Conversion Optimierung

Praxistipps: In 5 einfachen Schritten zu guten Produkttexten

André Morys
 Lesezeit: 6 Minuten    
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Die Optimierung der Produktdarstellung ist ein Bereich mit zweistelliger Uplift-Garantie. Warum? Weil die meisten Shops auf Konsumenten wie monotone, technische, gleichaussehende Templates mit den gleichen Bildern, Texten und Funktionen wirken. Wo keine Differenzierung erkennbar ist, wird am Ende nach dem Preis und der Lieferzeit gekauft.

Zahlreiche A/B Tests, in denen wir (und vor allem unsere Kunden) es wagten, die Produktinszenierung und die Produkttexte zu optimieren, hatten mit die höchsten Uplifts. Auf Produktseiten wird die eigentliche Handlungsmotivation von Konsumenten in einen Kaufimpuls umgewandelt. Der Klick auf den Warenkorb-Button wandelt die Motivation in eine echte Handlung.

Wie schafft man es also, Produkte optimal zu inszenieren? Wie entwickelt man optimale Produkttexte?

Schritt 1: Konsumenten kennen lernen

Es klingt banal und einfach – und doch ist es für die meisten “Distanzhändler” der größte Conversion-Killer: Das fehlende Wissen über Konsumenten und deren Motivation zum Kauf. Entsprechend sind die meisten Produktseiten in Shops ein einfaches “Template” mit Produktname, Bild und einem Preis.

produkttexte fehlen

Die einfachste Möglichkeit, um dieses Problem zu lösen, sind Personas. Personas sind prototypische Kunden mit Namen, Gesicht und einem Lebenslauf. Oft werden diese Personas bis in das letzte Detail ausgeschmückt, durch CRM Daten validiert um dann doch in der Schublade zu landen.

Warum?

Weil es egal ist, welches Auto ein Kundentyp fährt oder wie sein Vorgarten aussieht. Es ist lediglich ein Indikator dafür, dass es sich um einen bestimmten Typ handelt. Am besten geht man direkt einen Schritt weiter. Bestehende und durch empirische Marktforschung belegte Typologie-Modell, wie z.B. Sinus-Millieus, TDW oder Limbic, liefern eine viel bessere Grundlage. Auf der Limbic Map lassen sich Wünsche von typischen Kunden bereits verorten:

limbic-personas-und-motive

Dieses Wissen ist die Grundlage für Produkttexte, die in Resonanz mit den Wünschen der Kunden sind.

Schritt 2: Motive und Produktnutzen in Einklang bringen

Produkte haben meist zahlreiche “Features” – also Funktionen, Möglichkeiten oder Ausstattungsmerkmale. Features machen für Konsumenten jedoch nur Sinn, wenn sie einen Nutzen haben. Der Nutzen kann emotional oder rational sein. Er muss jedoch auf jeden Fall im Einklang mit den Motiven des Konsumenten sein, sonst entsteht kein Wert bzw. Nutzen.

Eine einfache Übersetzung der Kundenmotive mit den wichtigsten Features der Kamera sähe in etwa so aus:

limbic-types-und-features

Warum ist die Unterscheidung zwischen Features und Nutzen so wichtig? Ganz einfach: weil Konsumenten selten in Features denken. Die meisten Shops können nur mit Kunden kommunizieren, die bereits genau wissen, was sie suchen. Dabei ist die Gruppe derer, die noch die Bestätigung sucht, dass die gefundenen Lösung wirklich passt, viel größer.

Schritt 3: Implizite Wirkung durch Tonalität definieren

Hier zahlt es sich jetzt wirklich aus zu wissen, welche Typen wirklich zu den Kunden zählen.

In einer Case-Study aus dem Jahr 2012 haben wir bereits bewiesen, welche dramatischen Auswirkungen die implizite Wirkung einer Produktdarstellung hat. Die Produkttexte spielen dabei natürlich eine Rolle – sie müssen zum Wertemodell des Konsumenten und der gesamten Inszenierung passen.

persona-optimierte-ansprache

(wer sich dafür interessiert: es gibt eine etwas detailliertere Beschreibung des Cases und des Vorgehens mit Personas)

Es macht schon einen enormen Unterschied, ob Kunden lässig und locker wie bei IKEA oder förmlich wie bei der Deutschen Bank angesprochen werden. Für Konsumenten stellt sich die Frage “Ist das für Leute wie mich?” und dabei hilft Ihnen die Tonalität des Textes enorm weiter. Erst wenn eine emotionale Resonanz entsteht, gelangt die Botschaft wirklich ins Konsumenten-Hirn. Dabei meine ich mit emotionaler Resonanz die logische Weiterführung von inhaltlicher Relevanz – übertragen auf die implizite Ebene.

Schritt 4: Details ausformulieren und Einblicke geben

Bisher haben wir nicht mehr als eine Liste von Produktvorteilen in der richtigen Tonalität. Konsumenten brauchen jedoch meist mehr Informationen, um eine finale Kaufentscheidung zu treffen. Je komplexer die Entscheidung (Büroklammer: nicht komplex / Rentenversicherung: Sehr komplex) desto mehr Informationen werden in der Regel benötigt.

Schreiben Sie zu den wichtigsten Produktnutzen kurze Texte, die die zuvor definierte Tonalität nutzen. Achten Sie darauf, dass der Nutzen bereits in der Headline des Absatzes steckt – so entsteht ein scanbares Format.

Die Headline ist der “krönende” Abschluss und sollte den Produktnutzen optimal transportieren. Inspiration kann man sich dabei immer bei Anbietern holen, die nur ein Produkt verkaufen – hier gibt man sich meist besonders viel Mühe bei der Inszenierung:

pencil-features

Beispiel: Pencil von Fiftythree. Hier entsteht die eigentliche “Magie” für den Nutzer, die Kaufmotivation steigt durch relevante und nutzenorientierte Feature-Darstellungen.

Schritt 5: Feinschliff

Lassen Sie den ersten Entwurf erst einmal kurz ruhen. Erst mit Abstand können Sie erkennen, ob er wirklich gut war. Während des Schreibens sind Sie selbst entweder viel zu selbstkritisch oder umgekehrt noch selbst recht stark verliebt in den eigenen Text. Wenn ein oder zwei Tage vergangen sind, können Sie den Text mit ein wenig Abstand besser bewerten.

Noch besser: Holen Sie sich kurz Feedback von Menschen, die den Abstand haben und ihnen differenziertes und ehrliches Feedback geben können. Haben Sie den Mut, irrelevante Passagen (die nur Sie selbst toll fanden) ersatzlos zu streichen. Denken Sie darüber nach, wie Illustrationen und Bilder einzelne Produktvorteile noch besser hervor heben können.

Für Relevanz haben Sie bereits gesorgt – aber funktioniert die Seite auch SEO-technisch? Ergänzen Sie die wichtigsten Formulierungen und Keywords in der richtigen Schreibweise und an den richtigen Stellen um sicher zu stellen, dass CRO- und SEO-Ziele gleichermaßen erfüllt sind. (wie das geht, wissen die SEO Experten besser…).

Weitere konkrete Tipps für gute Produkttexte: 5 Regeln für Produkttexte, die verkaufen

Schlussplädoyer

Es klingt nach viel Arbeit – vor allem Shopbetreiber mit größeren Sortimenten haben wahrscheinlich bereits nach den ersten beiden Schritten geächzt und im Kopf ein “Wie soll ich das bei 30.000 Produkten schaffen?”-Horrorszenario kreiert.

Aber: Gute Produkttexte erhöhen die Conversion, schaffen Alleinstellung und transportieren die eigentlichen Werte eines guten Händlers. Die Opportunitätskosten liegen auch schon für kleine Händler im sechstelligen Bereich. Konsumenten spüren, ob ein Unternehmen sich mit seinen Produkten wirklich auskennt oder ob es bloß ein “Kistenschubser” ist.

Reichen Kundenbewertungen nicht auch?

Selbstverständlich erzeugt auch von Nutzern generierter Inhalt, wie z.B. Bewertungen, einen Mehrwert. Amazon hat das Prinzip perfektioniert und ein Crowdsourcing-Ökosystem für Produkteigenschaften geschaffen – weil es anders in dieser Größenordnung nicht  geht. Jeder Händler, der diese Menge Content durch Nutzer nicht generieren kann, sollte sich jedoch Fragen, wie er gegenüber so einem Wettbewerb langfristig nachhaltige Alleinstellung schaffen kann.

Das eine tun heißt ja nicht, das andere zu lassen.

Wer nicht optimiert, stirbt. 

In meiner Vorstellung gibt es keinen Markt für Händler, die weder optimale Preise/Logistik/Services haben (das hat Amazon) oder sich durch Beratung/Service/Produktnutzen abgrenzen können (das wird Amazon nie können). Daher ist die Entwicklung guter Produkttexte nicht nur ein SEO-Rankingfaktor und ein Deckungsbeitrags-Faktor sondern langfristig auch ein Überlebensfaktor.

Hier die einzelnen Schritte noch einmal im Überblick:

produkttexte-prozess

Über den Autor

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André Morys

Vorstand (Vors.)

André Morys (geb. 1974) ist Gründer und Vorstand (Vors.) von konversionsKRAFT, Deutschlands führender Agentur für Conversion-Optimierung und strategische Beratung in puncto digitales Wachstum. Darüber hinaus ist André Morys Initiator und Gründer der GO Group Digital, die ein weltweites Netz von Experten für digitale Transformation bildet.

Zu seinen Veröffentlichungen zählen “Die digitale Wachstumsstrategie” (2018) und „Conversion Optimierung” (2011) sowie zahlreiche Fachbeiträge in einschlägigen Medien zu Online-Marketing. Er ist zusätzlich als Dozent an der Fachhochschule Würzburg tätig und hält zahlreiche Keynotes und Vorträge auf nationalen und internationalen Kongressen zu den Themen digitales Wachstum, E-Commerce und Optimierungsstrategien.

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9 Kommentare

  1. Gravatar

    Martin,

    Und wie spricht man zwei unterschiedliche Zielgruppen für ein und dasselbe Produkt an?
    (ja, meine Kunden Gehören zwei unterschiedlichen Zielgruppen an, etwa 50/50)

  2. Gravatar

    Andreas,

    Limbic Map oder Personas? Ich meine, beide Dinge können sich gut ergänzen. Sicherlich kommt es beim Profiling darauf an, relevante Beschreibungsmerkmale zu benutzen. Mich nur auf die Kategorien der Limbic Map zu konzentrieren heißt, auf der Abstraktionsleiter ein paar Stufen zu hoch zu stehen. Beispiel: ich verkaufe eine Trenduhrenmarke wie D&G. Da würde ich auf der Limbic Map z.B. die Felder Individualität und Extravaganz finden. Diese Felder treffen auf das Publikum für Uhren der Marke Marc by Marc (Marc Jacobs) auch zu. Die Kunden von Marc by Marc und die von D&G sind aber total verschieden. Bei D&G kann ich mir den typischen Kunden sehr bildhaft vorstellen: zwischen 19 bis 25 Jahre, Jungs mit McFit gestählter Brust und muskulösen Oberarmen, gegeltes Haar, Migrationshintergrund, Schwörer-Deutsch; bei Mädels ähnlich, meist knallenge Jeans, bauchfrei und mit Nabelpiercing, gleicher Sprachcode. Da zeigt das Publikum, das für Marc by Marc in Frage kommt, deutlich mehr Sophistication.
    Ich glaube, eine zweistufige Vorgehensweise ist hier zielführender. Mit Bezugsrahmen wie der Limbic Map die grobe Richtung festlegen und bei der Definition der Personas oder Profile die richtigen Kriterien wählen.

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    Dubulu,

    Klasse Beitrag bis auf diesen Satz: In einer Case-Study aus dem Jahr 2012 haben wir bereits bewiesen, welche dramatischen Auswirkungen die implizite Wirkung einer Produktdarstellung hat.

    Eine Studie ist ein Modell der Wirklichkeit und beweist… leider gar nichts. 😉 Könnte man eigentlich mal eine Studie darüber machen, die beweist, dass Studien nichts beweisen. 😉

    @Andreas

    Was Sie in Ihrem Beitrag beschreiben, sind aus meiner Sicht keine Zielgruppen sondern einfach nur Klischees. 😉

  4. Gravatar

    Andreas,

    @Dubulu
    Sorry Dubulu, mit Klischees hat das gar nichts zu tun. Das ist erlebte Wirklichkeit an der Verkaufsfront eines Trendshops für Livestyle-Uhren, der zusätzlich online verkauft. Die D&G Käufer lassen sich definitiv so charakterisieren, das wird jeder, der offline Uhren dieser Art verkauft oder verkauft hat so bestätigen. Zugegeben, es ist extrem in dieser Zuspitzung aber so stellt es sich definitiv dar.

  5. Gravatar

    Dubulu,

    Ich würde mal sagen, dass sind kulturelle Unterschiede die nur auf unsere Kultur prallen und unverstanden bleiben, weil der Verkäufer sich erst gar nicht die Mühe macht, diese Unterschiede verstehen und akzeptieren zu wollen. 😉

    Sobald man sich in anderen Kulturen in anderen Ländern über Deutsche unterhält (die dort Leute mit Migrationshintergrund sind ;-)) wird es interessant. Weil wir uns in Deutschland gar nicht als steif, reserviert, pingelig und nörglerisch betrachten würden. Auf Kulturen, die lockerer drauf sind, wirkt das jedoch so. 😉

    Ist ja auch egal. Ging ja um Produkttexte. 😉

  6. Gravatar

    Andreas,

    @Dubulu: in der Tat entfernt sich die Diskussion sehr weit vom Ausgangspunkt. Mir war es wichtig zu zeigen, dass beim Profiling eine Methode wie die Limbic Map nicht differenziert genug ist. Wer sich nur darauf beschränkt wird Unterschiede, welche die Methode des “Persona beschreiben” aufdecken würde, nicht erkennen.
    Es ging mir in meinem Beitrag nicht darum, Herrn Sarrazin nach dem Mund zu reden. Im Gegenteil, einige meiner besten Freunde sprechen ein gepflegtes und sympathisches “Schwörer-Deutsch” und mancher Deutsche Geschäftsmann kann sich von der Geschäfstüchtigkeit und Kundenfreundlichkeit von Unternehmern mit Migrationshintergrund eine Scheibe abschneiden.
    Natürlich entstehen beim Profiling oder beim Definieren von Personas so etwas, das man – etwas negativ inspiriert – als “Klischee” bezeichnen könnte. Aber die Welt beschreiben heißt die Welt deuten, dabei geht immer Information verloren. Die Totalität des Daseins kann niemals vollständig abgebildet werden.

  7. Gravatar

    Dubulu,

    @ Andreas

    Eigentlich meine ich etwas ganz anderes:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Bestätigungsfehler

    Zuerst schrieben Sie das: Bei D&G kann ich mir den typischen Kunden sehr bildhaft vorstellen: zwischen 19 bis 25 Jahre, Jungs mit McFit gestählter Brust und muskulösen Oberarmen, gegeltes Haar, Migrationshintergrund, Schwörer-Deutsch;

    Auf meinen Einwand des “Klischees” hin:

    Sorry Dubulu, mit Klischees hat das gar nichts zu tun. Das ist erlebte Wirklichkeit an der Verkaufsfront eines Trendshops für Livestyle-Uhren, der zusätzlich online verkauft. Die D&G Käufer lassen sich definitiv so charakterisieren, das wird jeder, der offline Uhren dieser Art verkauft oder verkauft hat so bestätigen. Zugegeben, es ist extrem in dieser Zuspitzung aber so stellt es sich definitiv dar.

    Um die Sache abzuschließen: Es gibt keine erlebte Wirklichkeit, wie sie schreiben.
    Es gibt nur IHRE erlebte Wirklichkeit. Ein weitere Person kann in der gleichen Sitation die Wiklichkeit ganz anders erleben und die von Ihnen geschilderte Zielgruppe als freundlich, unkompliziert, aufgeschlossen, extrovertiert, gepflegt, sportlich und körperbewusst beschreiben. Genau genommen gibt es nur eine (bewusst oder auch unbewusst) erwartete Wirklichkeit, die man schließlich auch genau so erlebt und fälschlicherweise als “Wahr” oder “Realität” deutet 😉 Wer die Bildzeitung liest und sich dort bildet, wird Migranten anders “erwarten” und auch”erleben” als einer, der regelmäßig ein türkisches Magazin liest, regelmäßig das Land bereist und viele türkische Freunde hat. 😉

    PS: Um mal wieder auf das ursprüngliche Thema zu kommen. Ja, Produkttexte sind wichtig. 😉

  8. Gravatar

    Andreas,

    Na, ich freu mich jetzt mal auf Beiträge, die sich etwas intensiver auf die von mir angesprochene Frage “Limbic Map” vs. “Persona” auseinandersetzen.

  9. Gravatar

    Thomas,

    Auch wenn ich dem Artikel sonst zustimme, bei den Konsumententypen muss ich leider widersprechen. Historisch gab es drei Abschnitte in denen Kunden eingeteilt wurden: Als erstes wurden sie nach dem Produkt selbst eingeteilt, dann nach dem Produktnutzen und der letzte Abschnitt waren dann die genannten Konsumententypen wie sie in den SINUS-Milieus und anderen Tools erklärt werden.

    Das Problem ist dass Kunden heutzutage viel zu vielschichtig sind um sie einfach in eine von 10 Gruppen einzuteilen. Denn Kunden handeln nicht konsistent. Wer heute losgelöst vom Preis Bioware beim Metzger kauft kann morgen im Kaffeeladen trotzdem auf den Preis schauen und Umweltbewusstsein komplett ausschließen. Der Grund hierfür ist erstens dass wir mit unserem Verhalten immer versuchen bestimmte Konten zu füllen. Und wenn das Konto Nachhaltigkeit oder Sparen voll ist, dann wird auf die Gegenteile zurück gegriffen.

    Möchte ich heute meine Konversion erhöhen, dann muss ich es schaffen dass der Kunde mir vertraut und sich mit mir identifiziert. Das Unternehmen muss von sich aus einen guten Weg für die Präsentation finden und die Kunden werden folgen und nicht umgekehrt. Das ist zumindest meine Meinung als studierter Markt- und Werbepsychologe…

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