5 Tipps für die erfolgreiche Internationalisierung von E-Commerce Projekten und Onlineshops
Wieso sich auf eine kleine Stadt oder Region beschränken und in einen stationären Laden investieren, wenn man doch heute mit ein paar Euro einen Shop im Internet eröffnen kann und damit die ganze Welt erreichen kann?
Schnell die Produktbeschreibungen noch mal selbst in Englisch übersetzen und eine Sprachauswahl anbieten. Vorteile für deutsche Kunden, wie der kostenlose Versand werden verschwiegen, da dieser nicht für alle Länder angeboten werden kann und die Versandkosten erst nach der Adresseingabe im Checkout angezeigt werden können.
So blauäugig gehen wahrscheinlich viele Shop-Betreiber an Ihr E-Commerce Projekt heran. Um allerdings wirklich mit im Ausland ansässigen Onlineshops konkurrieren zu können, bedarf es doch weit mehr als nur der Übersetzung des Shops in Englisch.
1. Zeigen Sie offen die Bedingungen für den internationalen Versand
Wenn Sie sich dazu entscheiden international zu versenden, dann verstecken Sie die Lieferbedingungen und -kosten nicht in den FAQ oder unter anderen Links, sondern positionieren Sie im Footer einen eindeutigen Link mit der Bezeichnung “Internationaler Versand”. Der Besucher hat dadurch die direkte Information, dass Waren international verschickt werden und weiß auch sofort, dass er hinter dem Link Informationen über den Versand in sein Land erhält.
2. Nutzen Sie IP-Detection um passende Daten auszuliefern
IP-Detection ist eine Methode um anhand der IP-Adresse den Ort des Besuchers zu bestimmen. Anbieter von solchen Geo-IP Lösungen versprechen eine Genauigkeit von 99,8% auf Landesebene.
Auf Basis der Ortsbestimmung kann dem Besucher die passenden Inhalte ausgeliefert werden. Wie die passenden Inhalte aussehen, hängt davon ab, welche internationale Strategie man hat. Bietet man in jedem Land den selben Shop mit den selben Produkten an, so sollte der Nutzer den Shop in seiner Landessprache und seiner Währungseinheit angezeigt bekommen. Um allerdings eventuelle Fehler der IP-Erkennung als Besucher entgegenwirken zu können, sollte der Besucher immer die Möglichkeit behalten Land und Sprache zu ändern.
Bieten Sie hingegen für andere Länder einen anderen Shop mit abweichenden Produkten und Preisen an, so ist es eventuell gewollt, dass der Besucher den ausländischen Shop anwählt, weil er in diesem Produkte bestellen kann, die er in seinem Land nicht erhält. Hier wäre es zum Beispiel hilfreich dezent nachzufragen, ob der Nutzer im richtigen Shop ist, oder ob er eigentlich in den Shop seines Landes möchte.
3. Währung und Maße umrechnen
Einen kompletten Shop in eine andere Sprache zu übersetzen, bedeutet schon ein ordentliches Arbeitspaket, das sich erst mal bezahlt machen muss. Vielen ist es dann zu viel noch in das Shop-Backend einzusteigen und Währungen und Maßeinheiten je nach Ländereinstellung umgerechnet anzeigen zu lassen. Ein Punkt der sich allerdings bezahlt machen könnte. Der Mensch ist nun mal eher Träge. Die Motivation müsste schon sehr hoch sein (durch z.B. ein besonders seltenes Produkt, welches in keinem anderen Shop zu finden ist), damit ein Besucher die Hürde auf sich nimmt und den zu bezahlenden Betrag in seine Währung umrechnet oder Maßeinheiten in seine üblichen Einheiten umrechnet, um sich ein besseres Bild vom Produkt machen zu können.
4. Zeigen Sie frühzeitig die Versandkosten
Frühzeitig die Versandkosten zu zeigen hat von zwei Seiten Vorteile. Sind die Versandkosten ins Ausland zu hoch, erfährt der Besucher dies früh genug und ist nicht genötigt im Checkout seine komplette Adresse anzugeben, um dann erst festzustellen, dass der Aufpreis durch Versandkosten nicht tragbar ist.
Gibt es hingegen für Inländer besonders günstige Versandkosten oder gar keine Versandkosten, ist es trotzdem wichtig, dass Inländer auch frühzeitig über die günstigen Versandkosten informiert werden. Günstige Transportkosten können ausschlaggebend für eine Kaufentscheidung sein, wohingegen versteckte Versandkosten einen Kontrollverlust beim Besucher darstellen und zum Kaufabbruch führen können.
Auch hier ist der Onlineshop Asos wieder sehr vorbildlich und liefert basierend auf der Länderauswahl direkt auf der Produktseite alle vorhandenen Informationen über den Versand wie ungefähre Versanddauer und -preis (siehe Bild bei Punkt 3).
5. Beachten Sie länderspezifische Usability-Heuristiken im Checkout
Kennt man das Land des Besuchers (z.B. über IP-Detecting oder durch vorherige Angabe durch den Nutzer), so ist es auch hilfreich den Shop auf länderspezifische Usability-Heuristiken einzustellen. So ist es im amerikanischen Raum üblich zunächst die Stadt und dann die Postleitzahl einzugeben. Zusätzlich ist die Angabe des Bundeslandes wichtig. In Deutschland hingegen ist das Bundesland nicht relevant und es ist üblich erst die Postleitzahl einzugeben und danach die Stadt.
Dementsprechend sollten Formulare angepasst werden, so dass der Besucher im Flow bleibt und nicht von einer unüblichen Anordnung von Formularfeldern aufgehalten wird.
Generell sollten folgende Unterschiede beachtet werden:
- kulturelle Unterschiede (z.B. erst Nennung von Nachname, dann Vorname)
- Unterschiede bei der Adresseingabe (z.B. Reihenfolge und Notwendigkeit von Angaben)
- Bekanntheit und Beliebtheit von Zahlungsmöglichkeiten
- Rechtliche Vorgaben (z.B. Zustimmung zu AGB oder Datenschutz)
Wie diese Punkte übertragen auf die Länder Australien, Indien, Japan, China, Deutschland und Brazilien sich im Checkout bemerkbar machen, hat der Ecommerce Blog “GetElastic” in dem Artikel “Checkout Form Design From Around The World” schon ausgearbeitet.
Fazit
Nur weil ein Onlineshop in der ganzen Welt erreichbar ist, heißt es nicht automatisch, dass man auch in der ganzen Welt seine Produkte verkaufen kann. Durch höhere Versandkosten ist es schwierig mit örtlichen Onlineshops konkurrieren zu können. Auch die optimale Ausrichtung auf andere Länder, muss gegeben sein um im Ausland konkurrenzfähig zu sein. Eine Einstellung auf den Besucher und das Anzeigen von passenden Inhalten und landesspezifischer Währung, Sprache und Checkout-Prozesses sind notwendig, um dem Besucher den besten Komfort zu bieten. Ein “Durchwuseln” durch Onlineshops in fremder Sprache, mit fremder Währung und unüblicher Anordnung von Formular-Feldern kommt wahrscheinlich nur für erfahrene Nutzer in Frage. Andere würden wahrscheinlich schon viel früher aussteigen.
6 Kommentare
Alex,
Hallo,
gibt es irgendwo eine Auflistung von diesen Unterschieden nach (Top-)Ländern sortiert?
> kulturelle Unterschiede (z.B. erst Nennung von Nachname, dann Vorname)
> Unterschiede bei der Adresseingabe (z.B. Reihenfolge und Notwendigkeit von Angaben)
> Bekanntheit und Beliebtheit von Zahlungsmöglichkeiten
So eine Übersicht wäre sehr hilfreich. Kennt jemand eine Quelle hierfür?
Grüße
Alex
Alex,
ähm, peinlich – die Antwort stand direkt unter den Zeilen im Artikel. Vergisst die Frage 😉
Manuel Ressel,
Hallo Alex,
ich hab den Artikel auch noch mal unter “weitere Quellen” dazugepackt. Im Fließtext beim Überfliegen kann man den Link auch schon mal übersehen. 😉
Henning Heesen,
Der angepasste Checkout und die lokalen Zahlungsmethoden sind nur eine von vielen Maßnahmen die ein Auslandshop zu Erfolg machen.
Wenn wir mal überlegen auf welchem “microscopischen” Niveau Konversionsverbesserungen in deutschen Online Shops betrieben wird, dann wird ein Franzose oder ein Holländer sich mit der englischen Sprache, die deutsche Telefonnummer, der deutsche Kundenservice und das deutsche Shoppingsiegel nicht richtig anfreunden.
Frei nach dem Motto “ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn” werden Sie mit Ihrem Auslandsshop bestimmt mal einen Auftrag buchen, aber spätestens wenn der Kunde mit Ihnen wegen einer Reklamation oder Wiedderuf in Kontakt treten muss, wird er sich verloren fühlen und wünschen dieses “Auslandsabenteuer” nie eingegangen zu sein. Der für Sie vielleicht wichtige Wiederholungskauf bleibt somit aus.
Weniger als 3% des Online-Gesamtumsatzes wird in der EU Cross-Border gekauft. Die Sprach- und Kulturbarriere ist da die größte Hürde. Große Händler machen es uns aber vor: Die Auslandsniederlassungen wird gegründet und löst die Probleme. Der Shop ist plötzlich lokal ansässig, die Sprache passt, die Telefonnummer stimmt, das Shoppingsiegel ist das lokal bekannte und der Kundenservice wird in Landessprache mit lokalen Mitarbeitern angeboten. Die Konversionsrate des Auslandsshop steigt an auf die im Inland. Logisch aber auch, der Auslandsshop ist ja plöztlich ein Inlandsshop!
Die Lokalisierung ist der Schlüssel zum Erfolg. Sich die gleiche Mühe zu machen wie der z.B. französische Händler und sich dem Markt und dem Land anzupassen.
Denken Sie daran, englisch ist für Sie eine Fremdsprache, für den franzosen aber auch.
Manuel Ressel,
Hallo Herr Heesen,
um wirklich konkurrenzfähig zu werden, kommt man früher oder später als Shopbetreiber wahrscheinlich nicht mehr um eine Kontakt- und Versandadresse im jeweiligen Land herum. Die Gründe, die sie dafür aufzählen, sind durchaus richtig.
Man hat lediglich die Chance für den Anfang auch ohne Standort im Ausland auszukommen, wenn der Shop sehr gut aufgestellt ist, mit Eigenmarken und besonders seltenen oder besonderen Artikeln und wenn die Punkte aus dem Artikel erfüllt sind.
Dass es funktionieren kann, zeigt der britische Onlineshop Asos. Obwohl keine Kontaktadresse in Deutschland vorhanden ist und die Versandzeit relativ lange ist, kann der Shop aufgrund von günstigen Eigenmarken und besonderer Kleidungsstücke Fuß fassen.
Frank W. Demann,
@Hennig Heesen
Sehr schön auf den Punkt gebracht! Dem kann ich auch nur beipflichten. Einen Shop im Ausland zu eröffnen ohne selbst “Ausländer” zu sein und die Mentalität, die Gesetzeslage oder die Sprache perfekt zu beherrschen, ist schlicht zum Scheitern verurteilt. Wer weiß schon, dass Franzosen am liebsten mit der Carte Bleue zahlen und dort der Scheck das Nonplusultra ist? Im Endeffekt muss man im Ausland die gleiche Infrastruktur wie in Deutschland noch einmal aufbauen. Eben nur mit Leuten aus diesem Land.