Inner Dialogue: Gedankengänge von Menschen verstehen und mehr Kunden gewinnen
„Soll ich in die größere Wohnung umziehen, oder lieber nicht? Welches Kleid soll ich auf der Hochzeit meiner Schwester anziehen? Soll ich die neue Waschmaschine wirklich online bestellen?“ – Es gibt immer wieder Situationen, in denen wir uns Fragen stellen, auf die wir nicht sofort eine Antwort wissen. Durch Abwägen der Vor- und Nachteile findet sich meist eine Lösung, und häufig gehen wir dabei in den sogenannten „Inneren Dialog“.
📌 Du möchtest mehr über Verhaltensmuster und ihren Einfluss auf deinen ROI erfahren? Dann melde dich für unser Seminar zu Konsumpsychologie an und lerne, das Verhalten deiner Website-Besucher und potenziellen Kunden besser zu verstehen! So kannst du deine Website zielgerichtet optimieren und deinen Umsatz langfristig steigern!
In den inneren Dialog mit sich selbst zu gehen, bedeutet, dass wir uns im Denkprozess selbst Fragen stellen und beantworten, bis wir das Gefühl haben, die passende Antwort gefunden zu haben. Dabei spielen wir verschiedene Szenarien sowie Möglichkeiten durch und wägen die Auswirkungen verschiedener Entscheidungen ab, um so den für uns richtigen Entschluss zu fassen.
Die Forschung zeigt, dass Kinder noch sehr offen mit sich selbst kommunizieren. Im Jahr 2007 veröffentlichte der Psychologe Adam Winsler [1] von der George Mason University in Fairfax eine Studie, die zeigt, dass drei- bis fünfjährige Kinder, die mit sich selbst sprechen, ihnen gestellte Rätsel schneller lösen.
Im Teenager-Alter, genau wie bei Erwachsenen, hat sich bereits die Erfahrung durchgesetzt, dass hörbare Selbstgespräche eigentümlich wirken. Daher führen wir als Erwachsene den Dialog innerlich, also lautlos. Aber auch wir kommen nicht ohne Selbstgespräche aus. Immer wenn wir mit ungewohnten und schwierigen Situationen konfrontiert sind, drängen sie sich wieder auf – gewissermaßen als Werkzeug, das uns dabei hilft, Entscheidungen zu treffen.
☝️ TIPP: Lass dir kein Video von überzeugungsKRAFT entgehen – abonniere einfach unseren YouTube-Channel und bleib’ auf dem Laufenden! 😉
Der innere Dialog: Wie wir intuitiv Entscheidungen fällen
Wenn wir gedanklich feststecken, kann es hilfreich sein, jemanden um Rat zu fragen, der die richtigen Fragen stellt und damit den entscheidenden Anstoß zur Lösung eines Problems gibt. Und an dieser Stelle wird deutlich, wie wir uns das Prinzip des „Inneren Dialogs“ online nutzbar machen können.
Bei dem „Inner Dialogue“ handelt es sich streng genommen nicht um eine kognitive Verzerrung, also ein klassisches „Behavior Pattern“, sondern eher um ein intuitives Hilfsmittel zur Entscheidungsfindung. Nutzer stellen sich selbst in einem Entscheidungsprozess Fragen und versuchen, diese innerhalb von Sekunden selbst zu beantworten. Das beeinflusst ihre Motivation.
Wenn wir also die Kundensicht einnehmen, und versuchen, zu identifizieren, welche Fragen und Themen den Nutzer in welchem Schritt der Customer Journey beschäftigen, können wir gezielt auf diese eingehen und so die Handlungsmotivation erhöhen.
Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Prinzip des inneren Dialogs anzuwenden:
- Den inneren Dialog des Nutzers bewusst anstoßen.
- Den inneren Dialog des Nutzers verstehen, aufgreifen und offene Fragen direkt beantworten.
Der Innere Dialog im E-Commerce
Die Einsatzmöglichkeiten im Überblick:
- Früher Einsatz des Inneren Dialogs in der Customer Journey
- Den inneren Dialog in der Produktberatung nutzen
- Direkte Kommunikation: Simulation des inneren Dialogs für informierte Nutzer
- Ängsten und Bedenken durch den Inneren Dialog entgegenwirken
- Mit klar kommunizierten UVPs, dem Reason Why und FAQs den Inneren Dialog aufgreifen
1. Früher Einsatz des Inneren Dialogs in der Customer Journey
Eine Möglichkeit ist es, sehr früh in der Customer Journey mit Fragen zu arbeiten, die den inneren Dialog anregen (vgl. auch den unseren Blogartikel zu Consistency & Commitment). Geht diese Frage dem Nutzer auch gerade durch den Kopf, wird er hier mit für ihn maximal relevantem Inhalt abgeholt und fühlt sich verstanden sowie motiviert.
Dies passiert beispielsweise, wenn wir prominent über Headlines und Teaser-Flächen in den Dialog einsteigen. Booking.com fragt seine Nutzer gleich zu Beginn, warum sie reisen wollen, beantwortet die Frage direkt und bietet unmittelbar Hilfe bei der Entscheidungsfindung an:
Und auch der Accessoires- und Taschenhersteller Bellroy spricht aus, was der ein oder andere Nutzer sicher schon häufiger gedacht hat: Das Portemonnaie ist einfach zu dick und schwer (und das nicht unbedingt wegen der Geldscheine…). Auch hier wird zunächst das Problem aus sehr kundenzentrierter Perspektive (Stichwort Customer Centricity) aufgegriffen, um gleich darauf eine Lösung anzubieten:
2. Den inneren Dialog in der Produktberatung nutzen
Auch Features wie Produktberater können recht einfach in den Dialog einsteigen, um dem Nutzer die Entscheidung für ein bestimmtes Produkt einfacher zu machen. Dabei können wir uns daran orientieren, wie ein guter Verkäufer in einem Einzelhandelsgeschäft ein Beratungsgespräch aufbauen würde, um – dem mentalen Modell des Kunden folgend – die passenden Fragen zu stellen. Dieses lässt sich online simulieren, wie hier am Beispiel des John Frieda-Produktberaters für die Haarpflege gut zu erkennen ist:
Grundsätzlich ist es wichtig, das User Interface so zu konzipieren, dass es dem inneren Dialog des Nutzers folgt – nicht nur technischen Anforderungen oder Designvorgaben. Hierbei kann man die Fragen des Nutzers aufgreifen und ihm dabei helfen, seine Gedanken zu sortieren und Bedenken auszuräumen.
3. Direkte Kommunikation: Simulation des inneren Dialogs für informierte Nutzer
Bleiben wir in der Customer Journey, können beispielsweise Fragen auf Kategorieseiten oder Produktdetailseiten auftauchen. Um hier die Motivation zur Entscheidungsfindung zu erhöhen, bietet sich eine direkte Kommunikation mit dem Nutzer an. IKEA zum Beispiel verwendet Sprechblasen, um dem Kunden seine möglichen Fragen zu beantworten, und unterstützt damit den Dialogcharakter:
Fragen, die ein Kunde zu einem bestimmten Produkt haben könnte, können an der richtigen Stelle bereits aufgegriffen und beantwortet werden. So ist es möglich, Zweifel, die der Nutzer hat, an diesem sehr relevanten Punkt der Customer Journey bereits auszuräumen. Das ist zum Beispiel durch gute Produkttexte oder Info-I’s möglich, idealerweise in der Sprache des Nutzers formuliert. Das kann auch bei komplizierteren Prozessen wie im Check-out oder beim Ausfüllen eines Formulars sehr hilfreich sein.
Bei Yellow Leaf Hammocks werden dem Nutzer per Mouseover die Produkteigenschaften der Hängematten nähergebracht. Dies erfolgt unmittelbar als Antwort auf die im Raum stehende Frage, was denn genau die Produkte dieses Anbieters so großartig mache. Damit werden mögliche Kundenfragen unmittelbar abgedeckt:
4. Ängsten und Bedenken durch den Inneren Dialog entgegenwirken
Wenn wir die Kundensicht einnehmen, können wir auch mögliche Bedenken und Ängste antizipieren. Wird dem Nutzer im richtigen Moment die Frage oder die Unsicherheit, die ihm gerade durch den Kopf geht, gespiegelt und beantwortet, fühlt er sich verstanden und abgeholt. Dabei ist es besonders wichtig, sich so gut wie möglich in die Situation des Kunden hineinzuversetzen. Der Visitenkartenhersteller MOO nimmt Nutzern zum Beispiel hier die Bedenken, die sie aufgrund des Wechsels von Smartphone zu Desktop haben könnten:
Auch die Einwandvorwegnahme spielt dabei eine wichtige Rolle. Viele Nutzer haben beispielsweise Bedenken, neue Kundenkonten anzulegen, weil sie nicht nur ihre Daten eingeben müssen, sondern sich ein weiteres Passwort merken müssen. ASOS antizipiert diese Bedenken, spricht sie aus und räumt sie direkt durch eine Lösung aus dem Weg:
Aber auch die Tatsache, dass zum Beispiel für eine Buchung oder einen Kauf kein Konto nötig ist und der Checkout daher sehr schnell geht, ist eine Information, die dem Kunden unaufgefordert mitgeteilt werden kann. Auch so können Bedenken, die im Kopf des Nutzers existieren, ausgeräumt werden, wie hier bei Booking.com:
5. Mit klar kommunizierten UVPs, dem Reason Why und FAQs den Inneren Dialog aufgreifen
Gut formulierte Unique Value Propositions (UVPs) und die Verwendung des „Reason Why“-Prinzips (hier geht es zum unserem Blogartikel zum Behavior Pattern „Reason Why“) können ebenfalls dazu beitragen, den inneren Dialog des Kunden aufzunehmen und seine Handlungsmotivation zu erhöhen, wie zum Beispiel hier beim Ausstatter für Schule und Kindergarten Betzold:
Natürlich sollte auch der Klassiker unter den Möglichkeiten, sich den Fragen des Nutzers direkt zu stellen, nicht unberücksichtigt bleiben: die FAQs. Auch hier gibt es bessere und schlechtere Weisen, mit dem Kunden in den Dialog zu treten. Hilfreich ist es in jedem Fall, die Fragen in der „Ich-Perspektive“ zu formulieren, wie es Viking, Anbieter für Bürobedarf und Büromöbel, sehr gut zeigt:
Ebenfalls hilfreich ist eine tabellarische Auflistung der Fragen und Antworten, sodass Website-Nutzer schnell einen Überblick darüber erhalten, wo sich das für sie relevante Thema befindet und was die Lösung für das Problem ist – hier veranschaulicht am Beispiel des Versicherungsunternehmens CosmosDirekt:
Fazit zum Prinzip “Inner Dialogue”
Zusammenfassend hilft das Aufgreifen des „Inner Dialogue“ von Nutzern immer, um deren Handlungsmotivation zu erhöhen. Bin ich als Website-Betreiber unsicher, welche Themen den inneren Dialog meiner Kunden bestimmen, bietet es sich an, dazu qualitative Nutzerforschung zu betreiben. Je kundenzentrierter eine Website aufgebaut ist und je mehr sich das User Interface an dem inneren Dialog der Nutzer orientiert, desto höher ist die erzeugte Relevanz – und damit die Wahrscheinlichkeit, dass eine Entscheidung getroffen wird.
Wir hoffen, dass wir dir mit dem Inneren Dialog aufzeigen konnten, dass das ein oder andere Selbstgespräch von dir oder anderen beim Besuch deiner Website durchaus Anlass sein könnte, um sie kundenzentrierter auszurichten. Bei einer klaren Kommunikation, welche die Perspektive deiner Nutzer berücksichtigt, gibt es weniger Fragen und innere Hürden bei deinen Website-Besuchern – es lohnt sich also, auf die innere Stimme zu hören! 😉
Quellen:
[1] Adam Winsler et al., “Should I let them talk?”: Private speech and task performance among preschool children with and without behavior problems. Early Childhood Research Quarterly 22 (2007), 215–231.
4 Kommentare
Bennet Arp,
Hallo,
sehr interessanter Artikel.
Ich habe nochmal einen ganz anderen Blickwinkel auf diverse Texte und Funktionen erhalten. Auch die Psychologie hinter Werbestrategien, wie ober beschrieben, ist sehr komplex. Ich freue mich auf weitere spannende Artikel.
Vielen Dank,
Bennet
Jenny Morys,
Hallo Bennet, vielen Dank für Dein Feedback! Wir freuen uns sehr, dass Dir der Artikel gefällt!
Herzliche Grüße, Jenny
Adrian Koch,
Super Artikel!
Ganz spannend wie man aktiv den inneren Dialog des Kunden ergreifen sollte um ihm Ängste zu nehmen.
Jenny Morys,
Hallo Adrian, vielen Dank für Dein Feedback! Tatsächlich ist dieses Prinzip ganz besonders gut dazu geeignet, den möglichen Bedenken, Einwänden und Ängsten der Nutzer entgegenzusteuern. Viele Grüße, Jenny