Unternehmenskultur / Culture Change

Zwei wichtige Fähigkeiten von Führungskräften, die durch A/B-Tests höhere Uplifts erzielen

Gabriel Beck
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A/B-Testing ist ein wunderbares Tool, um damit herauszufinden, wie die eigenen Kunden auf Veränderungen einer Website, App etc. reagieren. Das Wort A/B-Test klingt für viele allerdings sehr operativ, dabei ist es im Grunde eine Methode, um Business Experimente durchzuführen und damit Innovation zu treiben.

Wie läuft das Ganze ab?

Eine Annahme darüber, wie sich Kunden auf eine Veränderung verhalten, wird mittels eines Experiments überprüft.

Der Clou darin: Die Entscheidung, ob eine Veränderung ausgerollt wird oder nicht, wird also kundenzentriert und auf Basis von Daten getroffen.

Ein weiterer Vorteil: Niemand muss mehr wissen, welche Maßnahme die richtige ist, denn auch das „entscheidet“ die Zielgruppe.

Doch genau das erfordert ein anderes Verhalten von Führungskräften.

Führung(skräfte) im Wandel

Früher „wussten“ Führungskräfte, was richtig oder falsch ist, und ihre Entscheidungen führten dazu, dass Änderungen an Webseiten oder in der Marketingkommunikation vorgenommen wurden – oder nicht.

Heute brauchen Führungskräfte neue Fähigkeiten, um wegzukommen von Bauchgefühl, Top-Down-Entscheidungen und dem Bild eines allwissenden und unfehlbaren Entscheidungsträgers.

Experimente (auf Basis von A/B-Tests, Befragungen, Online Surveys, etc.) geben Sicherheit und Klarheit in der Weiterentwicklung von Geschäftsideen und Businessmodellen, Organisationen, Produkten, Webseiten oder Apps, doch um dieses Potenzial auszuschöpfen, müssen Führungskräfte zwei Hürden überwinden bzw. zwei Fähigkeiten erlangen:

  1. Eigene Fehler akzeptieren können.
  2. Die Autonomie des Teams gewährleisten können (und wollen).

1. Die Bereitschaft, die eigenen Fehler zu akzeptieren

Wenn Daten das Entscheidungskriterium für die Auswahl von Maßnahmen im digitalen Marketing sind, dann heißt das für Führungskräfte:

Mein Team kann mir jeden Tag mit Daten zeigen, dass ich falsch liege oder meine Annahme nicht den gewünschten Effekt hatte.

Gute Führungskräfte sind hier Vorbilder und übertragen den Umgang mit den eigenen Fehlern auf das Team. Das allein fordert viel von Führungskräften, vor allem von ihrem Ego.<

Der österreichische Wirtschaftswissenschaftler Fredmund Malik zählt „Entscheiden“ zu den fünf Aufgaben von Führungskräften (neben Ziele setzen, Organisieren, Kontrollieren und Menschen weiterentwickeln). Manch eine Führungskraft freut sich darüber, dass sie dank A/B-Testing quasi 20 Prozent weniger Arbeit hat; der Großteil von ihnen tut sich allerdings eher schwer damit, diese „Macht“ zu verlieren.

Damit Experimente – auch mit größerer Tragweite im Sinne von Innovationsvorhaben oder neuen Geschäftsmodellen – erfolgreich sein können, müssen sich Führungskräfte jedoch aktiv für Testing aussprechen und die Konsequenzen akzeptieren (zum Beispiel, dass Daten schwerer wiegen als die persönliche Meinung). Es braucht Führungskräfte, die den Mehrwert darin für sich, ihr Team, ihre Organisation und bestenfalls natürlich auch für ihre Kunden erkennen.

Randnotiz: Das Wort „Fehler“ klingt in diesem Kontext unnötig groß. Es geht vielmehr darum, dass ein kontrolliertes Experiment zeigen kann, dass etwas nicht geklappt hat; dass zum Beispiel eine Veränderung im Produkt oder auf der Website eben doch keine Verhaltensänderung bei den Nutzern verursacht hat. Das ist ja per se nichts Schlimmes.

Experimentieren ist schon sehr lange die Basis für Innovation. Viele Innovationen sind durch Experimente (und auch Zufälle bzw. Unfälle) entstanden und haben unsere Welt nachhaltig verändert. Die Erwartungshaltung, dass jeder Test (jedes Experiment) ein „Sieger“ ist, ist aus meiner Sicht völlig überzogen. Nur durch Experimente in der Weiterentwicklung kommen wir den wirklich guten Lösungen einen Schritt näher.

Selbst die innovativsten Unternehmen wie Microsoft, Google, Uber, Airnbnb, booking.com & Co. haben keine hundertprozentige „Erfolgsquote“. Ganz im Gegenteil: in vielen Organisationen liegt die Trefferquote aller durchgeführten Experimente, die zu einem direkten Umsatzplus führen, wohl eher irgendwo zwischen 5 und 30 Prozent. Entscheidend ist, dass Unternehmen unabhängig vom Testergebnis daraus lernen und diese Learnings in zukünftigen Tests berücksichtigen.

Doch Teams, die vor allem direkte Uplifts generieren und Fehler (i.S.v. Tests ohne Uplift oder sogar mit einem „Drop“) vermeiden sollen, können nicht genügend Freiraum entwickeln, um mutige Experimente aufzusetzen. Und das führt zum Punkt zwei:

2. Die Bereitschaft, die Autonomie des Teams zu gewährleisten

Der Freiraum von Menschen, die Experimente entwickeln und umsetzen, ist entscheidend für den Wertbeitrag, den Testing im gesamten Unternehmen haben wird.

Haben Teams im Tagesgeschäft keine Zeit für A/B-Tests, erstickt die Experimentierkultur im Keim. Wenn darüber hinaus Vorgaben, Zwänge und Erwartungshaltungen die Testidee immer kleiner und unwirksamer werden lassen, so verpufft der Effekt von Experimenten sehr schnell. Und wenn es die allgemeine Erwartungshaltung an Testing ist, ausschließlich Sieger zu produzieren, dann wird in solchen Organisationen auch solange in den Daten gesucht, bis ein Sieger gefunden wurde. Ein typisches Beispiel ist ein Segment-Drilldown, wo noch so kleine Segmente gesucht werden, für die das Testergebnis positiv ist.

Shiva Manjunath (Experimentation Manager bei Solo Brands; ehem. Speero und Gartner) hat das in einem LinkedIn-Beitrag sehr treffend beschrieben:

 

Die Fähigkeit, aus Experimenten zu lernen und die Erkenntnisse im großen Stil im Unternehmen zu skalieren, setzt Autonomie in Teams voraus. Teams, die ihre eigenen Ideen umsetzen und dabei Fehler machen dürfen, einen (möglichst direkten) Zugang zur Zielgruppe haben und im permanenten Austausch Produkte und Vertriebskanäle optimieren und sich dabei auf Daten stützen können.

Fazit: Gute Führung begünstigt erfolgreiche A/B-Tests

Führungskräfte, die das Testen und Experimentieren Teams verantworten, sind aus meiner Sicht vor allem eines: Enabler. Sie können die Ergebnisse ihrer Teams dadurch positiv beeinflussen, dass sie die notwendigen Rahmenbedingungen für die Durchführung von Experimenten schaffen und damit eine Kultur des Experimentierens entwickeln.

Es reicht also nicht, nur ein Tool anzuschaffen, Ideen zu entwickeln und diese zu testen. Gerade bei Widerständen innerhalb des Unternehmens stellt sich häufig heraus, dass die nötigen kulturellen Herausforderungen für gute Experimente noch gar nicht gelöst wurden bzw. Experimentation als Strategie noch gar nicht auf unternehmenskultureller Ebene angekommen ist. Doch wie sagte Peter Drucker es so schön:

Culture eats strategy for breakfast.

Wie siehst du das? Was müssen Führungskräfte deiner Meinung nach bewirken, um gute A/B-Tests zu ermöglichen?

Über den Autor

Gabriel Beck

Vorstand

Gabriel ist seit über 10 Jahren Conversion Optimierer und berät die konversionsKRAFT Kunden strategisch, ist Trainer für die Conversion Seminare und als Vorstand seit 2014 im Unternehmen.
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