Achtung! Das sind die wahren Kosten der Conversion Optimierung
(Warum Conversion Superheroes nicht von alleine fliegen…) 39% der CMOs sagen: Conversion Optimierung ist die heißeste Baustelle im e-Commerce 2013. Damit landet das Thema auf Platz 1 der emarketer-Studie zum Thema E-Commerce Prioritäten.
Dass das so ist finde ich gut – ich wundere mich aber auch, warum es nur 39% sind. Klar fragen jetzt 61% andere CEOs / CMOs (ganz egal wer) ihre Leute:
Sagt mal: Das Conversion Dingens da, machen wir das eigentlich auch?
“Klar Chef. Machen wir”. Und natürlich wird es gemacht. Überall. Oder?
Was wird normalerweise als erster gemacht?
Richtig: Ein Testing-Tool muss her.
So ein Testing-Tool kostet auch nicht viel – und das finden wir hier auch richtig gut weil damit jedes Unternehmen seine ersten Erfahrungen machen kann – die Barrieren sind zum Glück inzwischen sehr gering.
Und schnell sitzen eine handvoll guter Leute aus dem Online-Marketing oder dem E-Commerce- oder dem UX-Team (oder wie es auch immer bei Ihnen heißt) zusammen und machen Conversion Optimierung.
Das tolle daran ist: Diese Leute produzieren messbare Erfolge. Deshalb sind sie Conversion Superheroes. Nicht etwa weil sie blaue Umhänge tragen oder fliegen können sondern weil sie mit ihren messbaren Resultaten zu Helden der Organisation werden.
Mit messbaren Uplifts schaffen Sie den Buy-in für eine neue Art der agilen und kontinuierlichen Optimierung. Mit jedem positiven Testergebnis erschaffen sie sich selbst das Budget für mehr Optimierung. Es entsteht ein Kraftschluss zwischen Investment und Return.
Möööp. (An dieser Stelle bitte den 50er Jahre US-Militärsirenen-Ton im Kopf selbst abspielen)
Tut es nicht.
Sorry, aber der letzte Absatz war infantil naive Fiktion.
Was passiert in Wirklichkeit? In geschätzten 61% der Fälle köchelt das Thema als Nebenschauplatz herum oder stirbt auch wieder ab, wenn es alleine aus eigener Kraft voran getrieben wird. Denn: Es gibt viele Bedrohungen für Conversion-Superhero-Superkräfte. Hier sind ein paar zur Auswahl – wählen Sie aus dem reichhaltigen Menü 🙂
“Der letzte Test wurde immer komplizierter, am Ende war es ein 6-monatiges Projekt. Dann kam das nächste Software-Release und der Test war für die Katz'”
“Wir hatten so viele Kennzahlen, dass wir gar nicht mehr wussten, was in Wirklichkeit die beste Lösung war”
“Nach drei Tests hat unsere IT gesagt, dass sie gar keine Ressourcen haben, um die Erkenntnisse umzusetzen”
“Der erste Test war ja noch gut. Aber danach haben wir weiter getestet und dann hatten wir auf einmal keinen Uplift mehr. Was sollen wir jetzt glauben?”
Das sind alles echte Bedrohungen für eine große und gute Idee. Viele davon sind eventuell nicht aus eigener Kraft zu lösen. Das sorgt für Frust. Die Conversion Superheroes heben trotz guter Arbeit nicht ab.
Dabei gibt es für alle diese Herausforderungen auch die richtigen Lösungen.
Die Themen- und Fragengebiete sind z.B.:
- Agilität: wie lassen sich Optimierungszyklen in bestehenden Teams (“silo-übergreifend”) abbilden?
- (Daten-)Glaubwürdigkeit: wie bilden wir unsere Ziele glaubwürdig mit Kennzahlen ab? Welche Kennzahlen sind es?
- Release-Steuerung: Wie koordinieren wir unsere Conversion-Roadmap mit den IT-Release-Zyklen? Was setzen wir überhaupt “hart” um und was spielen wir über Tools aus?
- Effektivität: Wie sorgen wir konstant für gute Uplifts? Woher kommen die Optimierungs-Hypothesen? Wie verhindern wir Decken-Effekte und wie priorisieren wir Testideen?
“Conversion Optimierung ist doch Firlefanz”
Ganz ehrlich: Der erste Test ist schnell online. Die ersten Erfolge sind schnell da. Aber: Jeder, der sich eine der obigen Fragen schon gestellt hat, sieht sich auf einmal mit einer Komplexität konfrontiert, die Organisationen und Prozesse einfach nach sich ziehen.
Conversion Optimierung ist keine Pixelschubserei.
Testing ist kein Tool.
Beides ist viel mehr: Es geht um Innovationen, die in schnellen Sprints umgesetzt und deren Effektivität gemessen wird. Es geht um agiles Marketing und um Innovationen.
Agile Optimierungsprozesse ändern die Art, wie wir (Online-) Marketing machen, radikal.
Doch Vorsicht: Organisationen mögen per se keine Veränderungen. Das ist der wahre Conversion Killer jedes Unternehmens. Wer ein echter Held sein will, muss also weiter gehen. Aber nur Mut, denn als der Conversion Superhero hat man stets eine Superkraft an Bord: Der gemessene Uplift in Form von Umsatz oder Deckungsbeitrag ist die ultimative Überzeugungskrafts-Waffe, die die nötigen Veränderungen rechtfertigen können.
Der ROI von A/B-Tests ist der Buy-in für nötige Veränderungen – aber reicht das aus?
Ich möchte noch eine andere Betrachtungsweise aufzeigen, die die Notwendigkeit von Veränderungen noch viel besser begründet:
Opportunitätskosten von Conversion-Optimierung kalkulieren
Wie viele Conversions stehen für Tests pro Jahr zur Verfügung?
10.000? 100.000? 500.000? 1.000.000?
Wir wissen: Ein einfacher und effektiver A/B-Test mit 4-5 Varianten benötigt im schlimmsten Fall 1.000 Conversions pro Variante für valide Ergebnisse. Inklusive Control-Variante sind das circa 5.000 Conversions.
Wie viele Tests wären also pro Jahr theoretisch möglich?
10.000: 2 Tests (upps)
100.000: 20 Tests (schon besser)
500.000: 100 Tests (yeeha!)
1.000.000: 200 Tests (man braucht ja Ziele im Leben)
Wie gesagt, es geht hier nicht um die Frage der Realisierbarkeit. Natürlich bräuchten 100 Tests die nötigen Ressourcen. Es braucht auch eine technische Lösung, wie Tests effizient parallel laufen können (Ja, die gibt es). Es braucht Prozesse, Effizienz, etc.
Und natürlich macht es auch Sinn, teilweise mehr Conversions für einen guten multivariaten Test zu verbrauchen.
Wissen wir.
Aber darum geht es nicht.
Es geht um die Frage, was es kostet, es nicht zu tun (das können wir auf jeden Fall) oder es nicht richtig zu tun (auch das soll vorkommen).
Also, hier ist die Berechnung:
Ein Test schafft durchschnittlich 5% Revenue-Uplift (klingt zu wenig? bitte beachten, es gibt auch Tests, die nicht funktionieren – und es geht um eine langfristige Betrachtung. Was? Es klingt zu viel? hmmmm… für die Pessimisten rechnen wir im Anschluss auch noch einmal mit durchschnittlich nur 2% Revenue-Uplift pro Test)
Was bedeutet das?
Der hypothetische Wert von 20 Tests à 5% Revenue-Uplift wäre eine Umsatzverdoppelung (5% * 20 = 100%). Natürlich kumulieren sich nicht alle Resultate in der Realität – aber darum geht es – wie schon gesagt – nicht, es ist ein hypothetischer Wert.
100.000 Conversions à 100 Euro sind 10 Mio Euro Jahresumsatz.
20 Tests haben unter diesen Bedingungen also “Opportunitätskosten” von 10 Millionen Euro.
Man könnte besser sagen, 10 “gute Tests” mit je 5% Revenue Uplift haben einen Wert von bis zu 10 Millionen Euro.
Es nicht zu tun, kostet umgekehrt bis zu 10 Millionen Euro.
Wer die gleiche Rechnung mit dem pessimistischeren (schlechteren?) Wert von 2% durchschnittlichem Revenue-Uplift macht, kommt entsprechend auf einen Wert von 4 Millionen Euro.
Die zwei zentralen Erfolgsvariablen der Conversion Optimierung
Wer versteht, dass man durch konstante Optimierung (Innovation) die Steilheit der Wachstumskurve beeinflussen kann, der erkennt die beiden zentralen Faktoren:
A) Agilität – wie viele Tests/Optimierungs-Sprints schafft man pro Jahr?
B) Effektivität – wie hoch ist der durchschnittliche Uplift?
Anders gesagt: Wer nur halb so viel Uplift schafft, muss doppelt so lange bzw. doppelt so viel optimieren, um das gleiche zu schaffen.
Worauf möchte ich eigentlich hinaus?
Ich habe zu Beginn erklärt, dass nach den ersten Erfolgen der Conversion Superheroes echte Herausforderungen kommen. Veränderungen sind unbequem und kosten Geld.
Wer nicht strategisch an die Überlegungen zu nötigen Veränderungen und den daraus folgenden Investitionen heran geht, übersieht eventuell die Potenziale.
Fazit: Fünf Dinge, die Sie tun können
Hier sind meine fünf konkreten Tipps für echte Conversion Superheroes, die hoch hinaus möchten
- Entwickle das Thema von Gelegenheitsoptimierungen (“weil wir es könnten”) hin zu einem Programm (“weil es sich lohnt”). Hilfreich ist dabei das Conversion Maturity Modell.
- Erkenne die wahren Bedrohungen (Conversion Killer) der Organisation. Die fehlenden 100 Mio Jahresumsatz liegen nicht daran, dass der Warenkorb-Button die falsche Farbe hat.
- Errechne den Wert der Optimierung. Berechne die Auswirkungen von fehlender Agilität und fehlender Effektivität in Form von Opportunitätskosten.
- Arbeite an den Meta-Themen der Conversion Optimierung. Erkenne die Barrieren in der Organisation und arbeite mit allen Stakeholdern zusammen.
- Evangelisiere und Überzeuge von der Notwendigkeit der Veränderung. Kreiere und verbreite “Was wäre wenn… (wir das doppelt so oft schaffen)?” Szenarien im Unternehmen.
Weiterführende Blogposts:
Checkliste: Die vier Erfolgssäulen der Conversion-Strategie
23 Conversion-Fragen, die keiner beantworten kann.
7 Kommentare
C. Valiente,
“Ein einfacher und effektiver A/B-Test mit 4-5 Varianten benötigt im schlimmsten Fall 1.000 Conversions pro Variante für valide Ergebnisse.”
Und damit will ich einen 2% (oder meinetwegen 5%) Revenue Uplift statistisch signfikant gemessen haben? Bitte?!?
André Morys,
Zu wenig? zu Viel? Der Kommentar ist leider nicht besonders eindeutig, sorry.
André Morys,
Und bitte beachten: Das soll eine Betrachtung von Durchschnittswerten sein. Natürlich brauche ich bei weniger Uplift mehr Conversions. Und das Signifikanzniveau muss klar sein: Ein paar Prozent mehr Anspruch lassen die Anzahl möglicher Tests deutlich reduzieren. Das zeigt, dass die Entscheidung für ein Signifikanzniveau langfristig eine wichtige Kosten-Nutzen-Entscheidung ist.
André Morys,
Ach ja, und noch etwas fällt mir ein: Die Volatilität der Warenkörbe spielt natürlich eine Rolle. Im Reisebereich sieht das anders aus als bei Retailern, bei der Leadgernerierung ist es wieder einfacher. Die Menge von 1.000 lässt sich sicher je nach Geschäftsmodell / Volatilität anpassen. Man müsste vielleicht dafür einen Kalkulator bauen, dann kann es jeder für sich ganz genau ausrechen. Aber so ist der Blogpost ja nicht gemeint – es geht um das Prinzip.
Frank,
Prinzip und Hintergrund verstanden und mal wieder für sehr klasse befunden 🙂
Bernd Hellmuth,
Moin,
wie so oft schreiben Profis über hunderte oder tausende Conv., die es zum testen von diesem oder jenem braucht.
Aber was macht ein Optimierer, dessen Projekt pro Monat 10, 50 oder 200 Cvr. über Kategorien generiert? 10 Jahre testen? 😉
André Morys,
Hallo Bernd,
das stimmt – MaFo ohne Stichprobe wird wackelig. Es gibt aber Wege – z.B. CR Uplits sind schneller signifikant, Revenue kann als sekundäres Goal “nur” zur Diagnose genutzt werden, etc. Das macht die Erkenntnisse manchmal weniger valide – umgekehrt sind bei weniger Conversions auch die möglichen Verlust aufgrund fehlender Validität geringer.
Trotz weniger Conversions aber bitte nie auf Klicks / Micro-Conversions optimieren. Das geht schief.