Konsumpsychologie

Social Proof als Hebel für mehr Konversion

Marcel Licht
 Lesezeit: 4 Minuten    
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Dass sich Menschen in ihrem Verhalten oftmals am Verhalten anderer Menschen orientieren, ist längst bekannt. Doch inwiefern lässt sich dieser Effekt des sog. Social Proof (deutsch: soziale Bewährtheit) zur Konversionsoptimierung nutzen?

Eine typische Situation

Die Idee zu diesem Artikel kam mir vergangenen Sonntag, als ich durch Zufall die folgende Situation beobachten konnte:

Ein sehr sonniger Tag, 27° Celsius auf dem Thermometer und die Innenstadt mit Menschen überfüllt. Am Straßenrand der Fußgängerzone befinden sich 2 Eisdielen unmittelbar nebeneinander. Vor der einen stehen mindestens 30 Leute Schlange – beim Konkurrenten nebenan gerade mal zwei.

Interessant ist, dass sich alle eintreffenden Gäste scheinbar ohne zu Zweifeln sofort an die Menschenschlange anstellen und diese Meter um Meter immer länger wird.

Beide Cafés sind äußerlich kaum voneinander zu unterscheiden- und auch die Preise sowie das Angebot erweisen sich bei näherer Betrachtung als vollkommen identisch. Da an diesem Ort sehr viele Touristen unterwegs sind, ist zudem davon auszugehen, dass die Eisdielen sowie deren Angebot und Qualität dem Großteil der Gäste völlig unbekannt sind.

Scheinbar gründen die Entscheidungen der Passanten also tatsächlich alleinig auf der Gegebenheit, dass es die anderen auch so machen.

Der Psychologie-Professor Robert B. Cialdini beschreibt den Effekt sehr treffend:

„Wir betrachten ein Verhalten in einer gegebenen Situation in dem Maß als richtig, in dem wir dieses Verhalten bei anderen beobachten.”

Noch weiter geht der Verkaufstrainer Cavett Robert:

„Da 95 Prozent der Leute Nachahmer sind  und nur 5 Prozent vormachen, lassen sich die Leute mehr durch die Handlungen anderer überzeugen als durch jedes andere Argument.”

Vor diesem Hintergrund wird beispielsweise auch deutlich, warum sich Menschen sehr ungern in ein komplett leeres Restaurant setzen. Rational positive Aspekte wie z.B. kürzere Wartezeiten oder mehr Ruhe spielen da meist keine Rolle.

Wie lässt sich dieses Prinzip zur Verkaufsförderung einsetzen?

Die Boutique der amerikanischen Modemarke Hollister macht von diesem Verhaltensmuster sehr erfolgreich Gebrauch.

Social Proof als Verkaufsförderung

Fast täglich bilden sich vor allen der mittlerweile 6 Filialen in Deutschland sehr lange Schlangen. Am direkten Point of Sale mag dies zwar nicht unbedingt verkaufsfördernd sein – aber allein die Kommunikation dieser Bilder in diversen Medienberichten hat zweifelsohne eine positive Wirkung auf die Besucherzahlen und somit auch auf den Umsatz.

Einen ähnlichen Nutzen aus diesem Effekt ziehen viele Clubbetreiber, die vor dem Eingang absichtlich eine Warteschlange entstehen lassen, obwohl der Club in Wirklichkeit kaum gefüllt ist. So wird eine Menschenmasse generiert, an der sich nach Absicht des Betreibers weitere potentielle Besucher orientieren sollen.

Möglichkeiten und Potentiale im E-Business

Auf Webseiten ist es normalerweise nicht ersichtlich, wie viele Nutzer sich momentan dort befinden oder wie viele bereits dort waren. Auch Warteschlangen gibt es im E-Business glücklicherweise nie.

Dennoch besteht eine Vielzahl an Möglichkeiten, die Beliebtheit und Nutzungshäufigkeit eines Onlineangebots zu kommunizieren.

Linda Bustos von getelastic.com trennt die Möglichkeiten in 5 Dimensionen:

The 5 Dimensions of Social Proof on Ecommerce Sites

  1. Lots of people like this / us.
  2. Someone important likes this / us.
  3. People like you like this / us.
  4. Your friends like this / us.
  5. You like this / us.

Die folgenden Beispiele fokussieren sich wie auch die obigen auf die erste Dimension – also die Wirkung der reinen Masse.

In der klassischen Werbung werden dazu Aussagen in folgender Form genutzt:

„Mehr als 95% der Befragten würden das Produkt weiterempfehlen.“
„Das meistverkaufte Auto Deutschlands.”
„über 100.000 zufriedene Kunden”

Im Internet bieten sich allerdings noch mehr Optionen..

Eine überzeugende und zudem leicht einzubindende Möglichkeit zur Vermittlung der Beliebtheit eines Produkts oder Services ist sicherlich der facebook Like-Button.

Facebook Like als Social Proof

Bei einer sehr geringen Anzahl an “Likes” kann die Einbindung des Widgets allerdings auch negative Auswirkungen haben.

Außerdem gilt es zu bewerten, ob der Einsatz des Buttons im vorliegenden Produktsegment überhaupt sinnvoll ist. So gewinnt ein besonders exklusives und/oder individuelles Produkt durch die Beliebtheit bei der Masse möglicherweise nicht wirklich an Wert und Begehrtheit.

Amazon nutzt die Verkaufszahlen bzw. Beliebtheit zur Kategorisierung der Artikel. Nutzer schließen auf Basis dieser “Eigenschaften” sehr oft auf die Qualität des jeweiligen Produktes.

Social Proof - Amazon

Viele Vergleichsportale wie 1-a-krankenversicherung.de liefern die Anzahl der Besucher oder Anfragen als Überzeugungselement.

Social Proof Besucherzahlen

Auf der Firefox-Downloadseite konnte durch die Darstellung eines Downloadzählers die bereits sehr hohe Konversionsrate nochmals deutlich gesteigert werden. Besonders hervorzuheben ist hier, dass der Zählerwert permanent aktualisiert wird.

Social Proof Downloads

Fazit

Menschen orientieren sich an Menschen – sowohl offline als auch online.
Dieses Verhaltensmuster kommt besonders dann zum tragen, wenn bei der Entscheidungsfindung Unsicherheiten auftreten. Sobald Fragen wie “Was soll ich tun/kaufen” oder “Wie soll ich mich verhalten” gestellt werden, ist es sehr wahrscheinlich dass der Masse “hinterhergerannt” wird.

Aus diesem Grund kann Social Proof durchaus als einer der stärksten Trigger der Konsumpsychologie betrachtet werden.

Was können wir daraus lernen?

  • Anzahl Kunden / Besuche / Lieferungen nennen
  • Kunden-Zufriedenheitsbefragung durchführen sowie kommunizieren
  • Große Zahlen nennen
  • Präzise Zahlen nennen
  • Ggf. Facebook-Widget sinnvoll integrieren

Was ist Ihre Meinung zu Social Proof im E-Business? Wo und in welcher Form ist dieses Prinzip nach Ihrer Meinung sinnvoll einzusetzen?

Über den Autor

Marcel Licht

Vorstand

Marcel Licht ist Vorstand bei konversionsKRAFT. Er beschäftigt sich seit 2009 mit der Conversion Optimierung von Websites namhafter Unternehmen aus den Bereichen Finanzen, Telekommunikation, Tourismus und Onlinehandel. Weiterhin ist Marcel Licht Dozent für Conversion Optimierung an der Hochschule Darmstadt. Seine Artikel erschienen bisher in Publikationen wie iBusiness, Website Boosting, t3n, Chip und weiteren Magazinen.
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8 Kommentare

  1. Gravatar

    Christian Rothe,

    Vielen Dank für diesen Artikel. Ich finde, dass er sehr wichtige und zutreffende Grundgedanken enthält. Die Beobachtungen von der Eisdiele decken sich mit meinen Beobachtungen: Der Mensch ist ein soziales Wesen und ist nicht gerne allein. Eine leere Kneipe bleibt leer, wogegen eine gut besuchte immer weitere Gäste anlockt.

    Allerdings bleibt für mich die Frage, wie man als kleineres Unternehmen diesen Effekt in der Praxis für sich nutzen kann? Die aktuell omnipräsente Masche kann es kaum sein: “Werde auf Facebook unser Fan und kassiere einen 5€-Gutschein”.

    Wie glaubwürdig sind gekaufte Facebook-“Freundschaften”? Welche Authentizität vermitttelt eine hohe Anzahl von Facebook-Freunden?

    Immerhin gibt es DAX-Konzerne mit weniger als 200 Facebook Freunden bzw. Likes (Fresenius Medical Care, Beiersdorf).

  2. Gravatar

    Tim,

    Kurze Anmerkung:
    Von Hollister gibt es in Deutschland mittlerweile 6 Filialen. Die Schlangenbildung tritt aber vor diesen weiterhin so auf.

  3. Gravatar

    Stefan Marx,

    Wir vertrieben in erster Linie Weiterbildungen. Kann es in dem Zug hilfreich sein, wenn wir eine künstliche Verknappung erzeugen. Zum Beispiel durch das Markieren bestimmter Termine als “ausgebucht”?

    So müsste ja auch der Eindruck einer hohen Nachfrage zu erzeugen sein.

  4. Gravatar

    Hendrik,

    Wer hat sich noch nicht über die lange Schlange vorm Club aufgeregt und musste nachher feststellen, dass die meisten Leute noch davor stehen.
    Aber das Prinzip ist klar und funktioniert, auch im E-Commerce.
    Ein Verweis auf Kundenbewertungen zu Shops oder einzelnen Produkten hat mir ein bisschen gefehlt..denn die sind nat. auch Bestandteil des Social Proof.

  5. Gravatar

    Torben Otto,

    Der “Social Proof” kann sicherlich an vielen Stellen (online sowie offline) ein sehr wirkungsvolles Marketinginstrument sein.

    Dass es aber nicht immer so sein muss, zeigt dieser interessante Test auf WhichTestWon.com: http://whichtestwon.com/archives/7707

  6. Gravatar

    Marcel Licht,

    Vielen Dank für Ihr Feedback!

    @Christian Rothe
    Auch als kleineres Unternehmen kann man diesen Effekt sicherlich für sich nutzen. Neben der Anzahl an Facebook-Likes können wie beschrieben ja noch weitere Zahlen als positive Faktoren kommuniziert werden.

    Ich stimme Ihnen auch zu, dass die aktuelle Masche, Facebookfans über Gutscheine zu generieren nicht unbedingt die sinnvollste ist. Zumal dadurch in hohem Maße sog. Einmalkäufer oder im schlimmeren Fall Dubletten, also mehrfache Registrierungen einzelner Personen, generiert werden.

    @Tim
    Danke für den Hinweis, ich habe es nun aktualisiert 😉

    @Stefan Marx
    Verknappung kann im Zuge der Verkaufsförderung durchaus sehr hilfreich sein. Dabei ist es allerdings sehr wichtig, dass die kommunizierten Aussagen auch der Wahrheit entsprechen. Ich hatte übrigens auch bereits geplant in Kürze über das Thema der Verknappung im E-Business zu schreiben – da wird es dann noch weitere Informationen dazu geben.

    @Hendrik
    Richtig, qualitative Kundenbewertungen sind natürlich auch ein sehr wichtiger Bestandteil des Social Proofs – allerdings wollte ich diesen Artikel zunächst lediglich auf die quantitative Wirkung fokussieren.

    @Torben Otto
    Wirklich sehr interessanter Test 😉

  7. Gravatar

    Helmut,

    Hallo, meinen Respekt für den hochwertigen Content. Normal gebe ich keine Kommentare ab, aber hier möchte ich mein Lob aussprechen. Ich bin über das Keyword “Social Proof” auf die Seite gekommen und der Beitrag hier ist eine echt verständliche Erklärung und ein echter “Mehrwert” für mich als Leser. Herzlichen Dank dafür.
    Weiterhin alles Gute
    Helmut Rossmann

  8. Gravatar

    Matthias Rohde,

    Hallo Marcel,
    ich habe eine Frage zum Tracking der Social Proofs. Aktuell liegt das Thema in aller Munde und ich probiere bei einem meiner Kunden diese mit Hilfe eines externen Tools aus. Hierbei werden die Proofs durch kleine Einblendungen ausgespielt und dem Endnutzer gezeigt, wie viele sich aktuell beispielsweise auf der Seite befinden oder auch wie viele das jeweilige Produkt gekauft haben.

    Wie kann ich nun beweisen, dass sich die Nutzung solcher Proofs lohnen, ohne das ich eine Möglichkeit habe eines A/B Testings? Das Tool selbst hat diese Funktion nicht und über Optimize oder andere Testing Tools lassen sich nur schwer umsetzen.

    Was ist dein Tipp wie ich herausfinden kann, ob die Einblendung wirklich einen Unterschied ausmachen?

    Vielen Dank für deine Rückmeldung.

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