Konsumpsychologie

Nachgewiesen: Mit dem “Reason Why” werden Menschen überzeugt

jmorys
 Lesezeit: 6 Minuten    
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Diese Woche stellen wir Dir wieder ein Behavior Pattern vor: Den „Reason Why“ – Effekt. Ariane, Stefan und Jenny zeigen Dir in diesem überzeugungsKRAFT-Video anhand vieler Beispielen aus der Online-Welt, wie Du Begründungen verkaufsfördernd einsetzt. Viel Spaß beim Ansehen!

TIPP: Lass Dir kein Video von überzeugungsKRAFT entgehen und abonniere unseren YouTube Channel. 😉

Der “Reason Why-Effekt”… aus gutem Grund!

Das Prinzip „Reason Why“ besagt, dass wir eher gewillt sind, einer Bitte oder Aufforderung nachzukommen, wenn diese begründet wird. Ein guter und nachvollziehbarer Grund funktioniert dabei besonders gut, allerdings lassen wir uns auch von einem weniger plausiblen Grund eher überzeugen, als wenn gar keine Begründung geliefert wird.

Wissenschaftlich belegt

Dazu gibt es eine spannende Studie von Ellen Langer. Hier wurde konkret untersucht, wie wichtig eine Begründung ist, wenn Menschen um etwas gebeten werden.

Der Versuchsaufbau:

An einem Kopiergerät, vor dem sich eine Schlange gebildet hatte, versuchte die letzte Person in der Reihe, weiter nach vorne zu kommen.

Fall A) Zuerst fragte sie ohne genaue Begründung, ob sie vorgehen dürfe (“Darf ich zuerst an den Kopierer?”).

Fall B) Im Anschluss dann mit einer plausiblen Erklärung („Darf ich zuerst an den Kopierer, weil ich es sehr eilig habe?“).

Fall C) Und zuletzt mit einer eher absurden Begründung..(“…weil ich ein paar Kopien machen muss!”).

Das erstaunliche Resultat:

Die Studie zeigt den starken Einfluss eines Grundes (Reason Why): Ohne Begründung wird die Person nur von 60% der Wartenden vorgelassen, mit Begründung von mehr als 90%. Dabei scheint es keine große Rolle zu spielen, ob die Begründung relevant ist oder nicht. Entscheidend ist, dass überhaupt ein “Reason Why” angeführt wird.

Quelle: Langer, E., Blank, A., & Chanowitz, B. (1978). The mindlessness of Ostensibly Thoughtful Action: The Role of “Placebic” Information in Interpersonal Interaction

4 konkrete Anwendungsbereiche für den Reason Why – Effekt

Aus dem Alltag kennen wir z.B Werbeslogans, die sich dieses Effekts bedienen:

Weil Sie es sich wert sind.“ (L’Oreal)

oder

Weil einfach einfach einfach ist.“ (Simyo)

Obwohl beide Slogans objektiv gesehen keine wirklich tiefgreifende Botschaft vermitteln, bleiben sie im Kopf und vermitteln uns alleine durch die Verwendung des Wortes „weil“ den Eindruck, eine Begründung zu liefern, hier Kunde zu werden. Gute und nachvollziehbare Gründe überzeugen dennoch stärker. Sie sind auch meist vorhanden, sollten aber sichtbar gemacht werden.

In der Online-Welt kann dieses Prinzip recht einfach auf verschiedenste Art umgesetzt werden.

Hier kommen 4 konkrete Anwendungsbereiche, veranschaulicht durch 10 Beispiele

(im Video sind es noch einige mehr 😉 )

1. Präsentiere “Gute Gründe” für den Anbieter

Ein gute Möglichkeit, den Kunden vom eigenen Unternehmen zu überzeugen, sind die UVPs, die „Unique Value Propositions“. Hier sollten starke Gründe dafür geliefert werden, warum genau auf dieser Seite auf die Bedürfnisse des Nutzers am besten eingegangen wird. Als Anbieter kann man sich hier einfach die Frage selbst stellen: „Warum sollte jemand bei mir bestellen und nicht bei Zalando oder Amazon?“. Meist ist die Antwort darauf die beste Begründung, die man dem Kunden liefern kann – und sollte. Sie können z.B. als eingängiger Slogan oder „Untertitel“ präsentiert werden, aber in Form einer klassischen Vorteilskommunikation. 

Ein gutes Beispiel ist die Nutzung und Erläuterung der UVPs bei Betzold, einem Anbieter für Schul- und Kindergartenbedarf:
Starke, ausformulierte UVPs bei Betzold. Quelle: www.betzold.de

Auch die DAK kommuniziert gute Gründe, warum sich ein Nutzer für sie entscheiden sollte, und benennt sie auch konkret so:

Eine ganze Seite guter Gründe für die DAK. 

Quelle: https://www.dak.de/dak/unternehmen/gute-gruende-fuer-die-dak-1737374.html


Dabei ist es zwar auch wichtig, die Grundbedürfnisse nicht zu vernachlässigen, also dem Nutzer weiterhin das Gefühl zu geben, dass er seine mentale Checkliste abhaken kann, z.B. 


  • Ist das hier sicher?
  • Wann bekomme ich die Lieferung?

  • Kann ich den Artikel problemlos wieder zurückschicken?

Selbstverständliche oder gar gesetzlich vorgeschriebene Aspekte (wie z.B. das 14-tägige Rückgaberecht, das gar nicht beworben werden darf) sollten dabei jedoch nicht im Vordergrund stehen!

2. Mache Produktempfehlungen nachvollziehbar

Eine weitere Möglichkeit, den Reason Why-Effekt zu verwenden, ist, beim Cross Selling konkret zu kommunizieren, warum genau diese Artikel angezeigt werden.

 Meist folgen Produktempfehlungen ja bestimmten Regeln oder Algorithmen, die für den Nutzer auch nachvollziehbar gemacht werden sollten.
Warum sollte ich etwas anschauen, nur weil es jemand anderes, den ich nicht kenne, angeschaut hat? Ist aber klar, dass mir diese Artikel empfohlen werden, weil sie z.B. zu dem passen, was ich mir bisher angeschaut habe, wird die Empfehlung deutlich relevanter für mich.
Ein gutes Beispiel für die Nutzung des Reason Why-Effekts zeigt hier Netflix mit seinen Empfehlungen. Dem Nutzer wird sofort klar, WARUM gerade diese Serien empfohlen werden: als Resultat seines bisherigen Verhaltens.
Serien- und Filmempfehlungen bei Netflix, basierend auf dem vorherigen Verhalten des Users. Quelle: www.netflix.de 
Dabei kann sich das Cross Selling auf das bisherige Kaufverhalten stützen (bei Bestandskunden), aber auch auf das Verhalten auf der Website, wie z.B. bisher betrachtete Marken oder Farben, und das kann dann auch entsprechend vermittelt werden!
Nachvollziehbare Gründe für die Produktempfehlungen bei amazon.de

3. Begründe die Abfrage sensibler Daten

Insbesondere bei der Abfrage sensibler Daten, z.B. in Formularen, macht es unbedingt Sinn, dem Kunden zu kommunizieren, warum diese Daten benötigt werden. In der Regel gibt es einen triftigen Grund, der durchaus auch noch ein klarer Nutzen für den Kunden sein kann. Dieser sollte deswegen auch konkret benannt werden. Brauche ich z.B. das Geburtsdatum, weil ich sicher sein muss, dass der Kunde volljährig ist? Oder weil es für Jugendliche einen Rabatt gibt? Brauche ich die Telefonnummer, weil der Spediteur anrufen muss, um einen Termin zur Lieferung zu vereinbaren? Das sollte immer gleich mit der Abfrage dieser Daten mitgeteilt werden. 

Auch hier finden sich im Netz gute Beispiele:
Klare Kommunikation, warum hier das Geburtsdatum nötig ist. Quelle: www.facebook.com)

Hier wird die Frage des Nutzers aufgegriffen und direkt mit Vorteilskommunikation beantwortet:
Quelle: beaglestreet.com
Bei Nike werden im Checkout alle Eingabefelder begründet, ob Pflichtfeld oder nicht:
Quelle: www.nike.com/de

Auch hier ist nachvollziehbar, warum das Geburtsdatum an dieser Stelle benötigt wird:

Quelle: www.billiger-mietwagen.de

4. Mache Aktionen interessanter

Auch bestimmte Aktionen auf der Website können mit einer Begründung mehr Aufmerksamkeit wecken und stärker wirken als ohne. Wenn es z.B. eine Rabattaktion auf der Seite gibt, warum findet diese statt? Hier sind natürlich auch wieder gute, nachvollziehbare Gründe sehr überzeugend, allerdings kann man es auch einfach mal mit Humor versuchen! Es wirkt doch irgendwie nett, wenn ich einfach einen Rabatt bekomme, weil seit 3 Tage die Sonne scheint! Oder wenn ich ein lustiges Bild dazu sehe.

Hier auch dazu noch einige Beispiele:

Einfach mal mit Humor versuchen: hier gibt es einen Rabatt, weil „wir Lust haben“! Quelle: http://www.lockstoff.biz/lockblog/2016/04/heute-morgen-25-sonnigen-rabatt-nur-im-showroom/

 

Auch hier lässt einen die Begründung schmunzeln. Quelle: https://www.rosier.de/sale/angebot/vw/2017/rundum-sorglos-aktion.html

Das solltest Du mitnehmen

Frag Dich also immer: Bietest Du genug Gründe, und auch gute Gründe, warum Kunden sich für Deine Webseite entscheiden sollten? Die gibt es sicherlich, aber werden sie auch transparent und offensichtlich kommuniziert? Gibt es das Wörtchen „weil“ auf der Website? Hast Du schon einmal versucht, Humor einzusetzen, um Aktionen zu begründen? Oder zu erklären, warum Du bestimmte Empfehlungen gibst, oder auf gewisse Daten angewiesen bist? 

Erkläre den Nutzern, warum Du oder Dein Shop der Besten ist, und weshalb es richtig ist, Kunde zu werden: Weil sie es sich bestimmt wert sind… 🙂

Mehr zum Thema Behavior Patterns:

https://www.konversionskraft.de/behavior-patterns/7-behavior-patterns-in-der-praxis-so-machen-diese-unternehmen-es-richtig.html
https://www.konversionskraft.de/theorie/das-geheimnis-der-behavior-patterns.html
https://www.konversionskraft.de/tipps/boese-hebel-fuer-guten-zweck-conversion-optimierung-non-profit-organisationen.html
https://www.konversionskraft.de/trends/5-mobile-patterns-die-neue-ux-trends-im-e-commerce-praegen.html
https://www.konversionskraft.de/tipps/conversion-optimierung-beginnt-auf-den-serps-3-schritte-zum-erfolg.html
https://www.konversionskraft.de/strategie/9-psychologische-verkaufstricks-im-multichannel-marketing.html

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Über den Autor

Jenny Morys

Senior User Researcher & Senior Quality Manager

Jenny Morys ist Diplom-Psychologin und arbeitet seit über 10 Jahren als Senior Consultant bei konversionsKRAFT. Zusammen mit den anderen Mitgliedern des überzeugungsKRAFT-Teams erforscht sie unter anderem verhaltenspsychologische Prinzipien und leitet Anwendungsideen für die Onlinewelt ab.
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1 Kommentar

  1. Gravatar

    Viola Zweschke,

    Sehr interessanter Artikel mit neuen Aspekten. Ich hätte nicht gedacht, dass bereits banalen Begründungen einen solchen Effekt haben könnten.

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