Rechtliche Aspekte der Conversion Optimierung – 4 Beispiele für Abmahnungen
Als Berater für Conversion Optimierung sollen und vor allem dürfen wir keine Rechtsberatung leisten. Wie kämen wir auch dazu. Allerdings begegnet einem Conversion Optimierer im Alltag selbst bei kleineren Änderungen immer wieder potentieller Nährboden für Abmahnungen – häufig ohne es zu merken.
Vorab, ich bin kein Rechtsberater. Alles was jetzt folgt basiert auf dem Vortrag von Dr. Martin Schirmbacher, Fachanwalt für IT-Recht, HÄRTING Rechtsanwälte von der Conversion Conference 2013. Alle Angaben ohne Gewähr! 😉
Worum geht es?
Häufig werden kleinere Optimierungen nicht von Anwälten geprüft, was meist einem agilen Prozess oder einer fehlenden Rechtsabteilung im Unternehmen geschuldet ist. Letztlich kann es auch eine Frage des Budgets sein oder einfach kein Bewusstsein für dieses Thema vorliegen. Selbst wenn das Unternehmen über eine Rechtsabteilung verfügt, wird unter Umständen auf eine “Compliance Procedure” verzichtet, um schneller im Optimierungs-Prozess voran zu kommen.
Schließlich geht es ja <erst mal> nur um einen Test. Danach lässt sich das Ganze noch mal <rechtmäßig> prüfen.
Auch ich muss zugeben, dass ich diesen Gedanken schon mal hatte. Die folgenden 4 Beispiele zeigen, wie leicht man hier daneben liegen und die Tragweite eines einzigen Wortes unterschätzen kann.
Beispiel Nr. 1 – Kleine Übertreibungen
Ok, klingt erst mal nicht schlimm. Wer kennt das nicht, ein bisschen übertreiben hat noch niemanden geschadet. Im Praxisbeispiel von Dr. Schirmbacher: Ein Onlineshop beschreibt eine hochwertige Outdoor Jacke als “extrem haltbar”. Eine Wortwahl, die auf der Hersteller Beschreibung nicht zu finden ist. Sicherlich handelt es sich bei der Jacke um ein gutes Produkt, aber die Wortwahl “extrem” impliziert weit mehr als das. Die Tragweite eines solchen Wortes kann letztlich in einer Abmahnung durch den Hersteller oder aber hohen Retourenquoten resultieren.
Wichtig:
Bei eigenen Produkttexten – welche beispielsweise aus Sicht der Suchmaschinen-Optimierung Sinn machen – immer beim Hersteller rückversichern.
Beispiel Nr. 2 – Lieferbarkeit
Dieses Thema wird aktuell hart diskutiert. Ab Sommer 2014 müssen die Händler einen Lieferzeitpunkt (siehe Amazon Beispiel) angeben. Formulierungen wie “Sofort Lieferbar” können irreführend sein und Begrifflichkeiten wie “voraussichtlich” wurden bereits von einigen OHGs abgemahnt. Tatsächlich wäre ich als Nicht-Jurist nie auf die Idee gekommen, dass “Lieferung in ca. 2-3 Tage” legitim ist, “Lieferung voraussichtlich in 2-3 Tagen” aber nicht. Für mich bedeuten die Beschreibungen inhaltlich das gleiche.
Generell sollte die Terminologie beachtet werden, z. B. “Lieferbar” vs. “Lieferzeit“. Hier gibt es zwar keine klare Rechtssprechung, die Erwartung der Kunden nach Gunda Lauckenmann, Pressesprecherin bei Verbraucherschutz.de – ist jedoch klar:
Für die Kunden bedeutet Lieferzeit <bis zum Erhalt> und nicht <bis zum Versand> der Ware.
Beispiel Nr. 3 – Künstliche Verknappung
Das Verknappung als psychologischer Trigger funktioniert, ist kein Geheimnis. Aus diesem Grund wird diese Maßnahme häufig von Conversion Optimierern eingesetzt. Wichtig dabei ist, dass es keine künstliche Verknappung ist. Beispielsweise ist “Nur noch 49 Sekunden verfügbar” nur zulässig, wenn ein zuverlässiger Counter dahinter steht – sich also der Lieferstatus wirklich ändert.
Unzulässig wäre, wenn der gleiche Preis bestehen bleibt oder das Produkt weiterhin verfügbar ist, obwohl dies zuvor anders kommuniziert wurde.
Interessanterweise ist dagegen “Nur noch 1 auf Lager (mehr unterwegs)” zulässig, weil sich rechtlich die Lagerhaltung nicht prüfen lässt. Gibt der Händler z. B. an, dass sein Lager erst ab 1/3 der Lagerfläche beginnt, 2/3 “Vorlager” sind, so lässt sich das nicht verhindern. Also auch hier gibt es Schlupflöcher.
Beispiel Nr. 4 – Falscher Trust
Neben Verknappung ist Trust schaffen auch eine bekannte Maßnahme zur Conversion Optimierung. Hier allerdings ein selbst “gebasteltes” Gütesiegel zu verwenden ist riskant. Vertrauen lässt sich nicht durch irgendwelche “fake Siegel” aufbauen. Hier sollten belastbare Kriterien dahinter stehen, welche durch eine neutrale Instanz geprüft wurden. Das Landgericht Köln verurteilte z. B. einen Hotelbetreiber, welcher auf seiner Website seine (angeblich) hervorragende Qualität mit einem Siegel und falschen Bewertungen beworben hatte.
Außerdem sollten nach Verbraucherschutz die Siegel eine Haltbarkeit haben bzw. mindestens ein Datum der Prüfung enthalten (siehe Stiftung Warentest).
Wichtig:
Man sollte neben “Fake Siegeln” auch keine “Fake Kundenmeinung” veröffentlichen. Das Ganze wird von Rechtswegen als Verbrauchertäuschung verurteilt. Egal wie geheim man das hält, so etwas kann immer heraus kommen. Letztlich macht man sich damit auch erpressbar. Aber selbst bei neutralen Instanzen kann es zu Problemen kommen. Mit der Aussage “Garantiert echte Kundenmeiung” stand z. B. Ekomi in der Kritik, weil positive Bewertungen sofort veröffentlicht, negative hingegen zuerst einem Prüfverfahren unterzogen wurden.
Aus Anbietersicht völlig nachvollziehbar, das positives Feedback direkt veröffentlicht wird. Ist ja schließlich gute Werbung. Dass bei negativem erst noch geprüft wird, warum tatsächlich schlecht bewertet wurde, gilt laut dem OLG Düsseldorf als unlauter.
Mit der Äußerung “Garantiert echte Kundenmeinungen” erwarte der Kunde, dass Meinungen tatsächlich auch ohne jedwede Beeinflussung veröffentlicht werden.
Ein weiterer Punkt zum Thema Vertrauensbildung ist das Werben mit Selbstverständlichkeiten. Beispielsweise das besondere hervorheben von 14 Tage Widerrufsrecht oder 2 Jahre Gewährleistung. Solche Angaben – auch wenn sie objektiv richtig – sind, können für den Kunden irreführend sein. Zumindest laut Rechtsprechung.
Fazit
Auch kleine Eingriffe im Rahmen der Conversion Optimierung können rechtliche Konsequenzen haben. Im Zweifelsfall vor dem Teststart die Änderungen durch Rechtsabteilung oder den Rechtsberater absegnen lassen. Sofern man Transparent ist und ehrlich kommuniziert, ist man eigentlich auf der sicheren Seite.
Auf der anderen Seite muss jeder Händler / Conversion Optimierer abwägen, ob man das Risiko abgemahnt zu werden zugunsten eines Uplifts eingeht. Getreu dem Motto: “Wo kein Kläger da kein Richter!”. Aber das muss natürlich jeder selbst entscheiden! 😉
Für detailliertere Informationen zum Thema “Rechtliche Aspekte der Conversion Optimierung” empfehle ich das gleichnamige Whitepaper von Dr. Martin Schirmbacher.
Welche Erfahrungen haben Sie mit rechtlichen Konsequenzen im Optimierungs-Alltag gesammelt? Über Ihr Feedback würde ich mich freuen.