Bonuslevel erreicht: Wie du mit dem Unlocking-Prinzip die Kaufmotivation deiner Kunden freischaltest
„Bonuslevel erreicht!“ oder „Neue Optionen verfügbar!“: Etwas erreichen zu können, was vorher nicht zugänglich war, fühlt sich gut an! Das dahinterliegende Prinzip des „Unlocking“ kann dabei helfen, die intrinsische Motivation von Kunden zu fördern und sie dazu zu bewegen, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Wir zeigen euch, was genau das bedeutet, wie das psychologische Prinzip im E-Commerce Anwendung findet und auf welche Fallstricke ihr beim Einsatz des Patterns unbedingt achten solltet.
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1. Unlocking und Motivationspsychologie
„Unlocking“ ist ein aus der Motivationspsychologie abgeleitetes Prinzip und wird zum Beispiel in Daniel Pinks Buch „Drive – Was uns wirklich motiviert“ aufgegriffen. Pink beschreibt ausführlich, welche Faktoren intrinsische Motivation begünstigen. Intrinsische Motivation treibt uns an, Zeit und Energie investieren zu wollen, ohne dass wir dafür eine materielle Belohnung in Aussicht gestellt bekommen.
Pink beschreibt drei Faktoren, die zu innerer Zufriedenheit und mehr Motivation führen:
Autonomy: Wenn wir bei einer zu erledigenden Aufgabe selbst über den Zeitpunkt, die involvierten Menschen und die genutzte Technik bestimmen können.
Mastery: Wenn wir immer besser in dem werden können, was uns an der Aufgabe wichtig ist. Dabei geht es nicht um große Steigerungen, sondern das Gefühl der Verbesserung in kleinen Mengen (zum Beispiel immer wieder 1%).
Purpose: Die Aufgabe muss uns sinnvoll erscheinen. Wir müssen verstehen, welches Ziel damit für uns oder auch andere verfolgt wird.
Ein typisches Beispiel, um die 3 Faktoren, von denen Pink spricht, für den E-Commerce zu verdeutlichen:
- Es wird klar kommuniziert, dass die Versandkosten ab einem Bestellwert von 60 Euro entfallen. (Gratis-Versand = „Unlocking“ )
- Mastery → Zu erreichendes Ziel: 60 Euro
- Purpose → Option, die freigeschalten wird: Gratis-Versand
- Autonomy → Der Kunde kann selbst entscheiden, ob er Zeit investieren möchte, um ggf. noch mehr Produkte in den Warenkorb zu legen, bis er die Versandkostenfreigrenze erreicht hat.
- Feedback → In dem Moment, in dem der Kunde das Ziel der Versandkostenfreigrenze erreicht hat, sollte er umgehend und deutlich darauf hingewiesen werden.
Die Prinzipien greifen vor allem dann, wenn Ziele eine Verbesserung des Status quo ermöglichen. Zusätzlich weckt etwas schwer Erreichbares Neugierde und gewinnt dadurch an Attraktivität. Keinen oder erschwerten Zugang zu etwas zu haben, oder etwas nicht erreichen zu können, erzeugt eine Form der Reaktanz, die den Wert der Sache verstärken kann. Wäre die Liebe von Romeo & Julia so dramatisch und tragisch gewesen, wenn es keine Hürden gegeben hätte?
Etwas zuvor Unzugängliches zu erreichen, …
-
- ist motivierend, wenn sich danach neue Möglichkeiten ergeben.
- führt zu positiver Einstellung, wenn der eigene Status erhöht wird – besonders dann, wenn das gegenüber anderen deutlich wird.
- funktioniert besonders gut in Kombination mit dem Drang etwas zu sammeln oder zu vervollständigen (Completion).
- kann zu einer negativen Reaktanz führen, wenn zum Beispiel davon ausgegangen wird, die Sache ohnehin verdient zu haben.
2. Anwendungsmethoden und konkrete Beispiele für „Unlocking“ aus dem E-Commerce
Um Unlocking zu nutzen, muss klargestellt sein, welche Ziele überhaupt erreicht werden können, und welche Vorteile das Erreichen dieser Ziele bietet. Zusätzlich ist es von Vorteil, wenn die Ziele nur optional sind und der Nutzer selbst entscheiden kann, ob er sie erreichen möchte oder nicht.
a) Den nächsten Schritt aufzeigen
In einer sehr simplen Form existiert das Prinzip des Unlocking zum Beispiel in (Bestell-)Prozessen. Wenn eine Anzahl von Angaben erforderlich ist, um zum nächsten Prozessschritt zu gelangen, muss dieser Schritt „freigeschaltet“ werden.
In einem solchen Fall kann es nützlich sein, den nächsten Schritt bereits zu zeigen und mit einem Hinweis zu versehen, welche Voraussetzungen noch erfüllt werden müssen, um ihn zu erreichen.
b) Das Erreichen von Zielen kommunizieren
Sobald ein Ziel erreicht wurde, sollte dies dem Nutzer deutlich und positiv kommuniziert werden. Auch Zwischenziele können durch eine positive Rückmeldung dazu führen, ein Gesamtziel erreichen zu wollen.
c) Vorteile kommunizieren
Damit ein Ziel begehrenswert wird, ist es wichtig zu zeigen, welche Vorteile sich aus dem Erreichen des Ziels ergeben. Der „Reason Why“ sollte klar ersichtlich sein.
Premium-Mitgliedschaften können gut präsentiert werden, wenn hier die Vorteile transparent gemacht werden und das Pattern „Unlocking“ mit „Curiosity“ kombiniert wird:
d) Den Zugang beschränken
In manchen Fällen funktioniert auch der Weg, den Zugang zu beispielsweise einer Plattform ausschließlich für registrierte Nutzer zugänglich zu machen. Dabei kann sowohl Neugier als auch das Gefühl von Exklusivität der motivierende Faktor sein, um sich zu registrieren:
e) Upgrade auf einen höheren Status ermöglichen
Ist auch für bereits registrierte Bestandskunden eine Weiterentwicklung des eigenen Profils möglich (zum Beispiel zum „Top-Fan“, „Booking-Genius“, „Local Guide“ etc.), funktioniert Unlocking auch über die reine Registrierung hinaus. Eine solche Option erhöht den Status des Nutzers, und damit auch häufig die nach außen wahrgenommene Kompetenz:
f) Den Sammeltrieb aktivieren
Sammeln gehört zu den menschlichen Ur-Instinkten und das entsprechende Prinzip „Completion“ kann sehr gut mit dem Prinzip des Unlocking kombiniert werden. Dazu muss nur klar kommuniziert werden: a) was der Nutzer sammeln muss und b) was das Ziel ist, das dadurch erreicht werden kann, bzw. welcher Vorteil „freigeschaltet“ wird.
g) Dem Nutzer eine Vorschau bieten
Um die Hürde z.B. einer Registrierung möglichst gering zu halten, kann es sinnvoll sein, dem Nutzer zunächst einen Testzugang zu ermöglichen. Dabei hat er die Möglichkeit, sich mit dem Produkt, das er „freischalten“ will, zunächst risikolos zu beschäftigen und es zu testen. Die Wahrscheinlichkeit, dass nach einer positiven „Probezeit“ das Unlocking tatsächlich erfolgt, ist hoch:
3. Mögliche Gefahren bei falscher Nutzung des Prinzips: der Fallstrick Reaktanz
Vielleicht habt ihr das Problem beim Lesen des Artikels selbst schon vermutet, oder möglicherweise schon selbst eine solche Erfahrung gemacht: Wenn man sich als Nutzer bevormundet fühlt oder in irgendeiner Weise zu einer Sache gezwungen wird, reagiert man häufig mit Reaktanz. Das bedeutet, dass die negative Emotion an dieser Stelle die positiv motivierende Wirkung des Patterns „Unlocking“ nicht nur aufhebt, sondern sie negiert. Damit wird das Kundenerlebnis negativ, der Nutzer bricht seine Handlung ab und ist möglicherweise auch langfristig verprellt.
Deshalb ist es – wie eigentlich immer – sehr wichtig, beim Einsatz dieses Prinzips genau auf die eigene Zielgruppe und das eigene Produkt zu achten. Welcher Typ Kunde bewegt sich auf meinen Seiten? Wie viel kann ich ihm zumuten? Wie kann ich das Prinzip mit meinem Angebot so verknüpfen, dass dem Kunden genug Möglichkeiten bleiben, sich autonom dafür – oder auch dagegen – zu entscheiden? Denn wie wir zu Beginn des Blogartikels gesehen haben: ohne Autonomie funktioniert die motivierende Wirkung des Prinzips Unlocking nicht!
Daher unser Fazit: bleibt kundenzentriert, schaut euch eure Seite durch die Brille des Nutzers an und seid beim Einsatz des Patterns „Unlocking“ kreativ. Dann werden eure Kunden sicher auch bald das nächste Level erreichen!
4 Kommentare
Stefanie,
Das ganze Achievement-Thema ist sicherlich spannend, aber oft eine halbgare Sache. Bei den meisten Konzepten kommt der User irgendwann an den Punkt wo der Vorhang fällt. Und dann ist mit einem Mal nichts anders mehr übrig, als ein Geschäftsmodell. Das ist dann ein großer Stresstest für die Kundenbindung …
Jenny Morys,
Hallo Stefanie, vielen Dank für Dein Feedback! Es ist tatsächlich wichtig, dass sich für den Kunden ein echter Mehrwert hinter dem “Unlocking” verbirgt, und dass eine gute Strategie hinter dem Einsatz dieses Patterns steht. Auf keinen Fall darf sich für den Kunden daraus z.B. eine Enttäuschung ergeben. Deswegen sollen die Inhalte, die dieses Prinzip nutzen, auch ständig weiterentwickelt und geprüft werden, damit eben nichts “Halbgares” entsteht.
Alexander,
Klasse Artikel und vor allem leicht verständlich erklärt. Werde einiges davon sicherlich umsetzen
Jenny Morys,
Vielen Dank für Dein Feedback, Alexander! Wir freuen uns sehr, wenn der Artikel Dir gefällt und Dir auch konkret weiterhilft!