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Die ewige Frage: wo platziere ich Trust-Elemente im Warenkorb? Eine Eyetracking-Analyse.

Torsten Hubert
 Lesezeit: 6 Minuten    
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Das Trust-Elemente auf der Warenkorb-Seite oft einen positiven Einfluss auf die Conversion-Rate der Seite haben ist für die meisten sicher nichts Neues. Viele Shops setzen dies bereits erfolgreich ein. Doch an welche Stelle auf der Seite sollten diese Elemente platziert werden, damit sie die nötige Aufmerksamkeit bekommen? Mit Hilfe einer Eyetracking-Untersuchung möchte ich heute Antworten auf diese Frage geben.

Der Versuchsaufbau

In einem Labor haben wir vier verschiedene Positionen von Trust-Elementen in einem 5 Sekunden-Test analysiert. Hierzu haben jeweils 10 Probanden zuerst eine Artikel-Detailsseite für 30 Sekunden gesehen und sie wurden gebrieft den Artikel in den Warenkorb zu legen. Auf den Mouse-Click des Nutzers wurde dann eine der Warenkorb-Varianten für 5 Sekunden ausgespielt.

Jeder Nutzer hat nur eine Variante des Warenkorbs gesehen und die demographische Verteilung der Probanden wurde möglichst neutral gewählt. Die Elemente wurden in Größe und Abstand zueinander nicht verändert um eine Neutralität der Ergebnisse zu gewährleisten.

Die Testkandiaten

Es wurden vier unterschiedliche Testkandidaten erstellt:

1. Header

Oft werden in Shops über alle Templates hinweg Trust-Elemente in den Header der Seite integriert.

Trust-Elemente im Header

2. Unten

Eine Integration unterhalb der Call-to-Action in Kombination mit einer Box in der die Vorteile des Shops nochmal aufgezählt werden, findet sich ebenfalls recht häufig.

Trust-Elemente unten

3. Call-to-Action

Die Integration der Trust-Elemente links neben der primären Call-to-Action ist jedoch eher selten zu finden.

Trust-Elemente Call-to-Action

4. Links

Eine Integration von Trust-Elementen links vom Warenkorb ist ebenfalls selten zu finden.

Trust-Elemente links

Die Ergebnisse – Teil 1: Heatmaps

Werfen wir zuerst einen kurzen Blick auf die Heatmaps der Testkandidaten. (Insider-Hinweis: die Heatmaps wurden auf den Wert Gesamtbetrachtungszeit (Total Fixationduration) angefertigt.)

1. Header

Trust-Elemente Heatmap Header

Ein großer Hotspot liegt auf dem Produkt-Bild und dem Titel. Weitere Hotspots sind die Trust-Elemente, der Preis, die Call-to-Action und der sekundäre Button (weiter shoppen).

2. Unten

Trust-Elemente Heatmap unten

Auch hier liegt er typische Hotspot auf Produkt-Bild und Titel. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Call-to-Action. Elemente wie Call-to-Action und Logo haben untergeordnete Wirkung.

3. CTA

Trust-Elemente Heatmap Call-to-Action

In dieser Variante gibt es einen extremen Hotspot auf Produkt-Bild und Titel. Alle anderen Elemente haben eine deutlich geringere Betrachungszeit.

4. Links

Trust-Elemente Heatmap links

Diese Variante hat ebenfalls den typischen Hotspot auf Produkt-Bild und Titel und einen weiteren auf dem Preis. Weitere wichtige Elemente sind hier die Trust-Elemente, Navigationselemente und Shopvorteilsbox. Etwas untypisch hingegen ist die starke Wahrnehmung der Suche.

Die Gefahr der falschen Schlüsse

Auf Basis dieser Heatmaps durchführen, würde sich folgendes Ranking ergeben:

Platz 1: Die Versionen links und oben haben die stärksten Hotspots in ähnlicher Intensität. Also zweimal Platz 1.

Platz 3 ginge an die Version mit den Trust-Elementen unten in der Vorteilsbox.

Platz 4 würde weit abgeschlagen die Version mit den Trust-Elementen links neben der Call-to-Action belegen.

Aber stimmt das wirklich?

Dürfen wir aus Heatmaps diese Schlüsse ziehen?

Heatmaps sind gute Indikatoren für wichtige Bereiche auf Seiten. Zum Ermittlung unterschiedlicher Positionen von Elementen sind diese jedoch nur sehr bedingt aussagekräftig, da die Heatmaps untereinander kaum vergleichbar sind.

Würde man eine Analyse rein auf Basis von Heatmaps durchführen, würde man sehr wahrscheinlich die falschen Schlüsse ziehen. Für eine aussagekräftigere Ableitung ist der Einsatz von statistischen Daten nötig.

Die Ergebnisse – Teil 2: Statistische Daten

Eyetracking-Daten liefern neben schönen bunten Heatmaps, auch viele statistische Daten. Durch die Kombination von “Time to first Fixation” (Zeit bis zum ersten visuellen Kontakt) und “Total Fixationduration” (Gesamtdauer aller visuellen Kontakte) kann das “visuelle Gewicht” einzelner Elemente ermittelt werden.

Oder anders ausgedrückt, je schneller und je länger ein Nutzer ein Element visuell wahrnimmt, desto intensiver ist die Wirkung des Elements auf den Nutzer.

Time to first Fixation

Bei diesem Wert geht es um Geschwindigkeit. Je schneller das Element das erste Mal wahrgenommen wird, desto besser.

Das theoretische Minimum liegt hier bei wenigen Millisekunden. Hierzu müsste der Nutzer bereits vor dem Umschalten des Screens auf die Stelle der Trust-Elemente schauen.

Ranking Time-to-first-fixation

Hieraus ergibt sich folgendes Ranking:

1. Header

Die Trust-Elemente im Header werden nach durchschnittlich 1,73 Sekunden das erste Mal vom Auge fixiert.

2. Links

Den zweiten Platz belegt die Variante Links mit einem Erstkontakt nach 2,35 Sekunden.

3. Call-to-Action

Nur einige zehntel Sekunden später wird die Variante neben der Call-to-Action fixiert (2,93 Sekunden).

4. Unten

Weit abgeschlagen ist die Integration in der Trust-Box mit 4,46 Sekunden.

Total Fixationduration

Bei diesem Wert geht es gemütlicher zu. Je länger ein Element angesehen wird, desto mehr “Gewicht” bekommt es.

Das theoretische Maximum liegt bei 5 Sekunden und würde eintreten, wenn ein Nutzer konsequent auf die Trust-Elemente blicken würde ohne ein anderes Element auch nur im geringsten Wahrzunehmen.

Ranking Totalfixationduration

Hieraus ergibt sich folgendes Ranking:

1. Links

Die Variante mit den Trust-Elementen links wird insgesamt 0,31 Sekunden wahrgenommen.

2. Unten

Die Version mit den Turst-Elementen unten in der Vorteilsbox wird 0,25 Sekunden wahrgenommen.

3. Call-to-Action

Nur ganz knapp geschlagen muss die Call-to-Action Variante mit 0,22 Sekunden Fixationsdauer geben.

4. Header

Den letzten Platz nimmt hier die Header-Variante ein. Hier werden die Trust-Elemente nur 0,16 Sekunden fixiert.

Das finale Ranking

Für das Ranking der beiden statistischen Werte wurden jeweils Punkte nach folgendem Schema vergeben:

Platz 1: 4 Punkte
Platz 2: 3 Punkte
Platz 3: 2 Punkte
Platz 4: 1 Punkt

Hieraus ergibt sich folgendes Ergebnis:

Finales Ranking Position Trust-Elementen im Warenkorb

1. Platz: Links
Mit 7 von 8 möglichen Punkten gewinnt die Position Links das Rennen um die Aufmerksamkeit.

2. Platz: Header
Mit 5 Punkten kann sich die Position der Trust-Elemente im Header knapp auf Rang 2 schieben.

3. Platz: Unten & Call-to-Acon**
Mit jeweils 4 Punkten teilen sich die beiden weiteren Versionen den dritten Platz.

Fazit

Trust-Elemente links

Die Position links des Warenkorbs gewinnt mit großem Abstand das Rennen um das visuelle Gewicht in diesem Test.

Aber ist das Ergebnis auf andere Shops übertragbar?

Leider nur bedingt!

Aus vielen Testingprojekten und Labs wissen wir, dass die Integration von Trust-Elementen auf der Warenkorbseite oft sehr gute Ergebnisse liefert.

Dies trifft besonders auf Seiten zu, die in diesem Bereich Schwächen aufweisen. So würde sicherlich die Trust-Integration auf dem Amazon-Warenkorb weniger Uplift generieren, als auf einem kleineren dem Nutzer eher unbekannten Shop.

Bei einem dem Nutzer bekannten und mit positiven Erfahrungen behafteten Shop reicht es oft schon aus, dass die Trust-Elemente überhaupt wahrgenommen werden um an die inneren Dialoge einen Haken zu setzen. Das optische Gewicht ist dort oft weniger notwendig, da der Shop bereits eine große Portion Trust beim Nutzer hat.

Eyetracking liefert im Prozess der Conversion Optimierung sehr wichtige Erkenntnisse und dient beispielsweise der Verprobung von visuellen Konzepten oder liefert wichtige Hinweise für Optimierungspotentiale. Ich empfehle jedoch Entscheidungen immer auf der Grundlage von Testings zu treffen. Das Messen betriebswirtschaftlicher Auswirkungen ist immer mehr wert, als das optische Gewicht.

Ich wünsche viel Spaß beim “Spielen” mit der Position von Trust-Elementen und freue mich auf Ihre Kommentare!

Abschließend noch mein Dank an Dennis Herzberger für die Durchführung des Tests.

Über den Autor

Torsten Hubert

Principal Consultant

Torsten Hubert, Jahrgang 1975, ist Principal Consultant bei konversionsKRAFT – Deutschlands führende Agentur für Conversion Optimierung.

Torsten Hubert beschäftigt sich seit Mitte 2000 intensiv mit der Optimierung von eCommerce Systemen, Webmarketing und ist Google Advertising Professional. In den letzten Jahren hat er in vielen erfolgreichen Projekten tiefe Einblicke in die Themenbereiche E-Commerce-Systeme, Usability, Motivatorik, Conversion-Optimierung, Landingpages, Webmarketing (SEO & SEA) sammeln können.

Weiterhin ist Torsten Hubert Dozent für Conversion Optimierung, Usability und Motivatorik an der Hochschule Darmstadt.

Sein kostenloses eBook “Die stummen Schreie der Konversion – 11 Konversionskiller und wie sie vermieden werden” wurde bisher über 13.000 Mal heruntergeladen.

Das Knowhow von Torsten Hubert wird von Fach- und Publikumsmedien gleichermaßen aufgegriffen. So erschienen Artikel bereits in Publikationen wie iBusiness, Website Boosting, InternetWorld und weiteren Magazinen.

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14 Kommentare

  1. Gravatar

    Thomas Wagner,

    Sehr interessante Studie. Aber mir fehlt da der wichtigere Schritt. Brauche ich diese Siegel überhaupt.

    Ich habe bei einem Kunden einen simplen A/B Test über fast 6 Monate laufen lassen. Wenn ich mir die erfolgten Conversions anschaue sah
    man keine signifikanten Abweichungen mit und ohne Siegel (in dem Fall Trusted Shops und Händlerbund) .

    Auch die Warenkorbsumme war im Test vergleichbar.

    Lag es an der Branche? Was habt Ihr für Erfahrungen?

    Beste Grüße
    Thomas Wagner

  2. Gravatar

    Arne,

    Danke für die Auswertung. Ein ABC-Test würde mich nun tatsächlich sehr interessieren.

  3. Gravatar

    Christian Rothe,

    Eine interessante Untersuchung. Wie Ihr schon schreibt, muss man mit der Interpretation der Ergebnisse sehr vorsichtig sein. Es bleiben Restfragen:

    – Warum wird in einer Heatmap der Preis so stark fixiert, in den anderen drei aber nicht?
    – Warum wird in den ersten zwei Beispielen der CTA-Button fixiert, in den letzten beiden aber eher weniger?
    – Warum wird überhaupt das Produkt so sehr fixiert?

    Wie sähe dies bei echten Käufern aus, die sich geistig mit dem Produkt auseinandergesetzt haben, bevor sie es in den Warenkorb gelegt haben? Gucken die das Produkt im Warenkorb noch so sehr an?

    Die geistige Auseinandersetzung und die bewusste Entscheidung, einen Artikel in den Warenkorb zu legen, dürfte naturgemäß bei den Testprobanden nicht stattgefunden haben. Folglich fehlt dort auch die weitere geistige Auseinandersetzung mit der Frage “Soll ich jetzt kaufen? Oder soll ich nicht?” Doch genau dies denken reale Käufer und fixieren möglicherweise den “Zur Kasse gehen” Button stärker.

    Der Test lässt Raum für Spekulation und schafft durchaus neue Fragen.

  4. Gravatar

    Chris,

    “Time to fist Fixation”
    sehr lustiger Tippfehler 😉

    Danke für den tollen Blogbeitrag!

  5. Gravatar

    Torsten Hubert,

    @Thomas Wagner:
    Die Frage über die positive Wirksamkeit von Siegeln auf der Warenkorbseite wird häufig gestellt. Meine Erfahrung aus vielen Test ist, dass die Integration von Trust auf der Warenkorb Seite fast immer einen positiven Effekt hat.

    Eine Testlaufzeit von 6 Monaten halte ich jedoch für nicht sinnvoll. In der Zwischenzeit können sich sehr viele externe Faktoren ändern, die das Ergebnis sowohl positiv, als auch negativ beeinflussen können.

    Eine typische Testlaufzeit ist in meinen Augen 2 Wochen. Ich würde dann lieber den Test nochmal wiederholen, als ihn so lange laufen zu lassen.

  6. Gravatar

    Jonas,

    Mahlzeit Torsten,
    vielen Dank für diesen interessanten Test. Das die Variante links diesen Vergleich für sich entscheiden würde, hätte ich nicht gedacht. Grund genug es selber mal zu testen 😉
    Kleiner Hinweis noch zu den Ergebnissen aus Teil 1, Punkt “2. Unten”:
    “Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Call-to-Action. Elemente wie Call-to-Action und Logo haben untergeordnete Wirkung.”
    Wie du siehst, ist darin zwei mal die CtA enthalten. Ich denke, beim zweiten meintest du die Trust-Elemente..

    Mit besten Grüßen,
    Jonas

  7. Gravatar

    Thomas Wagner,

    @Torsten:

    Wir haben den Test extra länger laufen lassen, da er nach 3 Wochen eben keine Signifikanz in irgend eine Richtung gezeigt hat.

    Im Testzeitraum wurde auch sonst am System nichts geändert.

    Des weiteren hatten wir dadurch die Saisonwelle mit zum testen.

    Wir haben aktuell alle Logos entfernt und sparen uns die Kosten.

  8. Gravatar

    Thomas,

    Super Beitrag. Hervorragende Denkanstöße für die nächste Shopumstellung. Nachteil beim Gewinner ist aber vielleicht, dass der Focus kaum auf “zur Kasse” liegt und das ist ja entscheidend.

  9. Gravatar

    AlexanderM,

    Vielen Dank für den tollen Beitrag!

  10. Gravatar

    Stefan Marx,

    @Christian Rothe

    Ich sehe das ähnlich. Heatmaps im Bezug auf Checkoutprozesse unter Laborbedingungen sind mit Vorsicht zu genießen.

    Beim Probanden findet das das wichtigste nicht statt: Die tatsächliche Kaufentscheidung. Die ganzen Abwägungen, Wertungen und Erwartungen eines “echten” Kunden sind in solchen Labor-Umgebungen wahrscheinlich schwer oder gar nicht messbar.

  11. Gravatar

    Markus,

    Und wenn man den WK und checkout getestet, geprüft und optimiert hat, kommt die Button-Lösung…:P
    Da kann man nur hoffen, dass nicht ständig solche “Aktionen” wie die Button-Lösung wiederholt werden. Was uns nämlich aufgefallen ist, dass gerade der extra für den Kunden ausgearbeiteten Text “kostenpflichtig bestellen” mehr verunsichert, als das übliche kaufen, bestellen, etc. Aber das ist ein anderes Thema.
    Gruß Markus

  12. Gravatar

    Bastian Michel,

    Großartiger Artikel! Bitte mehr davon.

  13. Gravatar

    AR,

    Sehr guter Artikel. Ich bin ein Fan von Eyetracking und wie man sehen kann, zeigen die Eyetracking Studien oft sehr gute Ergebnisse.
    Die Platzierung der Symbole ist natürlich immer schwierig. Man kennt zwar die Standard-Vorgehensweisen, aber man lernt ja nie aus!

  14. Gravatar

    Eric,

    Es wäre interessant, die conversion rate der Testkanditaten zu erfahren.
    Ist ja schlussendlich die wichtigste Grösse, ganz egal wer bei heatmaps und total fixation duration die Nase vorn hat.

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