Denken wie eine Stubenfliege – 6 Konversionstipps zum Kundenfang
Zugegeben, “Kunden” mit “Stubenfliegen” zu vergleichen ist ein bißchen, … äh sagen wir mal, anrüchig. Dennoch haben wir Menschen, wir Konsumenten die eine oder andere Eigenschaften, die uns mit unserem sommerlichen Hausfreund, der gemeinen “Musca domestica” verbindet. Zum Beispiel diese pathologische Eigenschaft der Fliege misstrauisch gegenüber allem Fremden und Hektischen zu sein.
Sie ahnt schnell, dass die böse Klatsche, die da auf Sie zukommt, nicht zum Windzufächeln da ist und schwupps! ist sie weg, in nur wenigen tausendsteln Sekunden – ein Wahnsinnstempo! Aber mal ehrlich, sehr viel langsamer ist die Bouncerate von Fliegen, … pardon Kunden auf deutschen Online-Shops auch nicht.
Beim Fliege/Mensch-Vergleich sind uns jedenfalls 6 dicke Brummer aufgefallen :
1) Ein bißchen schlecht riechen? Warum nicht?
Eine saubere, durchgewischte und sterile Küche ist nichts für Fliegen, eine saubere und sterile Website – ohne das eine oder andere anrüchige Angebot – ist nichts für Kunden. Selbst als eingefleischter Markenshop kommt man ohne das eine oder andere Discount-Signal nicht mehr aus, das kann sich eigentlich nur noch Apple erlauben. Klar, so was riecht ein bißchen schlecht, kein Frage. Aber es zieht Fliegen an.
2) Masse und Social Proof
Fliegen orientieren sich nicht nur olfaktorisch, auch das Sehen spielt eine große Rolle. So spielt bei der Wahl des besten Häufchens nicht nur der durchdringende Geruch ein Rolle, nein, Fliegen scheinen auch die große Ansammlung vieler anderer Fliegen von weitem zu bemerken und ändern sogleich ihre Flugrichtung genau dorthin. Frei nach dem Motto: Wenn da so viele Fliegen sind muss die Scheisse ja gut sein. Wir Shop Optimierer nennen das SocialProof, allerdings trifft es nicht den Kern des Gedankens. fest steht, dass für uns Menschen die Gewissheit darüber, dass andere ebenfalls ein Produkt gekauft haben, oder sich just in diesem Moment dafür interessieren, eine magische Anziehungskraft haben.
3) Der afrikanische Fliegentrick
Wissen Sie, wie man in Afrika erfolgreich Fliegen klatscht? Der Trick ist, dass es nicht direkt geschieht. Man haut nicht einfach auf sie drauf, man haut daneben! Das geht so: Man platziert beide Hände ca. 10 cm Meter über der Fliege und klatscht einfach in die Hände. Obwohl Sie die Fliege gar nicht direkt angreifen, landet sie in Ihrer Falle. Der Grund liegt darin, dass sich die Fliege mental nur auf einen vermeintlichen Angreifer konzentrieren kann, sagen wir mal die rechte Hand. Sobald sich also die rechte Hand bewegt, startet Sie und weicht, ganz fliegentypisch, in Richtung der linken Hand aus. Dumm gelaufen! Denn die linke Hand hat sich ja ebenfalls in Bewegung gesetzt und Bum, Fliege gefangen. Mission erledigt. Sich den Kunden nicht direkt vorzunehmen, sondern einen vermeintlichen Feind zu präsentieren ist ein Königs-Trick. Das können z.B. zwei unterschiedliche Domains sein, bei der ich ein- und dasselbe Produkt auf der einen Seite zu einem normalen und auf der anderen zu einem Discount-Preis verkaufe. Damit erreiche ich vielleicht unterschiedliche Usertypen gleichermaßen, nur, dass ich auf jeder diese Seiten deren Sprache sprechen.
4) Ich kleb’ Dich!
Zugegeben Fliegen-Klebefallen sind für die Fliegen auf Dauer keine angenehme Sache und auch hier hinkt der Vergleich mit menschlichen Käufern gewaltig. Dennoch: Ich vermute, dass sich Shop-Betreiber nicht ausgiebig genug mit “Shop-Klebstoffen” befassen. “Nehme ich wieder Uhu oder Patex oder lasse ich mir mal eine eigene Mischung einfallen?” Aus dem klassischen Marketing kennen wir den Begriff der Alleinstellung oder USP. Das Besondere, das Einzigartige, etwas was uns nicht so schnell wie loslässt oder uns zwingt noch einmal vorbeizuschauen. Vielleicht ist es ein begrenzt zur Verfügung stehendes Markenprodukt, vielleicht ein seltenes aber sehr attraktives Tool? Es wird zu wenig geklebt in Deutschland. Daran sollten wir arbeiten.
5) Fliegen fliegen auf Kontraste
Ich möchte gar nicht auf die Details des fliegischen Sehvermögens eingehen, aber Kontraste sind definitiv der FLiegen-Hit, dafür hat die Pest-Control-industrie extra die Kontrastfalle erfunden, bei der mit Hell-Dunkel oder attraktiven Farb-Kontrasten gearbeitet wird. Wer sich an den Persuasion-Toolkit-Vortrag von Torsten Hubert auf dem ConversionSummit in Frankfurt erinnert, dem wird vielleicht das Wort ‘Kontrast’ sehr bekannt vorkommen. Torsten Hubert stellte hier vor, wie man mit Hilfe von Scheinprodukten oder der Darstellung deutlicher Unterschiede und der Hervorhebung eines Zielproduktes mehr Umsatz schaffen kann.
6) Sieben auf einen Streich?
Mein Opa hat das berühmte Märchen des tapferen Schneiderleins immer so kommentiert: “Nur in einem Haushalt in dem es vor Fliegen wimmelt, kann man sieben auf einen Streich erwischen!” Mich erinnert das immer an Newsletter-Versender. Da werden nach wie vor jeden Monat zehntausende Newsletter an den Kundenstamm verschickt in der Hoffnung, dass ein paar davon zum Erfolg führen. Hat man also mal sieben Fliegen auf einen Streich erwischt, summen zwangsläufig noch Tausende andere noch frei herum. Auf 95,- Euro die wir für Reichweite ausgeben kommen 1 Euro für Konversions-Optimierung, das ist ein Alptraum. CRM, Data-Mining-Operationen und Segmentierungen stecken bei den meisten Versendern immer noch in den Kinderschuhen. Erfolgreiche eMarketeers und Conversion-Experts machen hoffentlich bald Schluss mit dem wilden Draufhauen.
Für alle die jetzt den Vergleich “Kunde” zu “Fliege” mit dem nötigen Abstand und Humor ertragen konnten, kann ich jetzt nur noch fröhliches Klatschen wünschen!
Zeichnungen: Matthias Henrici, Web Arts AG, alle Rechte vorbehalten.
10 Kommentare
Sebastian (Handelskraft),
Mal abgesehen, von den Botschaften, die hier vermittelt werden, fand ich es echt lustig. Danke. 🙂
Cvetan,
Schöner Vergleich aber Scheinprodukte? Unterschiedliche Seiten mit dem selben Produkt? Wo bleibt die Nachhaltigkeit?
Matthias Henrici,
Hallo Sebastian, Cvetan, der Artikel ist natürlich auch ein bisschen ironisch gemeint 😉
Sebastian (Handelskraft),
Das habe ich schon verstanden, keine Sorge, Matthias. 😉
Mhenrici,
Alles klar 😉
Frank W. Demann,
Stelle mir gerade vor, dass Rolex einen Shop mit regulären Preisen betreibt und einen Shop mit 20% aus alles… 😉 einen Shop für Praktiker sozusagen. 😉
Cvetan,
@Matthias: na gut, aber ich denke schon, dass solche Tricks in der Praxis angewandt werden … leider
Tina,
Der Artikel hat wirklich einen interessanten Gesichtspunkt. Vielleicht sind Kunden echt gleich wie die Fliegen.
chris,
Da fällt mir noch dazu ein: Ich glaube, mich daran zu erinnern, warum die Hände HINTER der Fliege sein müssen. Die springt nämlich bei der Flucht ungefähr 10cm nach hinten hoch, bevor sie dann “nach Vorne” das Weite sucht. Der Fänger weiß also genau, wo ungefähr die Fliege beim Klatsch sein wird/muss, damit er sie erwischt! Parallelen zu Verkäufer und Kunde wären wirklich “rein zufällig”…..
Chris
Hans,
Interessanter Artikel, bisschen ekelig, aber im Großen und Ganzen doch ziemlich zutreffend. Mir haben weiterführende Infos in Form von Links etwas gefählt, wenn du z.B. über den ConversionSummit sprichst, hättest du ruhig mal Torstens Slideshow (http://www.slideshare.net/wowbagger/das-persuation-toolkit-uplift-durch-soziale-mechanismen) dran hängen können 😉