Marktdominanz: Die 3 Säulen des E-Commerce-Erfolgs
2005 erschien ein Online-Ratgeber mit dem Titel “30 Erfolgsfaktoren der digitalen Kommunikation”. Das Büchlein war ein Messe Give-Away und war schnell verteilt. Heute, gut sechs Jahre später, entdeckte ich per Zufall dort eine spannende Grafik, deren Bedeutung mir 2005 noch gar nicht so klar war…
Heute sträuben sich mir bei dem einen oder anderen Satz, den ich damal geschrieben habe die Nackenhaare. Aber eine Grafik ist mir ins Auge gefallen – und (erst) heute ist mir ihre Bedeutung erst wirklich klar geworden:
(Sorry für das schlechte Foto, aber ich habe das nicht mehr digital…)
Das Diagramm zeigt den Zusammenhang zwischen Kundenwert und Cost-of-Sales als Faktoren im Kundenlebenszyklus (vereinfacht) um zu verdeutlichen, dass der maximale Kundenwert ein Resultat guter Kundenentwicklung ist. Der Lohn dieser Arbeit ist Profit – im Sinne einer optimalen Ausschöpfung treuer Kunden mit dem Vorteil geringer Vertriebskosten.
Zwei Seiten später wird der Zusammenhang zwischen dieser Loyalitätstreppe (Kunden-Lebenszyklus / Kundenwert) und Conversion deutlicher:
Die Kurzfassung für alle Schnellleser: Conversion ist der Kernprozess im E-Commerce. Die Langfassung in drei Punkten erklärt heißt:
- Profit kommt aus Kundenwert: E-Commerce wandelt Kundenwert in Profit um. Jeder Schritt auf der Loyalitätstreppe ist eine Konversion. Mehr Konversion = mehr Profit.
- Alles ist ein Funnel: Jeder einzelne Teil des Kernprozesses (z.B. Neukundengewinnung) lässt sich als Produkt mehrerer Micro-Conversions darstellen (und hat demnach ein Wert)
- Alles beruht auf Motivation: Die Effizienz jedes Prozesses ist das Resultat der Nutzermotivation, dargestellt als Motivationsverlauf, dieser korreliert mit dem Funnel
Das heißt im Endeffekt: Alles ist Conversion. Jedes Geschäftsmodell besteht aus der Kunst der Kundengewinnung, -bindung und -ausschöpfung. Der Übergang zwischen jedem Schritt ist eine Konversion.
Was heißt das konkret?
Conversion ist der Kernprozess im E-Commerce
Der Zweck eines Unternehmens ist maximaler Profit – und der ist im E-Commerce das Resultat eines klar definierten Kernprozesses. Dieser Prozess heißt Besucher > Aktion > Konversion und hat das Ziel, jeden einzelnen Kunden möglichst effizient zu maximalem Wert zu entwickeln und auszuschöpfen.
Conversion meint jeden einzelnen Schritt in der Kunden-Loyalitätstreppe
Wenn wir Conversion als den Übergang von einem Zustand in den Anderen bezeichnen (z.B. von Besucher zu Käufer, von Einmalbesteller zu Dauerkunde, von Facebook-Fan zu aktivem Empfehler, und und und) dann ist jeder Schritt im Kundenlebenszyklus eine Conversion. Die wichtigsten Zustände sind
- Neukunde: vom Erstbesucher zum Erstbesteller
- Kunde: vom Erstbesteller zum regelmäßigen Kunden
- Fan: vom regelmäßigen Kunden zum Markenbotschafter, Community-Mitglied, Empfehler
Conversions können aber auch sein:
- Retention: Rückgewinnung inaktiver Kunden zu aktiven Kunden
- Churn-Management: Bindung bzw. Reaktivierung von unzufriedenen oder durch Abwanderung bedrohter Kunden
Es gelten die gleichen Gesetze bei jedem Schritt
Wer die einzelnen Elemente unseres Frameworks “Die 7 Ebenen der Konversion” kennt, der versteht schnell, dass die Faktoren Vertrauen, Relevanz, Orientierung, Stimulanz, Sicherheit, Komfort und Bewertung eine zentrale Rolle in jedem Schritt spielen:
- Relevanz: Passen Angebote, Produkte, Rahmenbedingungen auch für weitere Anlässe (oder werde ich andauernd per E-Mail mit irrelevantem Kram bombadiert?)
- Vertrauen: Kann ich in Zukunft dem Anbieter (aufgrund meiner Vorerfahrung) noch mehr an-vertrauen? (oder hat die Erstbestellung schon länger gedauert als eigentlich angenommen…)
- Orientierung: Erkenne ich klar und deutlich, was von mir erwartet wird? Wo muss ich klicken? (oder muss ich mich bei jeder Kommunikation erst mühsam durch die Seiten wühlen?)
- Stimulanz: Trifft das Angebot meine (emotionalen) Erwartungen? Kann es mich begeistern? (oder sehe ich nur noch mehr langweilige Dinge?)
- Sicherheit: Sind die weiteren Schritte wirklich sicher? Was sind die Konsequenzen einer Kundenregistrierung (oder wollen die nur an meine Daten um mich mit Werbung zu bombadieren?)
- Komfort: Wie viel Arbeit, Zeit und damit Geld muss ich in diese Beziehung investieren? Ist es das Wert (oder ist das alles nur mühsam und bringt mir nichts?)
- Bewertung: Hat mir die Aktion beim letzten Mal ein gutes Gefühl gegeben? War ich zufrieden? Begeistert? (oder war ich enttäuscht weil die Bestellung drei statt der angekündigten zwei Tage gedauert hat?)
Mit dem Sieben-Ebenen-Framework lassen sich alle Einzelschritte im Kunden-Lebenszyklus bewerten und optimieren.
Im Endeffekt lässt sich ein gut funktionierendes Geschäftsmodell im E-Commerce aber verinfacht wie folgt beschreiben:
Die 3 Säulen des E-Commerce-Erfolgs
- Effiziente Neukundengewinnung: erfolgreicher E-Commerce besteht primär aus effizienten Prozessen zur Gewinnung von Kunden. Die Effizienz besteht darin, eine möglichst hohe Reichweite zu möglichst geringen Kosten zu erreichen. Eine hohe Konversionsrate ist dabei der Schlüssel zum Erfolg.
- Wertorientierter Beziehungsaufbau: Die Entwicklung von Kunden zu einer wertvollen Beziehung ist die wichtigste Voraussetzung zur Ausschöpfung. Ohne Beziehung (und dem nötigen Opt-in als Einweilligung zur Kommunikation) ist der Händler zur Reaktion verdammt. Besitzt er die Erlaubnis, sind Relevanz, Authentizität und Kontrolle die Erfolgsfaktoren zum Aufbau einer wertorientierten Beziehung. Auch hier besteht die Kunst in einer maximalen Effizienz, die die Konversion bei wertvollen Beziehungen höher priorisiert als die restlichen Beziehungen.
- Effektive Ausschöpfung: Versandhandel besteht aus perfekt getakteten Anstoßketten. Amazon hat in den letzten 10 Jahren vorgemacht, wie sich ein Geschäftsmodell auf Basis vieler Kunden und positiver Beziehung durch die Erweiterung der Sortimente optimal ausschöpfen lässt. Ohne Kunden und die funktionierende Beziehung zu Ihnen ist diese Taktik jedoch wertols (ich bin gespannt, wie der eine oder andere Schuh-Händler die Amazon-Strategie verkraftet).
Wer über den Landing-Page-Tellerrand hinaus schaut, wird schnell erkennen, das Conversion-Optimierung mehr ist als irgend ein neuer Hype, ein fancy Tool oder ein Faible für ein neues Thema. Conversion Optimierung ist der Kern erfolgreicher Geschäftsmodelle, das Ziel zahlloser Disziplinen die nahtlos ineinander greifen müssen (anstatt ständig das Thema für sich zu beanspruchen oder gar zu verdammen.)
Conversion ist Alles. Alles ist Conversion.
Viel Erfolg auf dem Weg zu mehr EBIT.
Vertiefende Informationen:
7 Ebenen Modell
Churn-Management
Kundenlebenszyklus
Kundenwert
Kernprozess
3 Kommentare
Hajö Allstädt,
Auch wenn ich nicht in allen Punkten voll zustimmen kann: Vieles von dem oben Gesagten ist sehr richtig und wichtig. Die Herausforderung besteht nun vor allem darin, diese Erkenntnisse in gelebte Geschäftspraxis zu überführen. Denn Authentizität, Kundennähe, Sachkompetenz oder Commitment sind Eigenschaften die sich mit ansteigender Organisationsgröße nur noch mit erheblichem Aufwand konsistent aufrecht erhalten lassen. Dass die meisten Startups den Sprung über die 100-Mitarbeiter-Grenze nicht lange überstehen hat auch, aber eben nicht nur mit einem Missverhältnis von Kosten zu Erträgen zu tun. Wer intern und im Kundendialog die technischen und prozessualen Aspekte mit den menschlichen-kommunikativen geschickt ausbalanciert, hat gute Chancen dem skizzierten Erfolgsmuster auch im operativen Alltag nahezukommen – dieser Balance-Akt ist und bleibt jedoch das eigentliche Kunststück.
Roland Schäfer,
Ich stimme ebenfalls in vielen Punkten zu, allerdings ist Ihre Definition von einer Conversion auf derart hohem Abstraktionsniveau, dass sich im Grunde fast das gesamte Online-Marketing dort eingliedern ließe: Denn ihrer Argumentation folgend wäre schon die Impression in den SERPS und damit SEO insgesamt Teil von der CRO. Ich denke eine sinnvollere Klammer hierfür, welche das Abstraktionsniveau besser abbildet, wäre eher die “Optimierung von Vermarktungsprozessketten” …ist zugegebenermaßen etwas sperrig, ließe sich aber bestimmt “verBuzzworden”.
Ich denke auch nicht das “alles ein Funnel ist”. Sicher gilt das für viele (Kern-)Prozesse, insbesondere im Rahmen der Neukundengewinnung. Ein klassisches Beispiel sind hierfür Landingpages mit allen vor- und nachgelagerten Prozessen. In vielen Bereichen würde ich aber eher von “loops”, also mehrfachen Iterationen sprechen. Gerade im Spielebereich würde deswegen maximal Ihre Definition einer “Micro-Conversion” zutreffen.
Anna,
Vielen dank für den tollen Artikel und die ausführliche Information. Denke das der Artikel ziemlich hilfreich sein wird.
Gruß Anna