Popup 2.0 – Schluss mit nervigen Layern auf Websites
Keine Ahnung, wie viele Popups ich schon hektisch weg-geklickt habe, ohne überhaupt gelesen zu haben, was drin stand. Und warum? Weil es im Zweifel sowieso nur Werbung war. Die Website will mir was andrehen, was ich überhaupt nicht haben möchte. Also: weg damit und weiter.
So handeln wohl die meisten Nutzer, wenn die bunten Fenster wie aus dem Nichts auftauchen und um unsere Aufmerksamkeit flehen. So hat es das Popup auch in der Studie The 7 Most Hated Internet „Innovations“ of All Time locker auf Platz #1 geschafft.
Eigentlich schade, denn allein aus der starken Blickwirkung eines Popups lässt sich so viel mehr herausholen – besonders für die Conversion Optimierung. Aber erstmal von vorne:
Warum werden Popups überhaupt so gerne eingesetzt?
Auf Websites kämpfen sehr viele Inhalte um die Aufmerksamkeit des Besuchers. Um die Blicke auf die „richtigen“ Stellen zu ziehen, wird mit bunten Buttons, eye-catchenden Störern und riesigen Headlines in Versalien alles andere als geizig umgegangen.
Alles wirkt wichtig – und am Ende gibt es oft überhaupt keine Priorisierung mehr.
Wie kann man da noch einen draufsetzen?
Das geht nur mit einem noch stärkeren Reiz. Denn: wenn ein intensiver und ein weniger intensiver Reiz gleichzeitig wahrgenommen werden, reagieren wir in der Regel auf den intensiveren.
Der intensivste Reiz von allen ist immer die Bewegung. Was sich bewegt ist gefährlich, neu oder cool. Es tut sich was – und deshalb ziehen auch Popups unsere Blicke automatisch an.
Das ist ja eigentlich auch nichts neues. Und dass die Technik nach wie vor funktioniert, zeigt beispielsweise eine Case Study von Dan Zarrella. Durch ein Popup konnte er die Subscription Rate seines Newsletters von 1.5% auf 3% verdoppeln, ohne dass sich die Bouncerate der Seite verschlechtert hat.
Auch der Trend um Exit-Intent Layer zeigt, dass das Thema sehr aktuell ist (nebenbei: Exit-Intent Layer sind Meldungen, die sich öffnen wenn der Besucher die Seite verlässt).
Das Problem an der Sache: Nutzer haben über die letzten Jahre gelernt, dass sich hinter Popups oder Layern (fast) immer irrelevante Werbung verbirgt. Diese negative Konnotation führt dazu, dass wir sie einfach wegklicken, um wieder den relevanten Content dahinter zu sehen. Sie werden von unserem Relevanz-Filter ausgeblendet, vergleichbar mit dem Banner Blindness Effekt.
Sterben Popups also aus?
Nein, ganz sicher nicht. Sie müssen sich allerdings weiterentwickeln und gezielt anpassen, um (wieder) besser zu funktionieren.
Dazu sollten die animierten Meldungen:
- nicht wie Werbung aussehen
- relevanten Inhalt liefern („da steht was Nützliches für mich drin“)
- und nur zum richtigen Zeitpunkt angezeigt werden
In den nächsten Abschnitten möchte ich 3 konkrete Tipps vorstellen, um dies zu erreichen.
Tipp 1: Alternative Animationen und Positionen wählen
Das typische Popup erscheint mitten auf dem Bildschirm, und verdeckt alle Inhalte dahinter. Das ist gelernt, und wird daher auch innerhalb von Millisekunden mit Werbung assoziiert. Ein möglicher Weg aus den „Vorurteilen“ ist es daher, mal einen anderen Weg zu gehen. Apple hat in seinem Betriebssystem OS X schon vor Jahren vorgemacht, wie das möglich ist.
Websites wie Booking.com bedienen sich diesem Prinzip. Sie nutzen damit die Vorteile der Animation (= Aufmerksamkeit), ohne den Besucher zu unterbrechen.
Booking.com
Eine weitere Möglichkeit sind sog. Sticky Elemente, die sich beim Scrollen fix an den Browserrand heften. Wenn sich alles andere bewegt, wirkt ein statisches Bild besonders attraktiv. Der Aufmerksamkeitsreflex wird also in dem Fall durch die Bewegung des Umfelds erzeugt.
Handelsblatt
Practical Ecommerce
Tipp 2: Relevanz ausstrahlen und Mehrwert bieten
Als Onlinekäufer bekommt man schnell das Gefühl, dass Popups nur ein Ziel haben: Newsletter-Anmeldungen. In Wirklichkeit sind die Einsatzmöglichkeiten aber viel breiter.
Die folgenden Beispiele führen zwar nicht gleich zu „echten“ Conversions, können aber dennoch positiv auf das Gesamtziel der Website einwirken.
- Statusnachrichten (Nutzeraktivität steigt)
- Hinweis zum Kategoriefilter (Interaktion mit der Seite steigt)
- Bitte um Login (Bestellwahrscheinlichkeit steigt)
Bei solchen Meldungen ist eine nüchterne Gestaltung sehr wichtig, um den informellen Charakter zu erreichen. Denn eine Kombination aus Neonfarben gepaart mit Versalien und Stockfotos wird wohl niemals als persönlich nützliche Meldung wahrgenommen werden.
Handelsblatt
Booking.com
Mister Spex
Tipp 3: Mit Bedacht einsetzen
Sehr häufig werden die Meldungen einfach allen Besuchern angezeigt. Immer wieder. Teilweise mehrmals innerhalb einer Session – auch wenn sie sich schon längst zum Newsletter registriert und den 5€ Gutschein abgegriffen habe.
Reize stumpfen schnell ab. Wenn ich 3x das gleiche angezeigt bekomme, werde ich es beim nächsten mal noch eher schließen. Und da wir der optischen Wirkung nicht entfliehen können, reagieren wir auf die Störung sehr schnell genervt. Im schlechtesten Fall verlassen wir die Seite und kommen nie wieder.
Die wichtigste Frage ist daher immer:
Ist die Info oder das Angebot im Popup wirklich für alle wichtig?
Ein Positivbeispiel sind hier Exit-Intent Layer. Denn diese werden nur für einen bestimmten Teil der Besucher ausgespielt – entsprechend Ihrer Customer Journey und im Idealfall mit direktem persönlichem Bezug.
Fazit
Animierte Popups oder Layer sind als Eyecatcher ein starkes Instrument, um Aufmerksamkeit gezielt zu lenken. Um die Wirkung nicht zu verfehlen, sollte dieses Mittel allerdings mit Bedacht und sehr gezielt eingesetzt werden. Mit Hilfe von A/B-Tests lässt sich schnell herausfinden, was funktioniert und was eher zu Reaktanz führt.
Abschließend nochmal alle Tipps in der Übersicht:
- echten persönlichen Mehrwert bieten
- Darstellung passend zum Inhalt wählen
- Zusammenhang zum Kontext der Seite beachten
- im A/B-Test neben Micro-CR und Bouncerate auch die Makro-CR messen
- Popups segmentiert ausspielen (z.B. nur für Neukunden, bei Exit-Intent, …)
Was ist Ihre Meinung zum Thema? Über Kommentare, Erfahrungen und weitere Ideen freue ich mich.
6 Kommentare
Laurent Müllender,
Exzellenter Artikel der sich mit vielen eigenen Beobachtungen deckt! Die Case Study von Dan Zarrella kann ich auch so unterschreiben.
Alex Gretschann,
Es gibt dann noch die Möglichkeit “Notification Bar” einzusetzen. Zum Beispiel eine Zeile Text und Button am oberen Rand der Website.
Patrick Lemke,
Ich finde gerade Facebook hat mit seinen Werbeanzeigen und Bannern einen hervorragenden Job gemacht. Mir werden auf meiner Facebook Seite fast nur relevante Anzeigen eingeblendet und wenn mich doch einmal etwas überhaupt nicht ansprechen sollte, dann kann ich die Anzeige einfach schließen und werde nicht mehr damit belästigt. Bei Google (v.a. YouTube) kann man das allerdings nicht. Was meint ihr dazu?
Stephan,
Mich nerven die (Exit-, Newsletter-, Was-auch-immer-) Layer einfach nur noch. Sorry, aber die Layer sind für mich genauso nervig wie Popups früher. Ich habe sie nicht aktiv aufgerufen, also will ich sie auch nicht sehen. Gerade habe ich mich entschlossen einen Blog-Beitrag genauer zu lesen (also das, was der Autor ja möchte) da wird mir ein Layer auf den Bildschirm geknallt. Egal was da drinsteht – für mich ist das ein klares Signal, dass ich den Inhalt der Seite anscheinend gar nicht lesen soll. Der Layer ist dem Betreiber wohl wichtiger. Für mich in den meisten Fällen der Ausstiegspunkt.
kundentests.com,
Ich stimme dem Autor zu! Es muss was verändert werden, weil es momentan einfach nur nervt. Eine Leiste an der Seite stört niemanden und jeder kann drauf klicken wann immer er/sie möchte.
bachelorarbeitschreiben.org,
Danke sehr für solchen informativen Artikel! Es ist echt cool, wenn man sowas schreibt, um den Menschen zum Denken anzuregen! Danke dem Autor für persönliche Gedanken!