Behavior Patterns

Aufgedeckt: 8 neue Behavior Patterns

Thomas B. Kraus
 Lesezeit: 7 Minuten    
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Frischer Input zu Behavior Patterns gefällig? In diesem Beitrag möchte ich Dir acht neue, weniger bekannte psychologische Prinzipien vorstellen, die Potenzial für höhere Uplifts bringen.

Die Kunst beim Einsatz der Behavior Patterns ist es, das Grundprinzip für die eigene Branche und Produkte zu adaptieren. Das bedeutet nicht, einfach nachzumachen was andere bereits tun und es als „Best Practise“ kopieren, sondern auch einmal „out of the box“ zu denken.

Der Einsatz von Behavior Patterns ist ein kreativer Prozess bei dem man sich im Idealfall zunächst, wie bei einem klassischen Brainstorming von jeglichen Restriktionen löst, Einsatzszenarien überlegt und im Nachgang erst Lösungen für die Umsetzbarkeit erarbeitet. Mit dieser Vorgehensweise lässt sich echte Innovation generieren, die einem vom Wettbewerb abhebt. Aber nun zu den Prinzipien 🙂

Schnellübersicht der Behavior Patterns

1. Verfügbarkeitsheuristik
2. Challenge
3. Diderot
4. Feedback
5. Illusion of truth
6. Neomanie
7. Rhyme as a reason effect
8. Sensation
Fazit

1. Verfügbarkeitsheuristik

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Das könnte jedem passieren

Wenn es nicht möglich ist, sich auf Fakten und Statistiken zu beziehen, wird die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses oft überbewertet.

Zum Beispiel fürchten sich viele Menschen, die während ihres Urlaubs im Meer schwimmen vor Haiangriffen. Das liegt zu einem großen Teil daran, dass Medien über solche Attacken fast immer auch berichten. Tatsächlich ist die statistische Wahrscheinlichkeit sogar höher am Strand von einer herabfallenden Kokosnuss erschlagen zu werden – woran aber niemand denkt, da diese Information fehlt.

Das Pattern Verfügbarkeitsheuristik ist eine Art Faustregel, die dann eintritt, wenn kein Zugang zu vollständigen oder präzisen Informationen besteht. Clichés können genutzt werden, um ohne Fakten eine Aussage zu untermauern oder etwas zu repräsentieren. Um das Prinzip einsetzen zu können, solltest Du also zunächst feststellen, welche Clichés deine Produkte oder deine Branche aus Kundensicht haben, um diese aufzugreifen und einzusetzen.

Cliche
Carglass.de vermittelt, dass bei einem Steinschlag die Scheibe reißen kann. Dabei weiß man als Nutzer gar nicht wie wahrscheinlich das Szenario ist oder wie oft es wirklich passiert, dass es so eintritt.

Gibt es auf Deiner Website die Möglichkeit sich Clichés zu nutze zu machen?

2. Challenge

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… gegen Langeweile

Herausforderungen erzeugen einen zusätzlichen Antrieb. Dies können klare Ziele, eine zu erfüllende Aufgabe oder ein Wettbewerb gegen andere Menschen sein.

Den Nutzer vor eine Herausforderung zu stellen, kann bei der richtigen Zielgruppe einen Motivationsschub auslösen. Das soll jetzt nicht bedeuten, dass Du eine Herausforderung in Form eines schwierigen Bestellprozesses einbaust 😉 Vielmehr sollte man versuchen, spielerische Wettbewerbe einzuführen. Ein Beispiel wäre die Änderung des Kundenstatus ab einer gewissen Bestellmenge zu premium abzuändern oder auch die Herausforderung zu stellen, vielen Freunden etwas zu empfehlen.

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Booking.com fordert den Nutzer heraus den Status eines sog. Booking genius freizuschalten. Warum sollte ich jetzt woanders buchen wenn ich mit der nächsten Reise hier zum Genie ernannt werde? Clever.

Wie kannst Du Deine Kunden herausfordern, damit sie sich mit anderen messen möchten? Besteht die Möglichkeit für spielerische Wettbewerbe?

3. Diderot Effekt

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Passend zu meiner neuen Uhr könnte ich eine neue Kette gebrauchen.

Menschen haben den Drang, passende Folgeprodukte zu kaufen, sobald diese als solche erkannt werden. Diese Produkte müssen dabei aufbauend, ergänzend und vervollständigend auf das ursprüngliche Produkt wirken.

Dieses Behavior Pattern zielt auf das Harmonieren von Produkten miteinander ab (klassisches Luxusproblem). Kauft man sich ein neues Produkt, sagen wir eine Couch, welche nun nicht mehr zu den anderen Möbeln passt, tendieren wir dazu, den Rest des Wohnzimmers “anzupassen”, bzw. zu komplettieren. Ein Couchtisch könnte die Sache zum Beispiel abrunden. Letztendlich führt dieser Teufelskreis dazu, dass die irgendwann „alte Couch“ nicht mehr zum neuen Teppich passt usw. – eine richtige Konsumkettenreaktion.

Das Ganze beschreibt im Prinzip, weshalb ein gut umgesetztes Cross-Selling super funktionieren kann. Mit Formulierungen wie „Passen Deine Schuhe noch zur neuen Jeans? Diese Sneaker passen perfekt zur Levi´s 301“ können diesen Effekt verstärken.

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Babywalz.de zeigt dem Kunden, welche Artikel oft mit dem gewählten Produkt gekauft werden, da diese scheinbar zusammenpassen. Neben dem Diderot Effekt greift hier auch die soziale Bewährtheit, da andere Nutzer die Produkte auch gekauft haben.

Gibt es aufbauende Folgeprodukte zu Deinen Produkten? Werden dem Kunden diese Folgeprodukte angeboten?

4. Feedback

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Ich möchte wissen woran ich bin.

Das Behavior Pattern Feedback erzeugt Klarheit über die positiven oder negativen Auswirkungen einer Handlung. Ohne Rückmeldung in Form von Bestätigung oder Ablehnung entstehen Unsicherheiten, die vermieden werden müssen. Feedback kann direkt nach einer Handlung (z.B. in den Warenkorb legen) oder als Folge von mehreren Handlungen motivieren, weitere Schritte vorzunehmen.

Des Weiteren kann für den Nutzer relevant sein, einfach eine Rückmeldung zum aktuellen Prozess zu bekommen. So macht es Sinn, in Formularfeldern nicht nur auf Fehler hinzuweisen sondern auch positives Feedback explizit darzustellen. Meist lässt sich jedoch an vielen weiteren Stellen eine Rückmeldung geben.

Bei jeder Interaktion mit der Website sollte der Nutzer die Rückmeldung bekommen was gerade passiert, wie im folgenden Beispiel:

Feedback
Rentalcars.com vermittelt Feedback indem Dargestellt wird, bei welchen Anbietern nach Mietwagen gesucht wird. Der Prozess dauert einige Sekunden und als Nutzer hat man das Gefühl, dass hier wirklich das beste Angebot für mich von allen möglichen Anbietern gesucht wird (und nicht schnell irgendwas angezeigt wird).

Bekommen Deine Nutzer Feedback über Ihre Handlungen?
Motivierst Du Deine Nutzer durch ein positives Feedback und reduzierst Du dadurch Unsicherheiten auf der Seite?

5. Illusion of truth

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Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht!

Der Wahrheitseffekt besagt, dass bereits zuvor gehörte oder gelesene Aussagen ein größerer Wahrheitsgehalt zugesprochen wird als solchen, die erstmals gehört werden. Dies gilt auch, wenn man sich nicht bewusst an den Inhalt oder an die ursprüngliche Quelle der Information erinnern kann.

Der Illusion of truth Effekt oder Wahrheitseffekt grenzt sich vom Mere-Exposure Effekt (Je öfter man etwas sieht, desto positiver ist man dem Gegenüber eingestellt, da es vertrauter wirkt) ab, da es sich hier um Aussagen handelt, denen eher geglaubt wird, wenn sie vorher bereits schon öfter wahrgenommen wurden. Beide Effekte werden oft für Propaganda missbraucht und erklären warum diese funktionieren kann.

Zurück zur Online Welt. Hier bedeutet es, dass man wichtige Aussagen in verschiedenen Phasen einer Customer Journey wiederholen kann (auch in leicht abgeänderter Form), damit diese an Glaubwürdigkeit gewinnen. Das bedeutet, dass diese nicht nur auf der Website selbst, sondern auch in anderen Kanälen wie E-Mail oder Social Media oder durch Influencer wiederholt werden können.

Wiederholst Du wichtige Aussagen noch einmal, um mehr Glaubwürdigkeit zu erhalten?
Stimmen Deine Aussagen in unterschiedlichen Kanälen überein?

6.Neomanie

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Das ist jetzt ganz neu, das muss ich haben!

Neomanie beschreibt die ständige Suche nach Neuem, die in immer kürzeren Innovationszyklen resultiert. Viele Verbraucher möchten in immer kürzen Abständen etwas Neues, und vernachlässigen den Aspekt der Langlebigkeit von Produkten.

Neomanie beschreibt, weshalb viele Menschen immer das neuste iPhone haben wollen und zwar am besten zum Verkaufsstart. Als starken Kontrast zur Neomanie kann man den Nostalgia Effekt bezeichnen, welcher Produkten von früher einen höheren Wert zuschreibt (Kult-Status).

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Um die Neomanie zu bedienen kannst du einfach offensichtlich darstellen, welche deiner Produkte neu sind. DM.de hat hierfür sogar eine eigene Kategorie in der alle möglichen Produktneuheiten präsentiert werden.

Kommunizierst Du neue Produkte oder Features gezielt als solche?

7. Rhyme as a Reason Effekt

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Packst Du es in einen Reim dann prägt es sich besser ein.

Aussagen in Reimform lassen sich kognitiv leichter verarbeiten. Sie werden eher als zutreffend und wahr betrachtet, ihnen wird eher geglaubt.

Früher war es viel häufiger üblich, Firmenslogans zu nutzen die sich reimen. Dies hatte den Vorteil, dass sich diese Slogans durch den beschriebenen Effekt besser einprägten und als zutreffender erachtet wurde. Irgendwann war dies dann wahrscheinlich nicht mehr zeitgemäß. Nutzt man diesen Effekt zu häufig in der Kommunikation mit dem Kunden können die Aussagen schnell unseriös wahrgenommen werden.

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Lieferheld.de nutzt einen Stabreim als Slogan. “Lecker Liefern Lassen” ist deutlich einprägsamer als beispielsweise “Essen nach Hause bestellen”.

Hast Du die Möglichkeit, einzelne Aussagen oder Werbeaussagen in eine Reimform zu bringen?
Welche gereimten Texte oder Slogans anderer Anbieter/Wettbewerber fallen Dir spontan ein?

8. Sensation

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Sex sells.

Menschen haben den Drang, sich vor Gefahren zu schützen und sich am Leben zu erhalten. Dinge, die auf uns gefährlich, sexuell anregend oder appetitlich wirken, erhalten deshalb unsere Aufmerksamkeit.

Sex, Gefahr und Nahrung sprechen unsere Urinstinkte an und gelten bis zur heutigen Zeit als starke Reize, welche Aufmerksamkeit erregen und anregen. Mit diesem Wissen kann man gezielt die Aufmerksamkeit des Nutzers zu bestimmten Elementen auf der Website lenken.

Damit sollte man allerdings nicht übertreiben. Wer Sensation in einem A/B- Test verwendet muss sich bewusst sein, dass das Behavior Pattern Nutzer auch ablenken kann. Mehr dazu liest Du im Artikel Wie wirkt Deine Seite unterbewusst im Gehirn des Nutzers? 8 Neuromarketing-Tipps für mehr Conversions.

Welche Emotionen werden durch die Website geweckt und passen diese zu den Emotionen, welche die Zielgruppe empfindet?

Fazit

Wer bei der Conversion Optimierung über den Tellerrand hinaus schaut und Neues probiert, kann es schaffen durch innovative Ideen höhere Uplifts zu generieren. Basieren die Testideen auf untersuchten psychologischen Prinzipien wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Nutzer darauf reagieren und ein signifikanter Effekt messbar wird.

Über den Autor

Thomas B. Kraus

Product Owner Digital Persuasion

Thomas B. Kraus arbeitet als Senior Conversion Manager bei konversionsKRAFT. Neben der Durchführung von quantitativen und qualitativen Analysen beschäftigt er sich mit dem Einsatz von kognitiven Prinzipien in der Optimierung und dem strategischen Vorgehen bei Optimierungsprozessen. Die ihm wichtige, ganzheitliche Betrachtung des Online Marketings brachte Thomas als Team-Captain bei der Teilnahme der Google-Online-Marketing-Challenge im Jahr 2015 den Sieg ein. Bei Fragen könnt Ihr ihn gerne jederzeit auf XING kontaktieren.

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2 Kommentare

  1. Gravatar

    Alexander,

    Hallo Konversionskraft,

    sendet Ihr an die Besitzer des Behavior Patterns Kartendecks die neuen Karten zu? Sonst fühlt sich das Deck unvollständig an 🙂

    LG Alex

  2. Gravatar

    Thomas Kraus,

    Hallo Alex,

    lass dich überraschen 😉

    Viele Grüße,
    Thomas

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