Experimentation

Landingpage Optimierung: Neue Hebel für mehr ROI

André Morys
 Lesezeit: 5 Minuten    
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Gehirne, Gedanken, Gefühle,… Uplift? Neuromarketing ist ein faszinierendes Thema – aber der konkrete Business-Nutzen erschließt sich nicht automatisch. Erst mit Hilfe von A/B-Testing lassen sich die Auswirkungen der Neuromarketing-Theorien knallhart messen.

In dieser Case Study geht es darum, wir sich mit Hilfe der richtigen emotionalen Inszenierung ein zehmal höherer Uplift bei der Optimierung von Landing Pages erzielen lässt.

Die These: Emotionen haben den maximalen ROI

Schon vor einiger Zeit habe ich in einem Blogpost “Die Conversion Pyramide” darauf aufmerksam gemacht, dass sich die Kaufmotivation von Menschen in drei Ebenen einteilen lässt:

Neuro Conversion ROI Pyramide

Ich kann das hier kaufen” – heißt “wenn ich wöllte, könnte ich die Seite nutzen/bedienen”, wir reden hier über Basisanforderungen. Die nächste Ebene ist schon spannender:

Ich will das hier kaufen” – heißt “ich habe mich entschieden und will hier kaufen – es sein denn…”, schlechte Leistungsfaktoren (Versandkosten, Lieferzeiten, etc.) könnten die Entscheidung noch kippen. Deshalb hat die dritte Ebene den höchsten ROI:

Ich muss das hier kaufen” – heißt: “ich weiß, dass es nicht vernünftig ist, aber ich muss das jetzt einfach haben!”, an dieser Stelle reden wir von Begeisterung, Verlangen, emotionaler Aktivierung.

Dieses Modell erklärt vielleicht auch, warum Usability eine wichtige Disziplin der Conversion Optimierung ist – Conversion Optimierung umgekehrt jedoch nicht gleichbedeutend mit Usability ist.

Zurück zum Fallbeispiel:

Die Forschung: Konversion passiert im Kopf des Kunden

Ja, ich weiß, die Sache mit dem “Kauf-Knopf” banalisiert die ganze Sache ein wenig. Aber es ist die beste Umschreibung für einen Effekt, den wir im vergangenen Jahr bei unserer “fMRT-Studie” beobachten konnten: Als wir die Gehirnaktivität von Konsumenten beim Betrachten von Onlineshops mit Hilfe eines funktionalen Magnetresonanztomographen analysierten, stellen wir bei einem bestimmten Shop (s.u.) eine enorme Aktivität im Nucleus Accumbens, dem Belohnungssystem des Gehirns fest.

Shoeguru Landingpage Studie Neuromarketing

Dieses Zentrum wird immer dann aktiv, wenn Menschen ein beinahe ungezügeltes Verlangen nach etwas entwickeln (Sex, Drogen, Apple-Produkte :-D). Ganz egal welchen Alters die Probanden waren, egal ob Mäner oder Frauen, Berufstätige, Studenten oder Hausfrau: Sie wollten alle den Schuh nach wenigen Sekunden haben.

Dies zeigt die Kurve auf der rechten Seite – sie steht für die Aktivität im beschriebenen Hirnareal. Rechts sehen wir als Kontrollkurve die gleiche Aktivität beim Betrachten eines anderen Portals.

Erwähnenswert: Die Seite von shoeguru.ca würde bei jeder Expertenevaluation zum Thema Usability, Erwartungskonformität und Conversion-Heuristiken durchfallen. Keine Suche, die Navigation nicht deutlich, keine Siegel oder Preissignale. Wo ist die Call-to-Action? Und trotzdem: alle wollen – oder besser: müssen den Schuh haben. Sofort.

Daher bleibt die Frage offen:

Die Case-Study: Was bringt es in der Realität?

Verkauft shoeguru durch die Aktivität im Belohnungssystem mehr? Wir wussten es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Erst einige Monate später planten wir, gemeinsam mit einem unserer Kunden eine Case Study durch zu führen. Wir wollten genau das heraus finden: Was bringen die Neuromarketing-Theorien in der Praxis?

Hierzu entwarfen wir auf Basis von Pesonas, MotivationLabs und Expertenevaluationen fünf unterschiedliche Versionen einer Landingpage. Die Landingpage ist in diesem Fall gleichzeitig die Produktseite im Shop, wir suchten nach einem Produkt, was genügend Traffic hat um innerhalb eines angemessenen Zeitraums valide Ergebnisse zu liefern. Die Variantenwaren im einzelnen:

1) Die Kontrollvariante / Ausgangsversion der Produktseite

2) Eine optimierte Version auf Basis von Heuristiken – das Bild wurde vergrößert und alle störenden Elemente entfernt

3a) – 3c) Drei auf unterschiedlichen Personas beruhende Varianten mit einer emotionalen Fokussierung auf ein bestimmtes Motiv der jeweiligen Persona (zu viele Details möchte ich an dieser Stelle nicht verraten)

Die Frage war: Was bringt der Einsatz von Personas, MotivationLab & Co. wirklich? Kann ein Experte anhand von Heuristiken nicht eine ebenso gute Version kreieren? Welche Rolle spielen die emotionalen Signale in Form von Headline, Bildsprache, Text?

Das Resultat: Die emotional fokussierte Variante hat einen 10x höheren Uplift

Nach acht Wochen Testzeitraum betrug der kleinste Konfidenz-Level 99,89%. Mehrere Tausend Visits und hunderte Aktionen bestätigen die Theorie. Die Ergebnisse sahen wir folgt aus:

Landingpage Optimierung - Testing

  • Die nach Heuristiken optimierte Variante erzielte mit 8% den kleinsten Uplift
  • Alle drei Versionen der emotional fokussierten Landingpage hatten im Gegensatz dazu einen deutlich höheren Uplift
  • Der Uplift der Siegervariante ist mit fast 80% zehnmal höher als der Uplift von Version 2

Was können wir daraus lernen?

  • Es geht nicht darum, wie groß der Warenkorb-Button ist oder welche Farbe er hat. Apple könnte den Button wahrscheinlich verstecken und die Menschen würden danach suchen – das zeigt den Unterschied der drei Ebenen
  • Es braucht eine saubere Analyse und eine gute Konzeption, um die richtige Emotion zu treffen – wer das beherrscht, wird mit wesentlich höheren Uplifts belohnt
  • Weiter oben wird die Luft dünner – spätestens wer alle Checklisten durchprobiert hat wird an Grenzen stoßen, die nur mithilfe von emotionaler Aktivierung, Konsumpsychologie und Neuromarketing überschritten werden können.

“Das würde bei mir aber nicht klappen.”

Am Ende meldet sich immer jemand, der sagt “Klar, das funktioniert bei Apple, Gucci und vielleicht auch bei Schuhen, wir verkaufen aber…” und dann kommt irgendetwas, was im Auge des Händlers das unemotionalste Produkt der Welt ist.

Für solche Fälle habe ich zum Glück auch eine Case Study, bei der wir das mit Abstand unemotionalste Produkt (Hans Georg Häusel würde von einem Gehirnlangweiler sprechen) mithilfe verschiedener Tonalitäten optimiert haben – im Prinzip das gleiche wie in diesem Fall, nur dass es um ein Hygiene-Produkt geht.

Weiterführende Informationen:

Über den Autor

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André Morys

Vorstand (Vors.)

André Morys (geb. 1974) ist Gründer und Vorstand (Vors.) von konversionsKRAFT, Deutschlands führender Agentur für Conversion-Optimierung und strategische Beratung in puncto digitales Wachstum. Darüber hinaus ist André Morys Initiator und Gründer der GO Group Digital, die ein weltweites Netz von Experten für digitale Transformation bildet.

Zu seinen Veröffentlichungen zählen “Die digitale Wachstumsstrategie” (2018) und „Conversion Optimierung” (2011) sowie zahlreiche Fachbeiträge in einschlägigen Medien zu Online-Marketing. Er ist zusätzlich als Dozent an der Fachhochschule Würzburg tätig und hält zahlreiche Keynotes und Vorträge auf nationalen und internationalen Kongressen zu den Themen digitales Wachstum, E-Commerce und Optimierungsstrategien.

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10 Kommentare

  1. Gravatar

    Darth Vader,

    Pseudowissentschaftliches subpsychologisches Geschwafel. Ihr sollt euch schämen! Oder ist es Performance Art?

  2. Gravatar

    André Morys,

    Hallo Darth, da hast Du wahrscheinlich Recht,

    Imperator

    (möge die Macht mit Dir sein 🙂

  3. Gravatar

    André Morys,

    Ach ja, noch etwas, lieber Darth: Herzlichen Glückwunsch zu Deinem neuen Job bei einer coolen Web-Agentur in Köln. Ich denke darüber nach, ob ein Workshop zum Thema Social Media, Online PR oder Web 2.0 das richtige für Dich wäre… dann müsstest Du Dich nicht mehr hinter Deiner schwarzen Maske verstecken… 🙂 Viele Grüße vom Todesstern, Imperator

  4. Gravatar

    hennerm,

    😉 😉 😉 Ich glaube das ist R2D2 mit einem Elektronikschaden

  5. Gravatar

    André Morys,

    naja, jedenfalls kennt er weder http://tools.whois.net/whoisbyip/ noch weiß er, dass WP die IP der Kommentare speichert…

    “Ich bin Dein Vater.”

  6. Gravatar

    Jörg Reisener,

    Hallo Andre,

    vielen Dank für den Artikel. Ich bin auch ein Fan von solchen verschiedenen Testläufen und ebenfalls bin ich ein Fan davon, wenn man verschiedene Apsektpunkte bei der Untersuchung bei der Gestaltung von Landingpages mit einbezieht. Viele machen sich da keine Gedanken und achten da nicht auf unterschiedliche Zielgruppen und den entsprechenden Subgruppen. Danke auf jeden Fall für den Bericht.

    Viele Grüße
    Jörg

  7. Gravatar

    Daniel Hüpenbecker,

    Oha.

    Gedacht hätte ich mir das ja eh, und habe auch schon so manches Mal Kunden davon überzeugen können, oder es zumindest aus Überzeugung versucht. Aber nun habe ich hier einen Beleg. Danke dafür!

    Und einen schönen 4.Advent natürlich auch 🙂

  8. Gravatar

    kuddel68,

    Ach, endlich kann man das alles mal wieder Schwarz auf Weiß lesen, was man schon immer meinte zu wissen. Sehr schön. Irgendwie auch beruhigend.

  9. Gravatar

    Ralph,

    Eine interessante These, auf die ich bestimmt zu späteren Zeitpunkt noch einmal aufsuchen werde. Vorgemerkt ist diese Webseite bereits dafür.

  10. Gravatar

    Adrian Röttinger,

    Danke für die Studie und den Artikel, ich werde die hier geschilderten Ergebnisse und Erfahrungen bei meinem nächsten Landing-Page-Bau voll in das Konzept einfließen lassen, THX…

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