Landingpage-Optimierung Tipp #4 – Gefahr durch Blicke
Sicher haben Sie meinen letzten Landingpage Tipp “Schau mir in die Augen” gelesen. Dort gehe ich schon auf die Möglichkeiten der Aufmerksamkeitssteuerung durch Blicke ein. Dieses Thema möchte ich in diesem Artikel vertiefen und eine mögliche Gefahr bei der Nutzung von Personen auf Landingpages aufzeigen.
“Eine Person auf einem großem Visual schaut Sie an. Sie können Ihre Blicke kaum davon lösen, so stark ist das Bedürfnis den Blick zu erwiedern. Kennen Sie das? Ich denke, dass ist jedem von uns schon einmal passiert.” So lautet die Einleitung in meinem Landingpage-Tipp #3. Auch für diesen Post passt diese Einleitung sehr gut, auch wenn die Bedeutung deutlich negativer gemeint ist.
Die These: Blicke können ablenken
Neben der Möglichkeit die Aufmerksamkeit durch Blicke zu lenken, liegt die Vermutung nahe, dass je nach Aufmachung der Landingpage Blicke auch ablenken können. Besonders, wenn die Person direkten Augenkontakt zum Nutzer sucht.
Die Eytracking-Testkandidaten
Die beiden Screenshots unterscheiden sich lediglich durch das Primär-Visual.
Version 1: Dose als Primär-Visual
Version 2: Frau als Primär-Visual
Der Versuchsaufbau
Per Eyetracking versuche ich herauszufinden, ob durch direkte Blicke in die Kamera Personen vom Content abgelenkt werden können. Den 10 Probanden wurden jeweils zwei Screenshots in einem 5-Sekundentest gezeigt. Unterbrochen wird der Test jeweils durch die üblichen 5 Sekunden Rauschen um die Blickposition zu neutralisieren. Die Reihenfolge der beiden Screens wurde pro Proband getauscht, so dass jeder Screenshot genau 5 Mal als erstes gezeigt wurde.
Es wurden den Probanden zwei Screenshots gezeigt um einen “Zweitkontakt” mit der Seite in den Test einzubeziehen. Insgesamt hatte der Proband somit 10 Sekunden Zeit alle Inhalte der Seite zu scannen und jedes Element anzusehen.
Die Ergebnisse
Heatmap 1: Dose
Deutlich zu erkennen ist, dass die Nutzer im Test viele Bereiche der Landingpage visuell aufnehmen. Jeder relevante Bereich zeigt Blickkontakte. Kein Bereich sticht wirklich hervor. Es ist eine relativ gleichmäßge Verteilung der Blicke.
Heatmap 2: Frau
Hier bietet sich uns ein komplett anderes Bild.Der Nutzer klebt förmlich an den Blicken der Frau und dem Sekundär-Visual der Drucker. Die Headline und die Call-to-Action werden noch wahrgenommen, der komplette Text fällt hinten runter und wird vom Nutzer missachtet.
Eytracking-Cluster
Cluster Dose:
Noch deutlicher erkennt man die fast gleichförmige Aufmerksamkeit der Nutzer in diesem Cluster. Runde 90% aller Probanden nehmen alle relevanten Elemente der Seite auf. Das Keyvisual wird nur von 78% wahrgenommen.
Cluster Frau:
Extrem ist hier vor allen Dingen die starke Fokussierung der Nutzer. 100% nehmen die Frau und die Drucker wahr. Die Headline nehmen nur noch 40% wahr. Die Call-to-Action liegt ähnlich wie beim ersten Beispiel bei rund 60%.
Fazit
Blicke durch Personen können Blicke nicht nur auf Call-to-Action lenken, sondern auch vom Content ablenken.
Das Problem beim Einsatz von Personen ist, dass hier nicht die Qualität des Produkts über eine positive Bewertung und somit eventuell über eine Konversion entscheidet, sondern nur die emotionale Region des Gehirns. D.h. passt uns “die Nase der Person” nicht kann dies schnell zu einem Abbruch des Besuchs führen. Dies geschieht häufig, ohne dass sich der Nutzer mit den weiteren Inhalten der Seite auseinander setzt und allein auf Basis von Sympathie.
Der Tanz auf Messers Schneide lohnt sich in vielen Fällen trotzdem. Durch Personen lassen sich definitv mehr Emotionen beim Nutzer erzeugen und Konverisonsraten steigern. Testen Sie und sie werden immer wichtige Informationen über Ihre Nutzer erfahren.
Für alle Statistikverliebten habe ich noch eine detaiilierte Aufstellung der Sichtkontakte der unterschiedlichen Area-of-Interests angefertigt.
8 Kommentare
webSimon,
Klingt logisch.
Nur frage ich mich, wie sich die Sichtkontakte dann schlussendlich auf die Conversion auswirken. Es könnte ja zum Beispiel sein, dass die Tester bei der Version mit der Frau nur durch die begrenzte Zeit den Text missachten und unter realen Bedingungen doppelt so lange auf der Seite geblieben wären und eventuell sogar für bessere Conversions gesorgt hätten.
André Morys,
Hallo WebSimon,
aus verschiedenen Tests in denen die Conversion gemessen wird kenne wir vor allem bei Single-Product-Pages das Phänomen, dass ein guter “Hero-Shot” vom Produkt für höhere Conversion Rates sorgt als ein Bild lächelnder Menschen. Dieses Eyetracking-Experiment zeigt die Hintergründe zu diesem Effekt – Menschen lenken zu stark vom Inhalt ab.
Torsten Hubert,
Das ist das Spannende an Landingpage-Optimierung. Voraussagen kann man das Ergebnis nicht. Es bleibt nur das Austesten. Entweder qualitativ über Nutzerbefragungen / Labs oder quantitativ über A/B-Tests.
Marian Steinbach,
Mich würde interessieren, wie die Aufgabenstellung für die Probanden lautete. Mit welcher Absicht sollten sie sich die Screenshots ansehen?
Wie Susan Weinschenk (“Neuro Webdesign”) vor nicht allzulanger Zeit noch mal festgestellt hat, ist die Aufgabe von entscheidender Bedeutung für das Blickverhalten. Mehr dazu: http://uxzentrisch.de/studie-eyetracking/
Kim,
Interessanter Bericht. Optisch ist die Dame natürlich ansprechender und normalerweise sagt man(n) doch “Sex Sales”. Das ist das schöne an A/B-Tests! Die Berichte / Tests von Wichtestown finde ich auch ganz interessant. Gute Info.
webSimon,
Hi André, Danke für die Antwort, gut zu wissen.
Matthias Henrici,
Ergänzend zu diesem Post gibt es einen spannenden Stern-Artikel http://www.stern.de/wissen/mensch/kopfwelten-schau-mich-bitte-nicht-so-an-1549439.html
Dirk,
Der Bericht ist echt gut, aber wie kann ich bei meiner Seite eine Landing Page erstellen. Oder was kann ich da drauf packen, dass es was bringt?