Konversionkiller: Cross-Selling und Werbung above the Fold
Kennen Sie das? Sie haben sich über ein Produkt ausreichend im Internet informiert und möchten jetzt einen Kauf tätigen. Sie nutzen eventuell Preisvergleichsseiten oder einfach die Google Suche um einen Anbieter zu finden, der Ihren Anforderungen gerecht wird. Ich selbst kaufe sehr viel online ein. Dabei stoße ich immer wieder auf Dinge die mich wirklich stören. Wenn ich kaufen möchte, dann intressiert es mich nicht was es sonst noch für tolle Dinge im Online-Shop gibt oder dass ich etwas geschenkt bekomme, wenn ich das erste Mal bestelle. André hat dieses Problem bereits in seinem Post “Un-Commerce – wie Konsumenten und Kommerz sich verändern” beschrieben. Ich möchte dieses Thema aufgreifen und mit Eyetracking Ergebnissen erweitern.
Die These: Cross-Selling und Werbung lenkt ab
Ob die Eigenwerbung bzw. das Cross-Selling in einem Shop contraproduktiv ist, wird in meinen Augen durch die Position, Menge und Sichbarkeit bestimmt. Cross-Selling an der richtigen Stelle wirkt sich definitiv positiv auf die Warenkorbgröße aus. Auch können gezielte Werbemaßnahmen innerhalb der Seite sinnvoll sein. Der Einsatz dieser Elemente sollte jedoch immer gut überlegt sein, sonst lenken Sie unnötig vom eigentlichen Sinn der Seite ab.
Die Testkandidaten
Ich habe heute zwei unterschiedliche Testreihen aus dem Bereich Kosmetik im Test.
Testreihe 1: Yves Rocher – Kategorieseite
Original Kategorie-Seite
Für den Test habe ich zwei Varianten dieser Seite erstellt. Als erstes habe ich die rechte Spalte aufgeräumt und nur die Webebotschaft “Nr. 1 in Körperpflege” drin gelassen.
Kategorie-Seite – Nur eine Box
In der zweiten Variante wurde der rechte Bereich komplett entfernet und der Content mit etwas mehr Weißraum zentriert platziert.
Kategorie-Seite – Kein Cross-Selling
Testreihe 2: Dr. Grandel – Produkt-Detailsseite
Um die Wirkung einer ungewöhnlichen Positionierung von Cross-Selling auf einer Produkt-Detailsseite zu testen bietet sich der Webshop von Dr. Grandel an. Hier ist das Cross-Selling in der rechten Spalte angesiedelt.
Original Produkt-Detailsseite
Um herauszufinden, ob das Cross-Selling in dieser Position vom eigentlichen Content ablenkt, habe ich das Cross-Selling entfernt und dem Content etwas mehr Weißraum verpasst.
Produkt-Detailsseite ohne Cross-Selling
Der Versuchsaufbau
Das Eyetracking wurde mit 10 Probanden im 5 Sekunden-Test-Verfahren mit 3 Sekunden Blick-Neutralisierung durchgeführt. Es waren 7 Frauen und 3 Männer im Test. Keiner der Probanden kannte die Website oder die Intension des Tests. Die Reihenfolge der Screens wurde jeweils zufällig ausgewählt. Es wurde darauf geachet, dass sich die beiden Test-Reihen jeweils abwechseln.
Die Ergebnisse Testreihe 1: Werbung auf Kategorie-Seite
Heatmap original Kategorie-Seite
In der Heatmap sieht man wie stark der rechte Bereich vom eigentlichen Content der Seite – den Produkten ablenkt. Besonders stark ist die Darstellung des Werbemotivs “Tasche als Gratis-Geschenk”. Die Nutzer können sich in den 5 Sekunden scheinbar kaum von diesem Motiv lösen. Geschuldet wird dies sicher auch durch das Foto der Taschen in einem grellen Orange auf einer sonst eher grünlichen Website.
Heatmap Kategorie-Seite – Nur eine Box
Bereits in dieser Version der Seite wird deutlich, dass der reduzierte “Werbeblock” auf der rechten Seite nicht mehr so stark vom eigentlichen Content der Seite ablenkt. Der Nutzer nimmt jetzt viel mehr von der Produktliste wahr, als noch in der Original-Version. Trotzdem bleibt auch hier der Nutzer stark an der Werbebotschaft hängen, verliert dort jedoch nicht so viel Zeit.
Heatmap Kategorie-Seite – Kein Cross-Selling
Reduziert man jetzt die Seite noch weiter, indem man die Werbung komplett entfernt und das Layout dann zentriert wird das Ergebnis erwartungsgemäß noch deutlicher. Jetzt nimmt der Nutzer noch mehr von der Produktliste und der Navigation wahr.
Die Ergebnisse Testreihe 2: Cross-Selling above the Fold
Heatmap original Produkt-Detailsseite
Hier sieht man deutlich, dass das Cross-Selling auf der rechten Seite den Fokus stark auf sich zieht und sich somit ein zweiter Wahrnehmungsblock über dem Cross-Selling bildet. Durch die ungewöhnliche Form und den hohen Kontrast des Fotos zum Rest der Seite wird dies noch unterstützt. Auffällig ist dass der Beschreibungstext und die Videofunktion kaum wahrgenommen wird.
Heatmap Produkt-Detailsseite ohne Cross-Selling
Ein viel straighteres Bild bietet die Version der Seite ohne Cross-Selling. Der Nutzer setzt sich hier viel intensiver mit der Produktbeschreibung auseinander. Im Gegensatz zur Original-Version verweilen die Blicke des Nutzers fast doppelt so lange auf den Produktinformationen und werden somit sehr viel genauer aufgenommen. Auch Videofunktion und Produktbeschreibung werden deutlicher wahrgenommen.
Fazit
Der erste Testreihe zeigt deutlich, wie stark der “wirre” rechte Bereich im Original die Nutzer vom eigentlichen Content ablenkt. Es wäre in diesem Fall sinnvoll die Elemente deutlich zu reduzieren. Eine Promotion für z.B. Give-Aways für Bestellungen macht auf einer Kategorie-Seite sicher weniger Sinn und sollte auf die Detail-Seite verschoben werden. Meine Empfehlung ist, wirklich darauf zu achten den Bereich rechts vom Content möglichst freizuhalten. Elemente die dort platziert werden, haben eine extrem hohe Aufmerksamkeit (siehe Kategorieseite mit einer Box). Dieser Platz sollte also nur strategisch wirklich wichtigen Elemente vorbehalten sein.
Wenn ich mir die zweite Testreihe nochmal ansehe, frage ich mich, warum diese Art der Darstellung gewählt wurde. Wenn man sich in den Kunden versetzt, wird die Gestaltung auch nicht wirklich klarer. Der Nutzer hat sich für ein Produkt entschieden und muss jetzt eventuell überprüfen, ob es das richtige für Ihn ist. Sollte das nicht der Fall sein, benötigt er die Alternativen des Cross-Sellings. Aus diesem Grund sollten diese unterhalb des Artikels angezeigt werden. Wichtig ist hierbei, dass ich nicht die Funktion des Cross-Sellings allgemein in Frage stelle. Es geht mir nur um die Gewichtung der Elemente zueinander. Diese sollte immer den Denkmustern und Bedürfnissen des Kunden folgen.
Zusammfassend kann man sagen, dass potentiell ablenkenden Elemente im sichtbaren Bereich zu vermeiden sind. Nutzen Sie Testing um die Ergebnisse für Ihre Website zu verifizieren.
Ich wünsche viel Erfolg beim Optimieren!
12 Kommentare
Daniel,
Hallo Thorsen,
danke für den Interessanten Artikel.
Wie schaut es aus, wenn die rechte Spalte nur Textbotschaften enthält, die mit kleinen Web-Icons unterstützt werden?
Ich denke da an Kontaktmöglichkeiten (Telefon, Kontaktformular), Merkliste usw.
Danke fürs Feedback.
Daniel
Torsten Hubert,
Das kann man pauschal leider nicht sagen. Es kommt immer auf die Situation drauf an, in der sich der Nutzer befindet.
Pauschal könnte man sagen: wenn es für den Nutzer wirklich sinnvolle Informationen sind, würde ich einen A/B Test machen um rauszufinden ob Sie wirklich sinnvoll sind.
Wenn man jedoch Zweifel daran hat, sollte man es auf jeden Fall weglassen.
Am besten ist es, man versetzt sich bei der Entscheidungsfindung in die Rolle des Kunden / Besuchers und setzt dabei den schwarzen Hut auf. Findet man Störfaktoren zu diesen Elementen dann anpassen bzw. raus damit (oder zumindest in einen A/B-Test).
Schöne Grüße,
Torsten
Marian Steinbach,
Können Sie uns sagen, mit welcher Aufgabenstellung die Probanden die Seiten betrachtet haben? Oder haben Sie einfach gesagt “Schauen Sie sich mal diese Seite an.”?
Daniel,
Hallo Thorsten.
Merci für die rasche Antwort. Wir sind noch in der Layout-Phase, deshalb gibt’s noch keine A/B Tests. Jedoch werden wir die Erfahrungswerte einfließen lassen und streichen überflüssges Cross-Selling.
Danke & Gruß
Daniel
Bastian Sens,
Hallo Torsten,
da der Bereich so eine hohe Aufmerksamkeit erhält, würde ich daraus schließen auf jeden Fall die vertrauensvollen Logos (Trusted Shops etc.) dort zu platzieren. Gerade wenn der Shop nicht so bekannt ist, kann man so sehr gut Vertrauen bei den Besuchern herstellen. Cross-Selling würde ich dann eher im Content-Bereich unter einem Artikel einfügen. Oder?
Gruß Bastian
Michael Vieten,
Aus genau diesen Gründen haben wir die Werbeflächen unserer Affiliate Partner wieder gekündigt. Auf unserer Homepage werben wir nur noch für eigene Produkte. Der Onlineshop ist komplett werbefrei.
Emanuel,
ein durchaus interessanter artikel. aber zum titel muss ich leider sagen, dass das die krasseste form von kauderwelsch ist, die mir seit langem untergekommen ist. da wird einem beinahe schwindelig beim lesen 😉
Torsten Hubert,
@Martin Steinbach:
Die Aufgabe war, sich von der Seite und den dort dargestellten Inhalten ein Bild zu machen. Themenumfeld wurde vorab bekannt gegeben.
@Bastian Sens:
Japp… 😉
@Emanuel:
Sorry. Ich hoffe dir gehts wieder gut. Wollte mit dem Titel keine Wahrnehmungsstörungen hervorrufen… 😉
Linda,
// reicht Emanuel einen kühlen Drink ….
Stephan,
Die Ergebnisse sind leider wertlos. Natürlich schaut man mehr auf den vorhandenen Content als auf den (mehr oder weniger) nichtvorhandenen Werbe/Cross-Selling-Bereich. Und Werbung wird ja platziert um beachtet zu werden.
Die eigentliche Frage ist doch: “Welche Variante generiert mehr Umsatz?” Dafür müsste man einen längeren A/B Test machen.
Steffen,
Der Konversionskiller-Beitrag ist sehr hilfreich. Danke.
Alexander Boos,
Hallo!
Sehr informativer Artikel! Dennoch bin ich der Meinung dass die Ergebnisse in diesem Bereich doch sehr individuell sind und auch so bewertet werden sollten.
Denn jeder verfolgt mit seinem Webauftritt ein anderes Ziel – im weiteren Sinne. Natürlich ist eigentlich fast jeder, wenn er nicht gerade einen Wohltätigen Zweck verfolgt, daran interessiert, mit dem eignen Webauftritt (möglichst viel) Geld zu verdienen. Und selbst hier geht es darum, Geld zu „verdienen“, wenn auch nicht mit Gewinnmotiven.
Man kommt kurz oder lang nicht um einen „Split-Test“ herum, der dann genau zeigt, welche Version der Seite den größten Erfolg bringt. Wenn man zum Beispiel Listenaufbau im Fokus hat, dann sollte man die Besucher mit absolut nichts „Fremdem“ ablenken!
Bei einem Onlineshop kann es durchaus Sinn machen, am Rand weitere Produkte gezielt zu empfehlen. Das Thema „Cross-Selling“ ist überhaupt mit Bedacht anzuwenden. Aber wenn es richtig angewandt wird, dann kann es ein sehr, sehr mächtiges Marketing-Instrument sein!
Liebe Grüße
Alexander Boos