Consumer Insights

Warum die besten Optimierer:innen auf Mixed-Methods setzen

Cornelia Schnell
 Lesezeit: 6 Minuten    
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Denkst du bereits in Mixed-Methods oder wie wählst du geeignete Research-Methoden für deine Zielstellung aus?

Im Bereich der Customer Insights siehst du dich mit einer fast unbegrenzten Anzahl an Möglichkeiten konfrontiert, wie du Daten einsammeln kannst.

Im Alltag entscheidest du dich daher logischerweise für eine qualitative oder quantitative Methode.

Diese Unterscheidung ist auch hilfreich, um diejenige Methode auszuwählen, die voraussichtlich am sinnvollsten zu nutzbaren Ergebnissen führt. Außerdem hilft dir die Unterteilung, einen Überblick zu erhalten, was entlang der Research möglich ist.

Es wäre jedoch falsch, in dieser Methodenteilung einen Graben zu sehen, der nicht überschritten werden kann oder darf.

Insbesondere in Projekten, die auf eine langfristige und kontinuierliche Begleitung und Optimierung abzielen, ist es sinnvoll, verschiedene Methoden zu kombinieren, um so die Stärken beider Paradigmen auszunutzen, während sich die Schwächen in der Summe gegenseitig aufheben.

Die zwei relevanten Begriffe in diesem Kontext sind Methodentriangulation und Mixed-Methods.

Was ist eine Methodentriangulation?

Methodentriangulation bezeichnet die Kombination verschiedener qualitativer und quantitativer Research-Methoden, um:

  • einen Forschungsgegenstand aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten
  • ein ganzheitliches Verständnis des Problems zu gewinnen
  • alle relevanten Informationen einzufangen

Ein Beispiel für eine Triangulation mittels qualitativer und quantitativer Forschung siehst du in der nachfolgenden Abbildung.

Beispiel_für_-Methodentriangulation
Beispiel für eine Methodentriangulation aus qualitativer und quantitativer Forschung mit Analytics, Onsite Survey und Jobs to Be Done.

Wie du siehst, können bei der Methodentriangulation mehrere quantitative und mehrere qualitative Methoden kombiniert werden, um sich der Fragestellung bestmöglich zu nähern.

Beispiel für eine Methodentriangulation

Schauen wir uns als Beispiel einen fiktiven Online-Store an. Dieser will nach einigen Jahren seine Kund:innen besser verstehen und durch mehr Kundenzentrierung das Business anheben.

Das Customer Insights Team könnte zunächst damit beginnen, mit einigen Kund:innen Interviews zu führen und ihre Customer Journey zu begleiten, um zu verstehen:

  • wie sich die Kund:innen auf der Website bewegen
  • wie der erste Eindruck ist
  • auf welche emotionalen oder funktionalen Hürden sie treffen
  • wie der Onlineshop im Vergleich zu den direkten Wettbewerbern abschneidet

Eventuell stellt sich nun bei den Interviews heraus, dass die Kund:innen die Navigation unübersichtlich und überladen finden.

Das CI-Team könnte somit als Nächstes eine Fokusgruppe mit Teilnehmer:innen der verschiedenen Kundengruppen durchführen.

Anhand von Card Sorting können die Teilnehmer:innen angeregt werden, sich mit der bestehenden Navigationsstruktur zu beschäftigen, diese zu durchdringen und ggf. eine eigene, neue Variante zu erstellen, die ihren Bedürfnissen eher entspricht.

Hier kombiniert das Team zwei qualitative Methoden (Interviews und Fokusgruppe), um sich dem Problem der Navigation zu nähern.

Zwischenfazit Methodentriangulation
Alle Mixed-Methods-Designs sind Triangulationen, aber nur bestimmte Triangulationen sind Mixed-Methods. Die Ergebnisse beziehen sich dabei auf ein gleichbleibendes Forschungsziel. Die Methodentriangulation ist das breitere Konzept: die Kombination verschiedener Methoden, egal ob nur quantitativ, ausschließlich qualitativ oder beides. Mixed-Methods sind eher der Spezialfall, da es beides sein muss. Du bist dir unsicher, welche Research-Methoden für deine Fragestellung am besten geeignet sind? Sieh dir unterstützend den Beitrag Product Discovery oder Consumer Discovery – welche Methoden liefern die gewünschten Resultate? an

Was ist ein Mixed-Methods-Design?

Der Begriff Mixed-Methods bezeichnet eine Sonderform der Triangulation, bei der qualitative und quantitative Methoden so kombiniert werden, dass die Ergebnisse der verschiedenen Methoden aufeinander bezogen und verknüpft werden, um ein tiefgreifendes Verständnis entlang des Untersuchungsziels zu ermöglichen.

mixed_methods

Welche Arten von Mixed-Methods gibt es?

Im Mixed-Methods-Design können unterschiedliche Methoden parallel oder zeitversetzt durchgeführt werden:

  1. Explorativer Ansatz: zuerst qualitativ und anschließend quantitativ
  2. Explanativer Ansatz: zuerst quantitativ und dann qualitativ
  3. Paralleler Ansatz: z.B. können zeitgleich Interviews und eine Umfrage durchgeführt werden, deren Ergebnisse dann bei der Auswertung zusammengefügt werden. Dieses Vorgehen ist jedoch in der Praxis eher selten anzutreffen, da wir unsere Erkenntnisse durch das Mixed-Methods-Design aufeinander aufbauen wollen.

Im Kern existieren also zwei Ansätze: der explorative und der explanative Ansatz.

Vergleich_Mixed_Methods_Design
Vergleich Mixed-Methods-Design: explorativer und explanativer Ansatz.

Beim explorativen Ansatz, der in der Kundenforschung häufiger anzutreffen ist, werden z.B. anhand qualitativer Interviews, zunächst Informationen gesammelt, um das Problem zu verstehen.

Mittels dieser Grundlagenforschung werden die daraus gezogenen Insights und Ableitungen anschließend quantitativ überprüft oder auf eine große Teilnehmerzahl übertragen.

Im explanativen Ansatz leitest du aus der aktuellen Research z.B. mittels einer quantitativen Umfrage Hypothesen ab, um diese im Anschluss mit einem qualitativen Zugang tiefergehend zu analysieren, zu bestätigen oder zu widerlegen.

 

Beispiel für Mixed-Methods-Design

Würde das bereits erwähnte Customer Insights Team nach den Interviews und der Fokusgruppe noch eine quantitative Befragung durchführen, zum Beispiel eine On-Site Survey, bei der Seitenbesucher gefragt werden, ob sie mit der Navigation zufrieden sind, würden sie im Mixed-Methods-Design arbeiten.

Die Daten aus dieser Survey können dazu dienen, anhand einer großen Stichprobe zu überprüfen, ob die neue Navigation wirklich besser ist und so die Ergebnisse validieren.

Weitere Beispiele für Mixed-Methods:
Beispiel_Mixed_Methods

Vorteile eines Mixed-Methods-Designs:

    • Ein besseres Verständnis des Problems, da verschiedene Blickwinkel einbezogen werden.
    • Offene und geschlossene Fragen können gleichermaßen beantwortet werden.
    • Bessere Handlungsempfehlungen und Insights, da sie auf verschiedenen Quellen und auf verschiedenen Kundenaussagen in unterschiedlichen Kontexten beruhen.
    • Schwächen unterschiedlicher Methoden gleichen sich aus. Widersprüchlichkeiten entlang der Ergebnisse können besser aufgedeckt und analysiert werden.
    • Tiefgehende, detailreiche Insights (qualitativ), die direkt überprüft und validiert werden können (quantitativ).
Zwischenfazit Mixed-Methods-Design

Innerhalb der Mixed-Methods zu arbeiten bietet diverse Vorteile, um Fragestellungen besser empirisch zu analysieren. Eine Herausforderung der Methoden-Kombination ist es jedoch, dass die zeitlichen Anforderungen höher sind. Durch den Einsatz verschiedener Methoden dauert es konsequenterweise länger, bis Ergebnisse weitergegeben werden können. Innerhalb der Mixed-Methods schließt sich ein zweiter Zyklus aus Planung, Durchführung und Auswertung an. Zudem müssen die Ergebnisse in Beziehung gebracht und gemeinsam analysiert werden, um den größtmöglichen Impact zu garantieren.Gegebenenfalls ist auch mehr personeller Aufwand nötig, da im Mixed-Methods-Design als Tandem gearbeitet werden sollte und häufig muss. Denn je nachdem, was man kombiniert, gibt es meistens zu wenige Research-Professionals, die beide Forschungsfelder abdecken, z.B. Web-Analytics und klassischen User Research.Falls du im typischen Methodenspektrum der Customer Insights bleibst (wie die Fokusgruppe + Survey Kombi von oben), ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass eine Person beides begleiten kann, aber die Ergebnisse eingeschränkter betrachtet werden, z.B. weil die Analyse lediglich aus der Analytics-Brille betrachtet wird.

Triangulation oder Mixed-Methods: die sinnvolle Kombination

Wenn du dich mit empirischer Forschung beschäftigst, solltest du immer prüfen, ob sich eine Kombination unterschiedlicher Research-Methoden anbietet, um bestmögliche Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zu gewinnen.

Indem du dein Forschungsdesign so ansetzt, dass du Methoden kombinieren kannst, wirst du Ergebnisse besser verknüpfen können und dich entlang deiner Empfehlungen absichern.

Mit einer Triangulation, die rein qualitativ bleibt, kann das Problem aus unterschiedlichen qualitativen Blickwinkeln betrachtet werden, z.B. indem du dir erst die Gruppendynamik zunutze machst und in einer Fokusgruppe eine Navigation entwickeln lässt, welche anschließend in moderierten Customer Journeys anhand eines Prototyps intensiv überprüft wird, um mittels Feedback herauszufinden, was funktioniert oder nicht.

Bei einer quantitativen Kombination, z.B. Analytics und Survey, könntest du zuerst in den Analytics Daten schauen, wo Hürden oder Abbrüche sind, oder wo du ungewöhnliches Nutzerverhalten beobachtest, um daraus Hypothesen abzuleiten.

Anschließend kannst du in eine Umfrage gehen und die Nutzer zu diesen Themen genauer befragen.

Innerhalb der Mixed-Methods kommt es gezielter darauf an, dass sich die Vorteile von qualitativer und quantitativer Methodik richtig ergänzen, sodass sich die Nachteile aufheben.

Du willst sowohl die Informationstiefe / Kreativität, welche dir der qualitative Ansatz liefert, als auch die Datenpower und Validität, die du nur durch quantitative Insights bekommst, nutzen.

Arbeitest du bereits im Mixed-Methods-Design oder mit der Methodentriangulation?

Warum, warum nicht?

Lass es mich in den Kommentaren wissen!

Über den Autor

Cornelia Schnell

Mitglied des Management Teams / Head of UX Research & Design

Cornelia Schnell ist Head of UX Research & Design bei konversionsKRAFT. Mit einer Leidenschaft für richtig guten Research beschäftigt sie sich seit 10 Jahren mit der Frage, wie mediale und digitale Angebote auf Menschen wirken. Seit 2019 ist sie bei konversionsKRAFT  Expertin für qualitative, quantitative und physiologische Methoden und sorgt dafür, dass gute Customer Centricity auf die Bedürfnissen echter Kund:innen aufbaut. Als Autorin des t3n-Guides “Einstieg in Customer Insights: Kund:innen richtig zuhören” (2022) und Dozentin an der THWS vermittelt sie praxisnahes Wissen für erfolgreichen CX Research.

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