur” ein weiteres Designproblem…

3 (relativ) einfache Schritte für erfolgreiche Personalisierung im Fashion E-Commerce

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Der Design-Prozess

Schritt 1: Ideation (Ideenfindung)

Ziel: Das Identifizieren von interessanten Zielgruppen und personalisierten Inhalten, sowie das Erzielen interner Zustimmung unter den beteiligten Stakeholdern (Buy-in).

Personalisierungskampagnen umfassen zwei Kernkomponenten:

  1. Klar definierte Zielgruppen
  2. Exklusive, personalisierte Inhalte für diese Zielgruppen

Nehmen wir an, du bist E-Commerce-Manager, der operativ für die Erstellung und Implementierung einer Personalisierungsstrategie verantwortlich ist.

Eine Möglichkeit, dies anzugehen, bestünde darin, sich im stillen Kämmerlein einzuschließen, verschiedene Zielgruppen und entsprechende Inhalte zu brainstormen und dann alles zu implementieren und zu testen.

Dieses Beispiel ist zwar etwas übertrieben, aber es hebt zwei wichtige Punkte hervor:

  1. höchstwahrscheinlich bist du (noch) kein Fachexperte beim Identifizieren von potenziell interessanten und lohnenswerten Zielgruppen (bzw. Audiences);
  2. die Unterstützung durch den Rest deines Teams und der Abteilung würde fehlen, was für Schritt 2, die Implementierung, von entscheidender Bedeutung ist.

Um diese Hürden zu entschärfen, nutzen wir bei C&A Co-Creation-Workshops z.B. in Form von Design Jams.

Zu den Teilnehmern eines solchen Workshops könnten (oder sollten) gehören:

  1. Fachexperten für Zielgruppen, die bereits ein tiefgehendes Wissen darüber haben, welche Kundengruppen z.B. auf der Grundlage des Bestellvolumens oder des Customer Lifetime Value wertvoller sind als andere (z.B. dein Merchandising-Team)
  2. Experten für die Durchführung von Personalisierungskampagnen (z.B. das UX-Team)
  3. Professionals für die Bereitstellung personalisierter Inhalte (z.B. dein Marketing- oder Content-Team)

Wichtig sind hier nicht die spezifischen Teams, sondern die Präsenz der verschiedenen Experten, und dass alle repräsentiert werden: Audience, Content und Implementation.

In diesem Zusammenhang müssen personalisierte Inhalte nicht immer Bilder und Texte sein. Es können auch unterschiedliche Preise für verschiedene Zielgruppen, Gutscheine, exklusive Dienstleistungen, CO2-Kompensation oder andere Vorteile sein.

Was die Co-Creation-Workshops betrifft, so teilen wir sie gerne in zwei Phasen auf:

  1. Audience
  2. Content

Phase 1: Audience

Ohne direkt auf spezifische Inhalte zu achten, bilden wir für die erste Phase (crossfunktionale) Teams, die eine oder mehrere Zielgruppen definieren, für die sich eine Personalisierung lohnen könnte.

Die Zielgruppen werden zunächst auf der Grundlage ausgeprägter Signale, die im Online-Shop gemessen werden können, auf höherer Ebene spezifiziert.

Um ein nicht-modisches Einzelhandelsbeispiel zu geben, könnte eine Audience “Benutzer, die an Indie-Rock-Musik interessiert sind” definiert werden als “alle Benutzer, die die Kategorie ‘Indie-Rock-Musik’ in den letzten 30 Tagen mindestens dreimal besucht haben”.

Ganz grob gesprochen gibt es zwei Arten von Zielgruppen, die es wert sind, aus einer monetären Perspektive betrachtet zu werden:

  1. Kleine Segmentgröße, aber überdurchschnittlich hohe CR und/oder Warenkorbgröße (AOV): Da die Zielgruppe bereits relativ wertvoll ist, kann in diesem Fall eine Personalisierung eingesetzt werden, um mehr Nutzer dieser Audience zuzuordnen bzw. in dieses Segment zu überführen.
  2. Große Segmentgröße, aber unterdurchschnittliche CR und/oder AOV: In diesem Fall kann die Personalisierung eingesetzt werden, um die Kaufmotivation sowie das Up- und Cross-Selling zu erhöhen.

Phase 2: Content

Für die zweite Phase bleiben die crossfunktionalen Teams gleich. Jeder stellt seine Zielgruppe(n) vor, wie sie definiert sind, und warum sich eine Personalisierung lohnt.

Anschließend werden die Audiences nach dem Zufallsprinzip verschiedenen Teams zugeteilt, die nun auf Grundlage glaubwürdiger Hypothesen entsprechende personalisierte Inhalte entwerfen.

Optimalerweise werden diese Hypothesen datengetrieben durch Analysezahlen, KPIs, vorhandene Forschungsergebnisse, Heatmaps usw. gestützt.

Et voilà: So kommst du aus dem Co-Creation-Workshop mit einer fundierten Auswahl an Zielgruppen und Inhalten heraus, die nach Belieben priorisiert und ausgewählt werden können. Wenn es die Zeit erlaubt, führen wir am Ende des Workshops in der Regel gerne ein “dot voting” oder “buy a feature” durch (vgl. 5 Designmethoden, die ich als UX-Manager bei C&A erfolgreich angewendet habe).

Schritt 2: Implementierung

Ziel: Erstellung und Bereitstellung der personalisierten Inhalte für deine Zielgruppe(n) und Umsetzung als Personalisierungskampagne.

Schritt 2 ist wahrscheinlich der arbeitsintensivste, aber auch der, über den ich am wenigsten schreiben kann.

Im Allgemeinen umfasst er zwei Teilschritte:

  1. Bereitstellung des personalisierten Inhalts
  2. Technische Umsetzung der Personalisierungskampagne selbst

Beides hängt jedoch weitgehend von deinem individuellen Setup ab.

Was die Bereitstellung der personalisierten Inhalte anbelangt, so waren im optimalen Fall bereits ein oder mehrere entsprechende Experten am Co-Creation-Workshop beteiligt, um sicherzustellen, dass die generierten Ideen auch tatsächlich umsetzbar sind.

Wenn z. B. eine zielgruppenorientierte Preisgestaltung mit deinem technischen Setup nicht durchführbar ist, sollte dies kein Ergebnis von Schritt 1 sein.

Wenn eine Personalisierungskampagne realisierbar ist, sind die beteiligten Teams, die für die Bereitstellung der erforderlichen Inhalte verantwortlich sind, bereits Teil des Prozesses und benötigen (in einer perfekten Welt) keine zusätzlichen Briefings.

Es gibt zwei mögliche Beziehungen zwischen Kampagnen und Inhalten:

  1. Campaign follows Content: In diesem Fall werden Personalisierungskampagnen auf der Grundlage bereits vorhandener Inhalte, z. B. ein einfaches Ausblenden bestimmter Bilder oder Texte für eine bestimmtes Zielgruppe, definiert. Dies ist gut, um schnell mit der Personalisierung beginnen zu können, hat aber auf lange Sicht Defizite, da vorhandene Inhalte in der Regel keine spezifischeren oder ungewöhnlicheren Zielgruppen ansprechen, die natürlich auch enormes Potenzial haben können.
  2. Content follows Campaign: Dies ist der optimale Fall, in dem zunächst potenziell wertvolle Zielgruppen definiert werden und der personalisierte Inhalt speziell für diese Zielgruppen bereitgestellt wird, um die User Experience zu verbessern.

Solange du sicherstellen kannst, dass die entsprechenden Signale zur Identifizierung deiner Zielgruppen korrekt nachverfolgt werden können und die passgenauen Inhalte exklusiv für diese Zielgruppen bereitgestellt werden, ist hinsichtlich der eigentlichen technischen Umsetzung der Personalisierungskampagne alles möglich – von der eigenen In-house-Entwicklung bis hin zum Kauf einer gebrauchsfertigen Lösung.

Signale zum Identifizieren können z.B. Add-to-Cart-Events, Newsletter-Abonnements, Besuche in bestimmten Kategorien, Verwendung eines bestimmten Filters usw. sein. Bei C&A arbeiten wir mit Dynamic Yield als zugrundeliegende Plattform. Unser UX-Team ist dabei für die Einrichtung der Zielgruppen und die Personalisierung verantwortlich.

Schritt 3: Evaluierung & Iteration

Ziel: Bewertung des Kampagnenerfolges und deiner allgemeinen Personalisierungsstrategie.

Sobald du deine Personalisierungskampagne umgesetzt hast, beginnt der wirklich interessante und spannende Teil: Hat deine Idee tatsächlich einen positiven Einfluss auf die Nutzer und ihr Verhalten?

Wir überwachen Kampagnen auf zwei Ebenen:

  1. durch eine lokale Kontrollgruppe
  2. durch eine globale Kontrollgruppe

Die lokale Überwachung funktioniert wie bei jedem handelsüblichen A/B-Test.

Häufig setzen wir für eine Personalisierungskampagne mehrere Varianten wie beispielsweise verschiedene Mischungen von Texten und Bildern, verschiedene Berührungspunkte im Shop usw. ein.

Um eine statistisch gültige Schlussfolgerung ziehen zu können, ob die Kampagne funktioniert oder nicht, beziehen wir eine Kontrollgruppe, basierend auf einer primären Metrik wie Add-to-Cart-Ereignissen, Conversion Rate oder dem durchschnittlichen Bestellwert, mit ein. Hier ist es ratsam, auch “Publikums-Drill-Downs” durchzuführen und sicherzustellen, dass bereits gut funktionierende Nutzergruppen (große Segmentgröße, überdurchschnittlich hohe CR/AOV) nicht negativ beeinflusst werden.

Auf globaler Ebene verwenden wir eine weitere Kontrollgruppe (“globale Kontrolle” genannt), die mit keinerlei Personalisierungskampagnen bedient wird. Ihr Zweck ist es, die kombinierte Wirkung aller aktiven Kampagnen auf der Grundlage eines oder mehrerer KPIs abzuschätzen.

Das Experiment ist wie ein klassischer A/B-Test aufgebaut, wobei die Kombination aller Kampagnen die Variante darstellt. Dies wurde auf der Anraten von Dynamic Yield (insbesondere durch den Leiter Personalisierungsstrategie, Kamal Karim) durchgeführt und ermöglicht uns, die Leistung unserer Personalisierungsstrategie als Ganzes zu bewerten.

Darüber hinaus haben Kampagnenmonitoring und die Tatsache, dass wir fast immer verschiedene Varianten pro Personalisierungskampagne testen, einen sehr wichtigen Nebeneffekt: Die Teams in unserer E-Commerce-Abteilung gewinnen wertvolle Erkenntnisse darüber, welche Arten von Inhalten bei welchem Publikum gut ankommen, sodass sie besser lernen und iterieren können.

Diese Erkenntnisse werden auch in weitere Co-Creation-Workshops rückgekoppelt, um in der nächsten Runde noch bessere Kampagnen zu konzipieren.

Fazit: Erfolgreiche Personalisierung mittels Design-Prozess-Framework

Wie ich zu Beginn dieses Abschnitts erwähnte, wird sich Personalisierung beständig zu einem der Haupttriebkräfte für erfolgreiche E-Commerce-Geschäfte entfalten.

Um ein Fischen im Trüben zu verhindern und eine effiziente Aufstellung zu ermöglichen, ist es ratsam, Personalisierung als ein Designproblem mit einem strukturierten Rahmen aus Ideenfindung, Implementierung sowie Auswertung und Iteration zu behandeln.

Genau das haben wir bei C&A getan, wo ich dafür zuständig war, eine Personalisierungsstrategie von Grund auf aufzubauen und auf den Weg zu bringen. Darüber hinaus muss die Personalisierung den Nutzern einen erkennbaren Mehrwert bieten, um die Akzeptanz für die Datenerfassung zu erhöhen.

Es kommt jedoch allzu schnell und oft vor, dass sich die Personalisierung ausschließlich auf monetäre Aspekte und “klassische” E-Commerce-KPIs wie die Conversion Rate oder den durchschnittlichen Bestellwert konzentriert.

Dein Hauptanliegen sollte es jedoch sein, zu einer möglichst optimalen Benutzererfahrung beizutragen.

Während diese traditionellen E-Commerce-KPIs oft “out-of-the-box” verfügbar sind, haben wir deshalb damit begonnen, Möglichkeiten zu prüfen, zusätzlich unsere Personalisierungsstrategie und individuelle Kampagnen unter Verwendung von mehr UX- und Usability-zentrierten Metriken (wie SUS, Inuit oder AttrakDiff) zu evaluieren.

So wurden beispielsweise erste Schritte unternommen, um den NPS (der ein vernünftiger Näherungswert für die Benutzerfreundlichkeit ist) verschiedener Varianten von Personalisierungskampagnen zu messen, um neben kurzfristigen Ertragsverbesserungen auch längerfristige Retention-Effekte zu berücksichtigen.

Abschließend lässt sich sagen, dass eine gute Personalisierungsstrategie sich stark auf die Erfahrungen deiner Benutzer konzentrieren und dich gleichzeitig bei der Erreichung deiner Geschäftsziele unterstützen sollte.

Nützliche Lektüre:

  1. Egal, ob du bereits mit Personalisierungsmaßnahmen arbeitest oder nicht, nutze einen Co-Creation-Workshop. Das ist immer gut, um ungenutzte Potenziale zu entdecken.
  2. Sieh dir deine Lieblings-Website genauer an und überlege, wie du sie personalisieren könntest, um deine persönliche Erfahrung zu verbessern. Schreibe deine Antworten auf die folgenden zwei Fragen auf:
    a: Welcher spezifischen Zielgruppe gehöre ich an?
    b: Wie könnten personalisierte Inhalte für diese Zielgruppe aussehen?
  3. Sleeknote’s Complete Guide to E-Commerce Personalization – eine gute Fortsetzung mit einigen spezifischen Ideen für deine Kampagnen.

Über den Autor

Dr. Julia Engelmann

Principal Data Sciences

Als Principal Data Science führt Dr. Julia Engelmann die Disziplinen Data Analytics, Web Analytics, Statistik und Data Science. Dabei kümmert sie sich vor allem darum, relevante Erkenntnisse über das Nutzerverhalten aus den Daten und Modellen für wirksame Optimierung und Personalisierung der digitalen Customer Journey zu gewinnen.
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